Jemand hat einmal Gnade mit Wasser verglichen. «Gnade fliesst wie Wasser immer an die tiefsten Stellen und füllt diese aus.» Das ist ein starkes Bild. Gnade ist auch Gunst. Gnade ist die unverdiente Gunst Gottes. Sie kommt ohne meine Anstrengung aus. Gnade hat ebenfalls mit Rechtssprechung zu tun: Nur der wird begnadet, der vorher verurteilt war.

Gnade erhält man als Geschenk, und man kann Gnade nicht erarbeiten. Gnade wird erteilt und kann man nur annehmen, nicht verdienen. Selbstgerechte können deshalb Gnade nicht erkennen – es gibt in der Selbstgerechtigkeit ja keinen Bedarf. Der Selbstgerechte steht allein. Derjenige, der Gnade erteilt und derjenige, der Gnade annimmt, stehen jedoch in Beziehung zueinander.

Selbstgerechte können deshalb Gnade nicht erkennen – es gibt in der Selbstgerechtigkeit ja keinen Bedarf. Der Selbstgerechte steht allein.

Das griechische Wort für Gnade (gr. charis) hat derselbe Wortstamm wie das Wort für Freude (gr. chara) und das Wort für Danken (gr. eucharisteo) und Danksagung (gr. eucharistia). Mann kann auch sagen, dass Gnade etwas ist, das Freude verursacht und zum Danken führt.

Derselbe Wortstamm findet sich auch noch im Wort für Gnadengabe (gr. charisma), welches die Folge der Gnade bezeichnet. Wenn Paulus den Römern schreibt:

«Denn ich sehne mich danach, euch zu Gesicht zu bekommen, damit ich euch etwas geistliche Gnadengabe mitteile, um euch zu festigen»
Rö 1,11 (KNT)

dann möchte er weitergeben von dem, was er selbst erhalten hat. Geistliche Gnadengabe betrifft all das, was aus der Gnade hervorkommt. Das will geteilt werden. Darauf kann gebaut werden. Damit können wir einander ermutigen und festigen. Der Schreiber des Hebräerbriefes sagt:

«denn es ist trefflich, das Herz in der Gnade stetig zu machen»
Heb 13,9 (KNT)

Es ist eine Erfahrung des Vertrauens, die aus der frohen Botschaft heraus wächst. Gnade in biblischem Sinne steht nie losgelöst von Gottes Wirken. Fast alle seine Briefe fängt der Apostel mit der Grussformel an: «Gnade sei euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus» (Rö 1,1).

Gottes Gnade will uns, und in uns die tiefsten Stellen und verborgenste Orte erreichen, um diese ganz auszufüllen – damit Friede und Danksagung einkehren.