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Wer hinter dieser Website steckt, findet sich unter «Kontakt». Kernbeisser.ch ist eine persönliche Website, und weder einer Kirche noch einer Gruppierung oder einem Unternehmen verpflichtet.

Erfahrung ist lebendig

Diese Website bietet mir die Gelegenheit, Studien und Erfahrungen zu publizieren, die ich in den vergangenen Jahrzehnten gesammelt habe: Erfahrungen in Freikirchen, theologischen Ausbildungen, Landeskirchen, Hausgemeinden, in zahllosen Bibelgruppen, an Konferenzen, in Foren, und als Reflexion vieler Gespräche. Mit einigen Themen habe ich mich mehr auseinandergesetzt als mit anderen Themen. Das erkennt man an der Auswahl der Artikel auf dieser Seite.

Fast immer geht es hier um grundlegende Themen. Nicht selten sind es theologisch brisante Themen, wie sie seit 2000 Jahren kontrovers diskutiert werden. Und das ist gut so, kommen wir doch nur durch eigenes Überlegen zu wertvollen Einsichten.

In diesen letzten Jahrzehnten musste ich immer wieder mein biblisches Verständnis korrigieren. Manchmal waren es tief greifende persönliche Erfahrungen, die mich gezwungen haben, bisher Geglaubtes neu zu überdenken. Manchmal war es ein vertieftes Studium über Fragen, die mich brennend interessieren. Manchmal waren es auch Bemerkungen von anderen Reisenden auf dem Glaubensweg, die mich ermutigten, meinen Horizont zu erweitern. Vielfach jedoch ergab sich erst im Gespräch mit anderen die lebendige Auseinandersetzung, das Abwägen von Text und Auslegung, von Anwendung und Ausblick. Was dabei herauskam ist – so denke ich – eine bessere Differenzierung im Verständnis, und eine grössere Unabhängigkeit von Meinungen – inklusive meiner eigenen.

Die Ausrichtung

Gelegentlich werde ich gefragt, wofür ich denn einstehe. Einerseits verwundert mich das etwas, schreibe ich doch regelmässig und ausführlich über verschiedenste Themen. Ist man etwas bewandert in den verschiedenen Ansichten, dann ist es ein Leichtes, die Richtung zu erkennen. Andererseits muss ich auch einräumen, dass es hilfreich sein kann, ein paar Eckpunkte zu setzen. Dass aber eine Einordnung nicht so einfach ist, und dass es vielen anderen ebenso ergeht, habe ich hier oben exemplarisch an meinen eigenen Erfahrungskreisen aufgezeigt. Das Lebensverständnis und Gottesverständnis verläuft nicht linear noch ist es statisch und es ist schon gar nicht vollständig erfassbar – nicht für mich und nicht für jemand sonst.

Lebendiger Glaube ist eben dies: Lebendig. Deswegen funktioniert es nicht, jemand auf etwas zu fixieren, etwa auf eine bestimmte Theologie oder auf eine bestimmte Kirchenzugehörigkeit. Ich habe an allen Orten, wo ich war, lebendigen Glauben angetroffen und Menschen, die offen sind für Reflexion und für belebende Gemeinschaft. Menschen, die sich von Gott berufen und geliebt wissen. Sie leben aus, wozu sie in Christus Jesus berufen wurden. Grösseres kann nicht geschehen. Siehe auch die Artikel «Von Gott erkannt werden» und «Gleichschaltung in der Gemeinde».

Ich betrachte mich mittlerweile als «Post-Evangelikal» und als «Post-Denominational». Institutionen sind weit weniger wichtig als die tatsächliche Gemeinschaft und es gibt immer mehr Christen, die keiner Institution mehr angehören, noch angehören wollen. Es entstehen neue Gemeinschaftsformen und Gemeinden, die vielmehr den gelebten Glauben im Mittelpunkt haben. Ich denke, das lässt sich aus der Bibel besser begründen. Ausserdem steigen viele aus den bestehenden Strukturen aus, weil sie die Verkündigung als kraftlos, dogmatisch empfinden und keine Antworte auf brennende Fragen geboten werden. Post-Evangelikale prägen deshalb manchmal auch die Idee eines «Evangelikal, Version 2.0». Damit soll angedeutet werden, dass man sich reflektiert mit der Bibel, mit Gemeinschaft und mit den eigenen Glaubensvorstellungen auseinandersetzen will, während das in den Erfahrungen vieler bei bestehenden Gemeinschaften (Kirchen und Freikirchen gleichermassen) oft nicht gepflegt wird. Die Förderung einer Lernkultur als neues Anliegen sei hier speziell erwähnt.

Bibelverständnis

Die Bibel ist Gottes Wort, nämlich von Gottes Geist durchweht (gr. theopneustos, gottgehaucht, 2Tim 3,16-17). Sie beinhaltet auch Menschenwort (z.B. Apg 17,28) und menschliche Traditionen. Ausserdem enthält sie Dinge, die in bestimmten Zeiten Gültigkeit hatten, danach aber nicht mehr (z.B. 1Mo 9,3 in Kontrast zu den vorherigen Kapiteln).

Gottes Wort ist nach meinem Verständnis grundsätzlich wahr, aber der Kontext allein entscheidet über die Tragweite der Aussage. Generell sind wir angehalten, das «Wort der Wahrheit richtig zu schneiden» (2Tim 2,15). Paulus erklärt diese Aussage im Kontext so, dass eine biblische Wahrheit nicht einer falschen Zeit zugeordnet werden kann, wie es Hymenäus und Philetus taten, als sie behaupteten, «die Auferstehung sei schon geschehen» (2Tim 2,17-18).

Was in manchen Kreisen undifferenziert als «biblisch» oder «unbiblisch» definiert wird, verdient stets eine nähere Betrachtung. Denn nicht alles, was in der Bibel steht, trifft heute auf unsere Situation zu. Zwar kann ich aus der ganzen Bibel jederzeit persönlichen Gewinn entnehmen und ich kann daraus lernen über Gott und die Welt, aber nicht jeder Bibelvers spricht direkt von mir. Die Kurzfassung lautet: Alles ist für mich, aber nicht alles spricht von mir.

Alles ist für mich, aber nicht alles spricht von mir.

Am meisten habe ich von einer dispensationalistischen Bibelbetrachtung gelernt, dessen Kernaussage diese ist: Gott ist immer Derselbe, aber Er handelt nicht in allen Zeiten gleich. Die Bibel spricht von einer sich entwickelnden Geschichte und jede Aussage hat auf dieser Zeitachse und innerhalb der stattfindenden Offenbarung einen eigenen Platz. Dadurch lassen sich viele Widersprüche in der Bibel verständlich im jeweils eigenen Kontext erklären. Dispensationalismus gibt es in vielen Ausprägungen, die ich nicht immer befürworte. Auch wenn der Grundgedanke gut ist, so muss man trotzdem nicht allen Folgerungen blind stattgeben. Differenzierung und Prüfung sind auch hier gefragt – so wie bei jeder, wie auch immer gearteten Theologie und Lehre.

Biblische Lehre ist per definitionem begrenzt. Das eigene oder gemeinsame Bibelverständnis bleibt bruchstückhaft. Biblische Lehre ist sinnvoll, ebenso wie auch eine Landkarte sinnvoll ist, wenn sie bei einer Wanderung konsultiert wird. Die Landkarte ist jedoch nie das Land. Siehe den Artikel mit dem Titel «Landkarten».

Gemeindeverständnis

Auf der Suche nach Bibel-naher Exegese und Antworte auf persönliche Fragen habe ich viele Auslegungen miteinander verglichen. Soweit es um ein zusammenhängendes und konkretes Bibelverständnis ging, habe ich selten nur in einer Richtung schlüssige Antworte gefunden. Der eine erkennt dies, der andere das. Wer den Text am besten im Kontext erklärt, der hat meine volle Aufmerksamkeit.

Das Verständnis von Israel und der Gemeinde ist in vielen Theologien Dreh- und Angelpunkt des Selbstverständnisses. Es lohnt sich, die Annahmen und Folgerungen verschiedener Ansätze miteinander zu vergleichen. Die Selbstverständlichkeit, womit einige Traditionen das Alte Testament Israel zusprechen, und das Neue Testament komplett für die heutige Gemeinde reservieren, führt unweigerlich zu Konflikten mit dem biblischen Text. So ist es üblich, zu denken, dass in den Evangelien von der Gemeinde die Rede ist, obwohl man gleichzeitig auch annimmt, dass die Gemeinde aus allen Nationen eigentlich erst in der Apostelgeschichte entstand. Das ist gelebte Diskrepanz, die zwangsläufig verwirrt. Wenn es für Israel eine Erwartung gibt, wo ist dann davon im Neuen Testament die Rede? Und wenn es eine Berufung für die Nationen gibt, die ohne Israels Vermittlung stattfindet, wo genau lesen wir davon im Neuen Testament?

Obwohl in den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte immer wieder Proselyten in die Jerusalemer Gemeinde aufgenommen werden, änderte sich für die Nationen nicht viel, bis Paulus als 13. Apostel berufen wurde. Während sich die 12 Apostel ausschliesslich an Juden und Proselyten gewendet haben (soweit wir das Zeugnis in der Bibel nachlesen können), wird Paulus als Apostel der Nationen berufen (Röm 11,13). Die heutige Gemeinde aus allen Nationen wird von Paulus gegründet, während die Gemeinde in Jerusalem (mit den 12 Aposteln) die Vorhut für das erneuerte Israel ist (Jer 31,31). Beide Gemeinden sind von Gott berufen. Beide Gemeinden bauen auf das Zeugnis von Christus auf (siehe auch Gal 2,7-9). Beide Gemeinden haben eine eigene Aufgabe in der Zukunft. Die eine Aufgabe betrifft Israels Zukunft und die der Völker auf der Erde (eine priesterliche Nation, 1Pet 2,9), die andere betrifft die Gemeinde aus allen Nationen, mit einer Aufgabe inmitten der Überhimmlischen (Eph 2,6-7).

Dann gibt es noch Details, über die man sich austauschen kann. Einige weitere Gedanken lassen sich in diesem Artikel nachlesen: «Jesus und Paulus – sagen sie dasselbe aus?».

Gottesverständnis

Hier zitiere ich Paulus, der schrieb:

«Denn wenn es zwar auch sogenannte Götter gibt (sei es im Himmel oder auf Erden, ebenso wie da viele Götter und viele Herren sind), so ist jedoch für uns nur Einer Gott, der Vater, aus dem das All ist (und wir sind zu Ihm hingewandt), und nur Einer Herr, Jesus Christus, durch den das All geworden ist (und wir sind es durch Ihn). Aber nicht in allen ist diese Erkenntnis.»
1Kor 8,5-7

Eine Dreieinigkeit wird nirgendwo in der Bibel bezeugt und muss mit viel Ungewissheit hineininterpretiert werden. Die Spannung braucht es nicht, denn die Bibel lässt keinen Zweifel darüber bestehen, dass es nur einen Gott gibt, und dies ist der Vater. Siehe auch diesen Artikel mit dem Titel «Zu Gott hingewandt», über die Eingangsverse im Johannesbrief, sowie die Artikel «Gott sei Dank!» und «Warum Jesus?».

Auch hier gilt, dass erst der Text im Kontext seine Bedeutung entfalten kann. Dogmen sind interessant, weil sie das Verständnis zu einer bestimmten Zeit gut widerspiegeln. Dogmen sind jedoch nie mit der Schrift selbst zu verwechseln.

Das Ziel dieser Website

Es könnte hier über weitere Themen noch mehr gesagt werden. Ich lade aber jeden dazu ein, selbst die Schrift zu lesen und einfach den Austausch mit anderen zu pflegen. Glaubensbekenntnisse jeglicher Art haben versucht, die Eckpunkte immer neu zu definieren. Mit der Zeit wurden die Glaubensbekenntnisse umfangreicher und haben stets mehr Interpretation integriert. Der Versuch, lebendigen Glaube zu kodifizieren, ist ein menschliches Unterfangen. Paulus jedoch konnte die Grundlage des Evangeliums in wenigen Versen zusammenfassen (1Kor 15,1-4 und 1Kor 15,11).

Obwohl ich grossen Wert auf eine fundierte biblische Begründung meiner Ansichten lege, so ist das kein Endziel. Es ist nur Mittel zum Zweck. Lebendiger Glaube wird erst dadurch definiert, dass Christus durch den Glauben völlig in unseren Herzen wohnt. Paulus ergänzt, dass wir, so in Liebe gewurzelt und gegründet, gestärkt werden,

«um mit allen Heiligen zu erfassen, was die Breite und Länge und Tiefe und Höhe ist (um auch die alle Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus zu erkennen), damit ihr zur gesamten Vervollständigung Gottes vervollständigt werdet.»
Eph 3,14-19

Diese Website soll etwas von dem Reichtum vermitteln, wofür ich selbst oft jahrelang gerungen habe. In den Artikeln nehme ich die Themen und Fragen auf, denen ich immer wieder begegnet bin und bis heute in Bibelstunden und im Gespräch höre. Geändert hat sich mit den Jahren auch meine Haltung. Heute weiss ich, dass es nichts bringt, nicht über wichtige Themen zu reden. Das hat mit gesundem Wachstum zu tun, wie Paulus beschreibt:

«Wenn wir aber wahr sind, sollten wir in Liebe alles zum Wachsen bringen, hinein in Ihn, der das Haupt ist, Christus»
Eph 4,15-16