Beziehungen leben

Von der Freiheit und von befreitem Leben.


21. Januar 2015In Gemeinschaft, Leben und GlaubenBy Karsten Risseeuw4 Minutes

Beziehungen zu gestalten ist Lebenskunst und Lebensgunst. Wenn es um Beziehungen geht, wollen wir selbst entscheiden können. Entscheidungen «dafür» oder «dagegen», und vor allem eigene Entscheide. Niemand lebt unser Leben als nur wir selbst. Sich zu entscheiden, vor allem positive Entscheide zu machen, ist gut und gesund. In den Entscheidungen liegt Lebensfülle und daraus wächst Zuversicht. Wer Beziehungen lebt, erfüllt sein Menschsein.

Wahre Beziehungen sind immer auch Abbild von Gottesbeziehung, wie unvollkommen auch. Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber hat den Satz geprägt: «Die verlängerten Linien der Beziehungen schneiden sich im ewigen Du». Damit deutet er an, dass unsere oft ganz mangelhafte menschliche Beziehungen in letzter Konsequenz noch eine ganz andere Dimension berühren. Hat die Liebe selbst nicht eine gewisse Transzendenz inne?

Es gibt jedoch ein Spannungsfeld, was gleich genannt werden will. So sagt einer: «Nun ich in einer Beziehung lebe, habe ich Probleme , die ich nicht hatte, als ich noch alleine unterwegs war». Und als Christ kommt die Erfahrung hinzu:  «Nun ich in einer Beziehung mit Christus lebe, stehe ich vor Entscheidungen, von denen ich keine Ahnung hatte, als ich noch ohne Christus unterwegs war». Da kann es nämlich schon mal passieren, dass wir uns eingeklemmt fühlen zwischen Moralvorstellungen einerseits und Hormonen andererseits. Oder zwischen den Meinungen anderer und unser ureigenster Lebensdrang. Sollte nun mein Menschsein in Konflikt stehen mit meinem Christsein?

Ed Young schreibt, insbesondere zur Sexualität: Wir sind uns «nie ganz sicher, wie unser spontaner, unzensierter Sexualtrieb in das Gewebe christlicher Moralvorstellungen passt. Wir können nicht anders, als uns zu fragen, ob körperliche Leidenschaft nicht irgendwie der Liebe zu Christus in die Quere kommt» (Ed Young, «Reiner Sex», Seite 61). Wir können diese Aussage gerne auch über den Bereich der Sexualität hinaus ausdehnen.

Manch einer versucht dieses Spannungsfeld aus dem Weg zu gehen. Die Extreme heissen dabei Gesetzlosigkeit und Gesetzlichkeit. Der eine wirft vielleicht jede Norm über Bord, der andere ist superfromm getarnt. Beide sind aber nicht frei.

Freiheit und befreites Leben

Befreites Christsein darf auch – sollte auch! – befreites Menschsein beinhalten. Die Beziehung mit Christus kann und soll unser Leben befruchten. Diese Lebenshaltung ist weder gesetzlos noch gesetzlich, sondern in jeder Hinsicht lebensbejahend. Aber wie funktioniert das? Das Spannungsfeld zwischen inneren und äusseren Einflüssen wirft Fragen auf. Wenn wir bewusst darauf eingehen, «begegnen» wir diese Fragen und finden zu Entscheidungen. Bewusst entscheiden heisst, dass wir leben und unserem Leben eine Richtung geben.

Es gibt keine Freiheit ohne Entscheide oder Verbindlichkeit. Wirkliche Freiheit stammt aus der freiwilligen Bindung an einen Lebenspartner, ebenso wie eine innere Freiheit entsteht durch eine freiwillige Hingabe und Bindung an Gott durch Christus. Der Apostel Paulus bezeugt: «Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder. Nur gebraucht nicht die Freiheit als Anlass für das Fleisch, sondern dient einander durch die Liebe!»  (Gal 5,13). Zur Freiheit berufen ist nur das eine. Erst durch eine Hingabe und durch einen Dienst der Liebe wird sie aktiv gestaltet. Befreites Leben entsteht durch wahrhaft gelebte Begegnungen und Beziehungen (vgl. Gal 5,6).

Fragen zum Austausch

  • Von Martin Buber stammt das Zitat: «Der freie Mensch ist der ohne Willkür wollende» (aus: Ich und Du).
    Reflektiere «frei», «Mensch», «ohne Willkür» und «wollen».
  • Gal 5,6: «Denn in Christus Jesus vermag weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit etwas, sondern nur der Glaube, der durch die Liebe wirksam ist».
    Reflektiere: «Glaube, der durch die Liebe wirksam ist». (Wirksam, gr. energes, etym. «ein-wirkend»).
  • «Nicht nur Liebestat, sondern die Tat eines Liebenden, der in dieser seiner Tat sich selber gibt, das ist – Diakonie» (Richard Imberg).
    Wie zeigt sich das?