Höllenschilderungen gibt es viele. Sie werden gerne in die Bibel hineininterpretiert, um später wieder herausgelesen werden zu können. Während die Bibel tatsächlich vom Gericht spricht, und auch Feuer immer wieder mal (buchstäblich und bildlich) genannt wird, haben die Höllenschilderungen der Überlieferung kaum etwas mit dem biblischen Bericht zu tun. In diesem Beitrag geht es um den Feuersee im Buch Offenbarung, obwohl gerade dieser Feuersee nirgendwo als «Hölle» benannt wird.

Hölle & Co.

Bereits früher wurde einiges zum Thema Hölle zusammengetragen, und es wurde auf die Unstimmigkeiten einer willkürlichen Übersetzung hingewiesen. Es sind bekanntlich verschiedene Begriffe, die (sehr selektiv) stellenweise mit «Hölle» übersetzt wurden. So wurden Gedanken in die Bibel hineingeschmuggelt, die dort nie einen Platz hatten. Von den verschiedenen Begriffen wird manchmal nur das Wort «Gehenna» als die «richtige» Hölle bezeichnet, was hier als unhaltbar angesehen wird.

Es gibt demnach Wörter, die in bestimmten (aber nicht allen) Übersetzungen mit «Hölle» wiedergegeben werden. Der Feuersee, der im Buch Offenbarung genannt wird, gehört jedoch nicht dazu. Es gibt keine Verbindung zwischen den Aussagen in den Evangelien («Hölle») und dem Feuersee in der Offenbarung. Trotzdem gelten diese Texte in dem Buch Offenbarung bei vielen als «Höllenbeschreibung». Das ist eine traditionelle Verlinkung, wozu es keine Begründung aus der Bibel gibt. Wer demnach zusammenhängend die Idee einer «Hölle» aus der Bibel widerlegen will, muss sich auch diesen Bibelstellen widmen, um die traditionelle Auslegung im eigenen Kontext zu deuten.

Der See des Feuers

Der «See des Feuers» oder «Feuersee» (gr. λίμνην τοῦ πυρὸς, limenen tou puros) wird als Ausdruck nur im Buch Offenbarung und nur gegen Ende des Buches genannt. Es gibt nur wenige Bibelstellen: Offb 19,20; Offb 20,10-15; Offb 21,8. Insgesamt kommt der Ausdruck in diesen Kapiteln sechsmal vor. In Offenbarung 20,10 wird der Ausdruck etwas erweitert, indem von dem «Feuer- und Schwefelsee» (gr. λίμνην τοῦ πυρὸς καὶ θείου, siehe auch Offb 21,8) die Rede ist.

Schwefel wird im Buch Offenbarung immer wieder im Zusammenhang mit Gerichten erwähnt, so auch noch einmal im einstigen Gericht über Sodom und Gomorrha (Lk 17,29, vgl. 1Mo 19). Dass aber nun Schwefel immer wieder auch in Höllenschilderungen vorkommt, lässt sich nirgendwo in der Bibel nachlesen als nur hier im Buch Offenbarung. Und gerade hier in der Offenbarung wird eine «Hölle» mit keinem Wort erwähnt – in keiner Übersetzung. Keines der Wörter, die im Neuen Testament mit «Hölle» übersetzt werden, werden im Buch Offenbarung genutzt oder so übersetzt.

Daraus lassen sich folgende Unterschiede schon mal festhalten:

«Hölle» + Schwefel = nein
«Feuersee» + Schwefel = ja

Dieser Feuersee wird von den Befürwortern einer Hölle wie folgt mit einer Hölle in Verbindung gebracht (Zitat): «Alle, die ohne Christus sind; all diese werden ein furchtbares Ende erleben. Jeder, der nicht in dem Buch des Lebens geschrieben steht, wird „in den Feuersee geworfen“ (Offb 20,15).» Das ist keine seltene Beschreibung, sondern es gibt diese Sicht auf vielen Websites, in Büchern, man hört sie in Predigten und in Bibelstunden. Dass aber hier Dinge zusammengewürfelt werden, die im Text so nicht zusammenpassen, fällt nur wenigen auf.

Im Kontext dieser Bibelstellen geht es nirgendwo darüber, dass wir mit oder ohne Christus sind. Es geht nicht um Glauben «an Jesus» oder «an Gott», nicht darum «Jesus anzunehmen» und es geht auch nicht um das traditionelle Bild einer Hölle. Alle diese Annahmen werden dort hineinprojiziert. Es sind uneigentliche Verknüpfungen.

Der Feuersee ist nicht die traditionelle Hölle, aber er ist eine Projektionsfläche dafür. Es scheint – oberflächlich betrachtet – eben so perfekt zu passen! Es passt aber nur, wenn man zuvor bereits davon ausgeht, dass das traditionelle Bild einer Hölle aus der Bibel stammt und dies also nur in der Bibel gefunden werden muss. Mit gesunder Bibelbetrachtung hat diese Sicht gar nichts zu tun. Die Probleme mit dieser Interpretation fangen an, sobald man den Text etwas genauer anschaut.

Ist der Feuersee eine Bildsprache?

Es ist verlockend, den Feuersee einfach als «Bildsprache» abzutun. Das wäre jedoch ähnlich oberflächlich wie die Sicht, dass es sich hier um «die Hölle» handeln würde. Es reicht eben nicht für ein gutes Textverständnis, die eigenen Gedanken hineinzuprojizieren.

Tatsächlich ist das Buch Offenbarung reich an Bildsprache, aber jede Bildsprache – sofern es sich hier um eine solche handeln würde – beruht auf tatsächlichen Begebenheiten. Denn erst aus dem Vergleich mit einem realen Bezugspunkt lässt sich das Wesen einer Bildsprache erkennen. Daraus kann man jedoch nicht einfach folgern, dass «also» das traditionelle Bild einer Hölle hier hineingelesen werden darf.

Was es braucht, ist nichts anderes als was es bei jedem anderen Text der Bibel ebenso benötigt: Der Text will im Kontext gelesen und aus dem Grundtext und Kontext heraus verstanden werden. In diesem Artikel geht es primär darum, die Verbindung zwischen dem traditionellen Bild einer «Hölle» und diesem Begriff «See des Feuers» zu prüfen. Was genau passiert mit dem Feuersee? Wer kommt dort hinein, wann geschieht das, und wie ist das beschrieben? Das erste Anliegen ist also, einfach mal dem Text zu folgen und zu erfahren, was dort geschrieben steht, ob es Zusammenhänge, Unterschiede, oder auffallende Aussagen im Text gibt.

Das «böse Trio» landet im Feuersee

Das erste Mal, wenn vom Feuersee die Rede ist, steht in Offenbarung 19. Wir sind dort mitten im Tag des Herrn («des Herrn Tag», Offb 1,10), der den Umbruch und Übergang in das messianische Reich kennzeichnet. Die Kapitel 4–19 beschreiben diesen gewaltigen Umbruch mit Gerichten und grosser Drangsal. In Kapitel 19, wo das erste Mal vom Feuersee die Rede ist, sind wir am Schluss dieser Gerichtszeit, und das (eher friedliche) messianische Reich wird aufgerichtet. Es werden hier nach Abschluss der Gerichte sozusagen noch ein paar «Einstellungen» für die nächste Zeit gemacht. Da lesen wir:

«Dann gewahrte ich das wilde Tier und die Könige der Erde mit ihren Heeren versammelt, um mit dem zu streiten, der auf dem Pferd sitzt (Offb 19,10), und mit Seinem Heer. Da wurde das wilde Tier gefangengenommen und mit ihm der falsche Prophet, der vor seinen Augen die Zeichen tat, wodurch er die irreführte, die das Merkmal des wilden Tieres angenommen und sein Bild angebetet hatten. Lebendig wurden die beiden in den See des Feuers geworfen, der mit Schwefel brennt.»
Offb 19,19-20

Das wilde Tier und der falsche Prophet sind zwei bildhafte Beschreibungen endzeitlicher Gestalten, die die Welt verführt haben. Sie beide werden in den See des Feuers geworfen. Bedeutsam: Hier wird ausdrücklich gesagt, dass sie «lebendig» in diesen See hineingeworfen werden. Dies ist am Ende der Gerichtszeit. Zur gleichen Zeit steigt ein Bote (Engel) aus dem Himmel herab.

«Er bemächtigte sich des Drachen, der uralten Schlange (die der Widerwirker und der Satan ist) und band ihn für tausend Jahre. Er warf ihn in den Abgrund, schloss, zu und versiegelte, über ihm (damit er die Nationen nicht mehr irreführe), bis die tausend Jahre vollendet seien. Danach muss er für eine kurze Zeit losgelassen werden» (Offb 20,1-3).

Das ist eine spannende Geschichte, worin also 1000 Jahre Ruhe vom Satan versprochen wird. Einige Verse weiter erfahren wir dann, wie es weitergeht: «Wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird Satan aus seinem Gefängnis losgelassen werden. Dann wird er ausziehen, um alle Nationen an den vier Ecken der Erde irrezuführen, den Gog und Magog, um sie (deren Zahl wie der Sand des Meeres ist) zur Schlacht zu sammeln. Dann zogen sie auf die breite Hochebene des Landes hinauf und umzingelten das Lager der Heiligen und die geliebte Stadt» (Offb 20,7-9). Die Idee eines Tausendjährigen Reiches stammt aus diesen Versen, obwohl nirgendwo steht, dass das Reich 1000 Jahre dauert. Zwei andere Dinge jedoch dauern 1000 Jahre, und eines davon ist, dass der Satan während einer solchen Zeitspanne gebunden ist. Wir kommen zur zweiten Erwähnung des Feuersees:

«Da fiel Feuer von Gott aus dem Himmel herab und verzehrte sie. Doch der Widerwirker, der sie irreführte, wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen, wo auch das wilde Tier und der falsche Prophet sind. Dort werden sie tags und nachts für die Äonen der Äonen gequält werden.»
Offb 20,9-10

Jetzt sind sie also zu dritt: Der Satan wird zum wilden Tier und dem falschen Propheten in den Feuersee geworfen. Von diesen wurde zuerst gesagt, dass dies lebendig geschah, und diese werden nun «für die Äonen der Äonen gequält». Es ist wichtig, diesen Zusammenhang zwischen lebendig und gequält zu erkennen und diese Kombinationen im Kontext richtig zuzuordnen. Etwas weiter unten werden wir darauf noch einmal Bezug nehmen.

Menschen landen im Feuersee

Wir sind jetzt am Schluss des messianischen Reiches. Erneut gab es einen riesigen Aufstand, und diesem wurde wieder mit einem Gericht begegnet, wie wir das gerade zuvor gelesen haben. Es gibt also ein Gericht vor dem messianischen Reich, und eins am Schluss. Beide Gerichte geschehen auf der Erde und beide Male wird von den eigentlichen Ursachen (wildes Tier, falscher Prophet, Widerwirker oder Satan) gesagt, dass diese in den Feuersee geworfen werden.

Beachten wir die Reihenfolge sorgfältig: Zu diesem Zeitpunkt sind noch keine Menschen im Feuersee. Das kommt erst jetzt. Es bricht eine neue Zeit an:

«Dann gewahrte ich einen grossen weissen Thron und den, der darauf sass, vor dessen Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es fand sich keine Stätte mehr für sie. Und ich gewahrte die Toten, die Grossen und die Kleinen, angesichts des Thrones stehen, und Rollen wurden aufgetan. Dann wurde eine andere Rolle aufgetan, das war die Rolle des Lebens; und die Toten wurden nach dem gerichtet, was in den Rollen geschrieben war, nach ihren Werken.
Das Meer gab die Toten her, die darin waren, und der Tod und das Ungewahrte (gr. hades) gaben die Toten her, die darin waren; und sie wurden verurteilt, ein jeder nach seinen Werken. Der Tod und das Ungewahrte gaben die Toten her, die darin waren; und sie wurden verurteilt, ein jeder nach seinen Werken. Der Tod und das Ungewahrte wurden in den See des Feuers geworfen. Dies ist der zweite Tod: der See des Feuers. Und wenn jemand nicht gefunden wurde – in der Rolle des Lebens geschrieben – der wurde in den See des Feuers geworfen.»
Offb 20,11-15

Die bisherigen Gerichte fanden auf der Erde statt. Hier jedoch heisst es, dass Erde und Himmel geflohen sind vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt. Es ist etwas unklar, wo das Gericht stattfindet. Zumindest drückt der Schreiber hier aus, dass das Bisherige der Vergangenheit angehört – inklusive Himmel und Erde, vermutlich als Bild, für das, was damit ebenfalls zusammenhängt.

Etwas später entstehen ein neuer Himmel und eine neue Erde (Offb 21,1). Auch Petrus berichtet von diesem Wechsel von Himmel und Erde (2Pet 3,10-13). Erneut ist hier also eine Zeit des Umbruchs und erneut wird sie durch Gericht gekennzeichnet. Dass die Toten «stehen», bedeutet, dass sie zum Gericht «auferstanden» sind. Dies ist das eigentliche Endgericht, das letzte Gericht, die Befreiung von allem, was ungerecht war. Hier wird geradegerückt, was immer noch schräg war. Es geht schon lange nicht mehr um Gottes Gerechtigkeit, denn dieser wurde am Kreuz Genüge getan. Hier geht es um die Beurteilung von den Werken der Menschen (Offb 20,12), also von dem, was man im Leben getan hat.

Ich dachte immer, Gott richtet nach unserem Glauben?

Es ist bemerkenswert, dass bei keinem Gericht nach «Glauben» gerichtet wird. Gerne wird das so dargestellt, dass es Dein oder mein Glauben ist, wonach Gott richten wird, aber das ist nicht der Fall. Es findet eine Beurteilung aller Taten statt. Eine Verbindung zum «Glauben» wird hier (wie auch bei anderen Gerichten) mit keinem Wort erwähnt. Wir sollten es also auch nicht hineinlesen.

Gott richtet unsere Taten

Menschen werden nach ihren Werken verurteilt. Im schlimmsten Fall ist das Resultat, dass sie in den See des Feuers geworfen werden und dort zum zweiten Mal sterben. Sie sind dann erneut tot. Das Feuer ist Ursache für den zweiten Tod.

Der Feuersee beschreibt keine traditionelle Hölle

Es geht hier nicht um eine Hölle, worin Menschen am Leben erhalten und pausenlos gequält werden.

Der zweite Tod

Der Tod wird hier personifiziert. Zuerst stehen alle Toten auf und erscheinen vor dem grossen weissen Thron. Dann ist der «Tod» also «leer», wie auch das Ungewahrte. Diese beiden werden nun in den Feuersee geworfen. Danach folgt die Beschreibung:

«Dies ist der zweite Tod: Der See des Feuers.»
Offb 20,14

Der Tod wird personifiziert in den See des Feuers geworfen, was heisst: Dem See des Feuers zugeordnet. Es gibt keinen Weg mehr zurück. Der See des Feuers wird zum zweiten Tod. Das ist eine Definition.

Wird einer der Toten in den See des Feuers geworfen wird, dann ist dieses Feuer Anlass für seinen zweiten Tod. Er stirbt erneut. Deshalb ist dies der zweite Tod. «Dies ist der zweite Tod: der See des Feuers. Und wenn jemand nicht gefunden wurde – in der Rolle des Lebens geschrieben – der wurde in den See des Feuers geworfen.» (Offb 20,14-15).

Es wird gerne versucht, den zweiten Tod zu etwas völlig Neuem zu machen, eben zu einer Hölle, worin man lebt. Das Buch Offenbarung beschreibt den Feuersee jedoch als Anlass zu einem erneuten Sterben. Hier gibt es jedoch einen besonderen Unterschied:

  • Während das wilde Tier, der falsche Prophet und der Widerwirker «lebendig» im Feuersee sind,
  • ist dasselbe Feuer der Grund, dass Menschen «sterben», wenn sie dort hineingeraten.

Menschen leben nicht mehr, wenn sie in den Feuersee geworfen werden. Sie sterben dort erneut, weshalb es den zweiten Tod darstellt. Es ist essenziell zum Textverständnis, dass wir diese Differenzen beachten und nichts hineininterpretieren, was nicht da steht.

Denken wir einmal über diesen Tod nach. Der Ausdruck «zweiter Tod» bedingt, dass es einen ersten Tod gegeben hat. Das verbindende Element ist «Tod», nämlich diesen Status des Nichtlebens. Leben und Tod schliessen einander aus. Wer aber einmal gestorben ist, dann vor dem grossen weissen Thron erscheint und anschliessend in den Feuersee geworfen wird, der stirbt erneut. Er ist erneut «tot». Es ist nicht etwas anderes, sondern genau dasselbe. Gerade das wird durch den Ausdruck «zweiter Tod» beschrieben.

Während die drei Unheiligen gequält werden, wird das von den Menschen nicht gesagt. Die Menschen sterben und sind dann «tot», nämlich ohne Empfindung – genauso wie beim ersten Tod. Genau das ist es nämlich, was das Wort «Tod» aussagt.

Hiob verstand den Tod als ein «Nichtsein» (Hiob 7,6-10; Hiob 7,21). Es ist aus mit dem Dasein (Hiob 14,1-2), und nicht einfach eine andere Art des Daseins (Ps 39,14; Jer 31,15; Mt 2,16-18). Selbstverständlich ist der Blickwinkel hier stets von uns aus, als Lebendige, gedacht. Das ist richtig, weil das die einzige Sicht ist, die wir haben können. Die Bibel wurde für Lebendige geschrieben, nicht für Tote. Tod ist der Gegensatz von all dem, was wir wahrnehmen können. Die Bibelschreiber sind da sehr nüchtern. Tod ist tot. Es gibt keine Erwartung für einen Toten (Hiob 14,7-10).

«… So legt der Mensch sich hin und steht nicht wieder auf. Bis der Himmel nicht mehr ist, erwacht er nicht und wird nicht aufgeweckt aus seinem Schlaf. Dass du mich doch im Scheol verstecktest, mich verbergen würdest, bis dein Zorn sich abwendete, mir ein Ziel setztest und dann meiner gedächtest! Wenn ein Mann stirbt, wird er etwa wieder leben?

In der Bibel wird der Tod mit einem Schlaf verglichen, wie auch in diesem Abschnitt (vgl. Joh 11,13). Der Mensch, der gestorben ist, landet (bildlich gesprochen) im Scheol. Dies ist das hebräische Wort, welches im Neuen Testament mit Ungewahrtem (gr. hades) wiedergegeben wird. Der Scheol oder Hades ist sozusagen der Parkplatz für die Toten, es ist das «Versammlungshaus aller Lebenden» (Hiob 30,23). Vor dem Grossen Weissen Thron werden jedoch auch die allerletzten auferstehen und nach ihren Werken beurteilt werden (Pred 12,14). Dann werden der Tod und das Ungewahrte in den See des Feuers geworfen, wodurch dieses zum neuen, zum zweiten Tod wird – für die Menschen, die dort hineingeworfen werden.

Wie können wir uns das vorstellen?

Was lesen wir im Text über diese Dinge? Die Menschen sterben erneut, wenn sie in den Feuersee geworfen werden. Sie haben erneut kein Bewusstsein (Ps 6,6; Ps 88,5-6; Ps 115,17; Pred 9,5; Pred 9,10 u.a.). Sie sind zum zweiten Mal «entschlafen». Dies ist das Resultat vom Gericht vor dem Grossen Weissen Thron.

Der Tod ist immer noch vorhanden – im oder durch den Feuersee. Darüber könnte noch viel gesagt werden, und dies ist weiterhin nicht das Ende. Denn einst wird der Tod als letzter Feind abgetan (1Kor 15,26). Das ist ein Ausblick, der weiter zeigt als der Bericht im Buch Offenbarung. Wenn der Tod einst abgetan wird, kommt dafür Leben und Unvergänglichkeit ans Licht (2Tim 1,10) und dann werden auch die übrigen Toten «lebendig gemacht» (1Kor 15,22-28).

Feuersee als Hölle?

Dass nun der Feuersee oder «See des Feuers» als Ort der Qual für Menschen gesehen werden kann, wo sie wegen ihres Unglaubens auf ewig gepeinigt werden, erscheint nun sehr abstrus.

Man sollte einmal versuchen, sich vorzustellen, was das heissen würde, wäre der Feuersee die Hölle der Überlieferung. Gott müsste die Menschen – damit sie etwas empfinden können – auf ewig am Leben erhalten (was sie eben gerade nicht sind), und unverwüstlich machen (was nicht passiert), damit sie auf ewig gequält werden können (was nirgendwo geschrieben steht).

Soll das jetzt das Bild eines Gottes der Liebe sein?

Manche beharren auf dieser Sicht, weil sie meinen, dass «Gottes Gerechtigkeit dies bedingt». Was für ein Irrsinn! Gottes Gerechtigkeit kann nie und nimmer von uns erfüllt werden. Das ist gerade der Kern des Evangeliums: Wir können es nicht, aber Er kann es! In den letzten Worten von Jesus «Es ist vollbracht» (Joh 19,30) ist die frohe Botschaft eingeschlossen. Stattdessen wird die Hölle erfunden und das Evangelium wird zu einer Drohbotschaft umfunktioniert. Das ist stockdunkel, aussergewöhnlich schräg, und ausgesprochen weit weg von der biblischen Botschaft.

Das Evangelium wird zu einer Drohbotschaft umfunktioniert. Das ist stockdunkel, aussergewöhnlich schräg, und ausgesprochen weit weg von der biblischen Botschaft.

Der Feuersee erscheint sehr real, wie immer das dann einmal auch aussehen wird. Es ist der Grund für einen zweiten Tod. Im Tod ist keine Erwartung. Erwartung kann nur durch Auferstehung und Lebendigmachung wieder stattfinden. Jeder, der stirbt, ist zu 100% von Gottes Gnade abhängig. Es gibt keine andere Grundlage, weder jetzt noch zukünftig, weder für Glaubende noch für jetzt-noch-nicht-Glaubende. Es ist der Mensch, der von Gott abhängig ist und bleibt.

Es gibt demnach Gericht. Eine Hölle gibt es jedoch nicht.

Wir finden in der Bibel tatsächlich Hades, Gehenna, und auch einen Feuersee. Sie werden alle genannt. Die Gedanken aber, welche die Bibel daran verknüpft, sind anderer Art, als es die Lehre von Himmel und Hölle darstellt. Diese Lehre von Himmel und Hölle ist ein dunkles Erbe der Christenheit. Es ist Zeit, dass man sich von diesen Vorstellungen und einem verzerrten Gottesbild verabschiedet und sie durch mehr bibelnahe Betrachtungen ersetzt – denn die Bibel spricht nicht wie die Lehre.

Es ist Zeit, dass Menschen von der Gnade Gottes in Christus Jesus hören, ohne versteckte Bekehrungsabsichten, ohne Verfalldatum der Liebe Gottes, ohne Angst und ohne dunklen Schatten.