Die Allaussöhnung oder «Aussöhnung des Alls» ist kein frommes Wunschdenken, sondern eine direkte Aussage der Schrift.

Die Aussöhnung des Alls

Paulus spricht von der Aussöhnung des Alls in seinem Brief an die Gemeinde in Kolosse. Die Aussage ist Teil eines längeren Abschnitts:

«[Der Sohn Seiner Liebe Kol 1,13]…
Er ist das Abbild des unsichtbaren Gottes,
der Erstgeborene vor einer jeden Schöpfung.

Denn in Ihm ist das All erschaffen:
das in den Himmeln und das auf der Erde,
das Sichtbare und das Unsichtbare,
seien es Throne oder Herrschaften,
Fürstlichkeiten oder Obrigkeiten.

Das All ist durch Ihn und zu Ihm hin erschaffen,
und Er ist vor allem,
und das All besteht zusammen in Ihm.

Und Er ist das Haupt der Körperschaft, der herausgerufenen Gemeinde,
deren Anfang Er ist als Erstgeborener aus den Toten,
so dass Er in allem der Erste werde,
da die gesamte Vervollständigung ihr Wohlgefallen daran hat,
in Ihm zu wohnen
und durch Ihn das All mit sich auszusöhnen
(indem Er durch das Blut Seines Kreuzes Frieden macht),
durch Ihn, sei es das auf der Erde oder das in den Himmeln.»

Kol 1,15-20

Der Sohn Seiner Liebe

In diesem Abschnitt wird Christus Jesus als «der Sohn Seiner Liebe» genannt. Er ist der Mittler zwischen Gott und dieser Schöpfung. Das gilt sowohl hinsichtlich der Erschaffung, als auch in Bezug auf die Fortdauer und das Ziel dieser Welt. Gott wirkt durch Ihn:

  1. das All ist in Ihm erschaffen
  2. das All ist durch Ihn erschaffen
  3. das All ist zu Ihm hin erschaffen
  4. das All besteht in Ihm
  5. durch Ihn [wird Gott] das All mit sich aussöhnen.

Der Zusammenhang ist eindeutig – Christus steht zentral und es wird an jeder Stelle der Aussage alles gemeint. Dies ist die Stelle, an dem klipp und klar gelehrt wird, dass es eine Aussöhnung des Alls gibt. Jede Kritik auf den Wortlaut muss an dieser Stelle ansetzen. Jede Hoffnung und jede ernste Frage über Gottes Ziel findet hier jedoch die Bestätigung, dass Gott tatsächlich durch Christus zum Ziel kommt.

Gegner der Allaussöhnung werden erfahrungsgemäss versuchen, den 5. Punkt dieser Reihe umzudeuten. Alle Versuche dazu haben ein primäres Ziel: So schnell wie möglich diesen Kontext zu verlassen, denn im Kontext selbst spricht alles für «Alles». Wenn Gott das All durch Ihn mit sich aussöhnt, dann ist es dasselbe All, was erschaffen wurde. Der Zusammenhang und der Wortlaut lassen keinen Raum für Teilmengen wie «nur die Gläubigen». Welche Argumente werden häufig dazu verwendet, diese Aussage auf «nur die Gläubigen» umzudeuten?

Umdeutung 1: Es geht hier nur um ein Angebot

Aussage der Allaussöhnungs-Gegner: «Das Kreuz und dessen Auswirkung sind nur de jure und nicht de facto

Nach dieser Interpretation soll es hier nur um ein Angebot Gottes gehen, nicht um eine tatsächliche Aussöhnung. Gott hätte also nur die Möglichkeit dazu erschaffen, sozusagen eine Art Halbfabrikat. Die eigentliche Rettung geschieht erst, wenn der Mensch antwortet.

Es wird gerne auf 2Kor 5,18-21 verwiesen, wo steht, dass Gott in Christus die Welt mit sich selbst versöhnte. Dies bleibt vom Menschen aber vorerst noch unbeantwortet. Der Mensch kann also nicht in der Versöhnung stehen, weil er die Versöhnung bis jetzt nicht bejaht hat. Das soll gleichbedeutend sein mit der Annahme, dass es dann keine Aussicht auf Rettung hat. Die Annahmen führen also zu weiteren wilde Folgerungen.

Antwort: Zu dieser Interpretation kann verschiedenes gesagt werden: 1. Der Text soll im zuerst im eigenen Kontext gelesen und dort verstanden werden. Dort geht es nicht um ein Angebot, oder darum, dass der Mensch etwas tun muss. Im Kontext geht es um Gott, der handelt, und zwar durch Seinen Sohn. Das will ernst genommen werden. 2. Der Text im Korintherbrief steht nicht gegen den Hintergrund einer alles umfassenden Aussage über das Wirken von Christus. Es werden also Äpfel mit Birnen verglichen, obwohl der Wortlaut derselbe scheint. Dazu mehr unter dem zweiten Punkt.

Umdeutung 2: Mann muss sich aussöhnen lassen

Aussage der Allaussöhnungs-Gegner: «Gott wird nur die aussöhnen, die sich aussöhnen lassen.»

Mit einem Verweis auf Kol 1,21-22 wird gesagt, dass diese gegenseitige Aussöhnung nur von Gläubigen redet. Denn Paulus schreibt: «Auch euch, die ihr in Denkart und bösen Werken einst Fremde und Feinde gewesen seid, hat Er nun im Körper Seines Fleisches durch Seinen Tod ausgesöhnt…». Der Apostel verweist also unmittelbar auf die Versöhnung hin, aber spricht nur von solchen, die im Glauben stehen. Nur wer sich aussöhnen lässt, wird auch ausgesöhnt werden können.

Antwort: Tatsächlich liegt der Schlüssel zum vertieften Verständnis in diesen nachfolgenden Versen. Die primäre Aussage bleibt jedoch die Erste: Gott wird alles mit sich aussöhnen, Friede machend durch das Blut des Kreuzes. Hier steht Gottes Handeln zentral. Der Vergleich mit den Gläubigen in den nachfolgenden Versen bestätigt dies, denn auch in Gottes Handeln mit uns ist es nicht anders: «Auch euch… hat Er nun … ausgesöhnt». Paulus stellt hier klar, dass Gott auch in unserem Leben der Handelnde war. Nicht also haben wir das Glaubenswerk geleistet, welches die Versöhnung möglich macht, sondern Gott hat uns ausgesöhnt. Das ist, was wir glauben (vgl. auch 1Kor 1,30-31 Eph 2,8-10).

Umdeutung 3: Einseitige Versöhnung?

Aussage der Allaussöhnungs-Gegner: «Es geht hier um dasselbe einseitige Versöhnen wie in 2Kor 5,18-21». Die einseitige Versöhnung von Gott mit der Welt bedingt eine Antwort. Dies ist aber laut 2Kor 5,18-21 nicht automatisch gegeben.

Antwort: Es werden erneut Äpfel mit Birnen verglichen. Zwar sprechen beide Textabschnitte von einer Versöhnung, jedoch tun sie dies mit verschiedenen Kontexten und sogar mit verschiedenen Wörter, dem Grundtext nach. Im zweiten Korintherbrief benutzt Paulus das griechische katalasso (etymologisch: herab-ändern). Gott war in Christus, die Welt mit sich selbst versöhnend und rechnete ihr die Kränkungen nicht an.

Von oben herab, von Gott herab, ist die Ausgangslage vollständig geändert worden. Das ist von Gott aus zu 100% gegeben. Eine gegenseitige Versöhnung ist hier aber nicht gegeben, weshalb Paulus sich als Gesandte für Christus sieht und sagt: «Lasst euch mit Gott versöhnen! Denn den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit in Ihm würden» (2Kor 5,20-21). Das ist nicht die Forderung, womit das Evangelium an die Welt gerät, sondern es ist das, was das Evangelium in Paulus und den Seinen bewirkt, und was hier der Gemeinde in Korinth weitergegeben wird. Nicht der Mensch steht zentral, sondern Christus und Gottes Handeln in Ihm stehen zentral. Das ist frohe Botschaft.

Im Kolosserbrief steht ein anderer Aspekt im Vordergrund. Es ist die universale Bedeutung von Jesus Christus, als der Sohn von Gottes Liebe. So wie alles in Ihm und durch Ihn erschaffen wurde und getragen wird, und Er in allem der Erste wird, so wird durch Ihn auch das All mit ihm ausgesöhnt werden. Hier wird ein stärkerer Begriff als vorhin genutzt. Das griechische apokatalasso (etymologisch: von-herab-ändern) ist die verstärkte Form vom vorher genannten katalasso. Es kommt nur dreimal vor (Eph 2,16; Kol 1,20; Kol 1,22).

Die Welt wird ausgesöhnt, nämlich alles, was entzweit war. Aussöhnung in Kol 1,20 ist nicht einseitig, sondern gegenseitig – wie in den beiden anderen Stellen auch. Die Glaubenden dürfen gegenseitig mit Gott ausgesöhnt sein. Das ist, was für das All vorgesehen ist. Friede machend durch das Blut des Kreuzes, heisst es, wird Gott das All mit sich aussöhnen.

Wo nun Friede ist, ist keine Feindschaft mehr – es ist ausgesöhnt. Dass die Rede ist von «Friede machend durch das Blut des Kreuzes» verweist auf den Prozess, der erst dann stattfindet. Friede machen, Blut des Kreuzes und Aussöhnung von allen Dinge gehen Hand in Hand.

Die Allaussöhnung ist die Antwort Gottes auf die Not der Welt, auf Basis des Kreuzes Christi. Er ist der grosse Allaussöhner und andere gibt es nicht.