«Die Liebe sei ungeheuchelt! Seid solche, die das Böse verabscheuen und am Guten haften! In der geschwisterlichen Freundschaft seid einander herzlich zugetan, in der Ehrerbietung einander höher achtend, im Fleiss nicht zögern, im Geist inbrünstig, dem Herrn als Sklaven dienend, in der Erwartung freudevoll, in der Drangsal ausharrend, im Gebet anhaltend, zu den Bedürfnissen der Heiligen besteuernd, der Gastfreundschaft nachjagend!»
Röm 12,9-132

Lebenswandel

So wie Paulus in Römer 12 auf den Lebenswandel zu sprechen kommt, ging es ihm zuerst um den einzelnen Menschen (Röm 12,1-2), danach um die Gemeinschaft untereinander (Röm 12,3-8). Wie aber soll das funktionieren und wie soll das umgesetzt werden? Darauf kommt Paulus jetzt zu sprechen:

«Die Liebe sei ungeheuchelt!»
Röm 12,9

Am besten ist diese Aussage als Überschrift über den aktuellen Abschnitt zu lesen. Paulus fängt gleich mit dem Wichtigsten an. Die Gemeinschaft soll zuerst durch eine ungeheuchelte Liebe getragen werden. An anderer Stelle schreibt Paulus, dass Glaube durch Liebe wirksam wird (Gal 5,6). Auch hier im Römerbrief geht es Paulus um die Wirksamkeit. Durch Liebe soll konkret werden, was Bedeutung hat. Liebe ist wesentliches Merkmal von gelebten Glauben. Liebe ist die Umsetzung des Evangeliums. Sie soll real und spürbar sein.

Ungeheuchelt

Die Liebe soll ungeheuchelt sein. Heuchelei (gr. hypokrisis) in religiösen Kreisen ist keine Ausnahme. Jesus hat bereits darauf hingewiesen, als er bei den religiösen Gruppen seiner Zeit Missstände sah:

«Ich aber sage euch … Folglich, wenn du Almosen gibst, lass nicht vor dir her posaunen, so wie die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen es tun, damit sie von den Menschen verherrlicht werden.»
Mt 6,2. Siehe auch Mt 6,5 und Mt 6,16.

Die Heuchler tun zwar etwas, aber nicht mit rechter Absicht. Sie tun es, damit sie selbst verherrlicht werden. Nicht der Nottragende steht im Mittelpunkt, sondern sie selbst. Das nennt man Heuchelei. Merkmale: sucht Ehre von anderen Menschen, versteckt sich in letzter Konsequenz vor der wirklichen Begegnung, setzt die Betrachter auf eine falsche Fährte. Es gibt ein Widerspruch zwischen innerer Haltung und der äusserlichen Lebensweise. Jesus spricht die Heuchler auch direkt an:

«Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gleicht getünchten Grüften, die zwar von aussen schön verziert erscheinen, inwendig aber sind sie angefüllt mit Totengebeinen und aller Unreinheit. So erscheint auch ihr den Menschen von aussen zwar gerecht, inwendig aber seid ihr gedunsen vor Heuchelei und Gesetzlosigkeit.»
Mt 23,27-28

Heuchelei gehört zum Menschen. Paulus schreibt an Timotheus über die künftigen Zeiten:

«Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in den nachmaligen Fristen etliche vom Glauben abfallen werden, weil sie auf irreführende Geister und Lehren der Dämonen achtgeben. Solche haben durch Heuchelei in Lügenworten das eigene Gewissen wie mit einem Brenneisen verschorft; Sie verbieten zu heiraten und gebieten, Speisen zu entsagen, die Gott erschaffen hat, um von den Gläubigen mit Dank eingenommen zu werden …»
1Tim 4,1-3

Wer heuchelt, der betreibt Unfug mit seinem eigenen Gewissen. Sie würden das eigene Gewissen «wie mit einem Brenneisen verschorfen», schreibt der Apostel. Heuchelei macht unempfindlich. Oder mit anderen Worten: Das Mitgefühl und die Empathie leiden. Deswegen steht als Erstes in unserem heutigen Abschnitt «Die Liebe sei ungeheuchelt!». Nur so bleiben wir ganz Mensch. Nur so hindern wir unseren Glauben nicht daran, aktiv und wirksam zu werden.

Wirksamkeit

Wirksam wird Liebe durch klare Aktionen:

  • «Seid solche, die das Böse verabscheuen und
  • am Guten haften!
  • In der geschwisterlichen Freundschaft seid einander herzlich zugetan
  • in der Ehrerbietung einander höher achtend
  • im Fleiss nicht zögernd
  • im Geist inbrünstig dem Herrn als Sklaven dienend
  • in der Erwartung freudevoll
  • in der Drangsal ausharrend
  • im Gebet anhaltend
  • zu den Bedürfnissen der Heiligen beisteuernd
  • der Gastfreundschaft nachjagend.»

Römer 12,9-13

Alle diese Dinge lassen sich nur durch tägliche Entscheide umsetzen. Gnade will keinem stillstehenden, sondern einem fliessenden Gewässer gleichen. Lebendiger Glauben ist nicht nach innen gekehrt, sondern nach aussen gerichtet. Wer frei gemacht ist, wer sich geliebt und getragen fühlt, der kann wirksam werden.

Vertiefung

  • Welche praktischen Schritte lassen sich aus der Liste ablesen?
  • Mit welchen Worten wird eine Lebenshaltung skizziert?
  • Diskutiere jeden einzelnen Satz und finde praktische Umsetzungen
  • Was willst Du als Nächstes tun?