Paulus schrieb in seinem ersten Brief an Timotheus: «Glaubwürdig ist das Wort und aller Annahme wert, daß Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu retten, von denen ich der grösste bin.» (1Tim 1,15). Befürworter der Himmel- und Höllenlehre machen auf diese frohe Botschaft eine Ausnahme. Es gibt eine Sünde, so sagt man, die nie vergeben werden kann. Stimmt das?

«Alle Sünden sollen vergeben werden»

Jesus kam zwar in die Welt, um Sünder zu retten. Das hat Er auch vollbracht (Joh 19,30). Leider jedoch hilft das nicht in jeder Situation, meinen einige. Dafür wird ein bestimmter Bibelvers zitiert. Es handelt sich hier um eines der Argumente, die dazu genutzt werden, die «Rettung aller Menschen, insbesondere der Gläubigen» (1Tim 4,10) anzuzweifeln. Es ist eines der Argumente gegen eine «Allaussöhnung» (Kol 1,20) und für eine Himmel- und Höllenlehre.

Man beruft sich auf folgenden Bibeltext:

«… Wer aber gegen den Heiligen Geist lästern wird, hat keine Vergebung in Ewigkeit, sondern ist ewiger Sünde schuldig.»
Mk 3,29 (Rev. Elbf.)

Dies, so die Argumentation, lässt sich in Klarheit wohl nicht überbieten und sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass Gott nicht alles vergibt, der Zorn Gottes auf manche Menschen bleibt und dieser Mensch dann für ewig von Gott verstossen wird. Das letzte sei dann die geschönte Beschreibung von dem, was als «ewiger Qual in der Hölle» gelte. Aber ist das die richtige und einzige Interpretation? Das will hier jetzt geprüft werden.

Lesen wir dazu zuerst den Vers unmittelbar vorher:

«Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden, auch die Lästerungen, womit sie lästern; wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung, sondern er ist einem ewigen Gericht verfallen.»
Mk 3,28-29

Jesus sagt hier zuerst etwas ganz Bemerkenswertes: «Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden». Diese Aussage hat eine gewaltige Tragweite. Verstehen wir sie? Wenn wir aufgewachsen sind mit dem Bild eines zürnenden und strafenden Gottes, wurden solche Aussagen selten beleuchtet. Ich hatte Begegnungen mit Menschen, denen Gottes Gnade durch verengte Sichtweisen direkt verwehrt wurde. Wie anders tönt diese Aussage: Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden!

«Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden»

Allerdings: Auf diese umfassende Aussage gibt es laut manchen Lehren eine Ausnahme, die sich am zweiten Teil vom Vers orientiert: «Wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung». Mit diesem zweiten Teil vom Satz wird Angst geschürt. Ganz abgesehen davon, was diese Lästerung gegen den Heiligen Geist genau ist, so wird doch klar, dass die grosse Menge der Sünden eben nicht von der Vergebung abhält. Nur eines scheint davon abzuhalten – alles andere kann vergeben werden. Die erste Aussage kommt einer Befreiung gleich, auch wenn der zweite Punkt noch weitere Beachtung verdient.

Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden! «Sollen» steht hier nicht im Sinne von «müssen», aber im Zusammenhang geht es um einen Vergleich. Das Problem liegt eben nicht bei allen Sünden, sondern bei einer bestimmten Lästerung. Der Fokus im Text ist auf diese eine Lästerung, die erst im Kontext Bedeutung und Tragweite bekommt.

Text im Kontext

Es ist erstaunlich, dass Befürworter einer Hölle-Lehre immer nur den zweiten Teil der Aussage, nie der erste Teil, noch seltener der gesamte Kontext zitieren. Wie kommt es dazu, dass Jesus klar aussagt, dass alle Sünden den Menschen vergeben werden sollen, und wir nie davon hören?

Ein Text erhält erst im Kontext die eigene Bedeutung. Dort findet der Anschluss am Verständnis der damaligen Zuhörer statt.

Dies ist die Geschichte:

«Und die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sprachen: Er hat den Beelzebub! Und: Durch den Obersten der Dämonen treibt er die Dämonen aus! Da rief er [Jesus] sie zu sich und sprach in Gleichnissen zu ihnen: Wie kann der Satan den Satan austreiben? Und wenn ein Reich in sich selbst uneins ist, so kann ein solches Reich nicht bestehen. Und wenn ein Haus in sich selbst uneins ist, so kann ein solches Haus nicht bestehen. Und wenn der Satan gegen sich selbst auftritt und entzweit ist, so kann er nicht bestehen, sondern er nimmt ein Ende. Niemand kann in das Haus des Starken hineingehen und seinen Hausrat rauben, es sei denn, er bindet zuvor den Starken; dann erst wird er sein Haus berauben. Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden, auch die Lästerungen, womit sie lästern; wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung, sondern er ist einem ewigen Gericht verfallen. Denn sie sagten: Er hat einen unreinen Geist.»
Mk 3,22–30

Hier geht es um ein Gespräch zwischen den Schriftgelehrten und Jesus. Die Schriftgelehrten hatten bereits vorhin versucht, Jesus einer Übertretung der religiösen Gesetze anzulasten (z.B. Mk 3,2). Religiosität hat diese Tendenz in sich. Dieselben sind es, die nun das Wirken Jesu in Misskredit bringen und behaupten: «Er hat den Beelzebub!» (den obersten der Dämonen). Ein paar Verse weiter erklärt Markus dies, wenn er nochmals darauf Bezug nimmt: «Er hat einen unreinen Geist».

Die Lästerung gegen den Heiligen Geist

Versuchen wir jetzt das Bild aus dem Kontext zu vervollständigen. Die Aussagen von Jesus zielen auf diese Schriftgelehrten, die von Ihm behaupten, Er sei besessen. Sie verkennen Gottes Wirken durch Jesus. Da liegt der Anstoss. Es war Gottes Geist, der durch Ihn wirkte, und kein unreiner Geist, kein Dämon. Die Aussage der Schriftgelehrten war nicht bloss eine unglückliche Falscheinschätzung, sondern eine mutwillige Zuordnung. Dadurch wurde es eine Lästerung des Wirkens des Heiligen Geistes.

«Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden, auch die Lästerungen, womit sie lästern; wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung, sondern er ist einem ewigen Gericht verfallen.»

Der Zusammenhang ist klar. Wie hätte es aber anders aussehen können? Es gibt eine weitere Geschichte, die darauf zu sprechen kommt. Die Jünger von Johannes der Täufer liessen einmal fragen: «Bist du derjenige, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten? Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote werden auferweckt, und Armen wird das Evangelium verkündigt. Und glückselig ist, wer nicht Anstoss nimmt an mir!» (vgl. Mt 11,2-6). Es hätte also uminterpretiert werden können. Die Schriftgelehrten jedoch haben an Ihn Anstoss genommen, zwar speziell dadurch, dass sie sagten, Jesus habe einen unreinen Geist.

In Ewigkeit keine Vergebung

Es gibt noch einen Punkt, der Beobachtung verdient. Es geht um das empfundene «Strafmass», speziell um die Dauer. Die Aussage liest sich so: «Wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung, sondern er ist einem ewigen Gericht verfallen.»

Es geht um die Bedeutung von Ewigkeit (Nomen) und ewig (Adjektiv). Oft wird das als «Endlosigkeit» interpretiert. Daraus entsteht die eigentliche Drohung.

«Ewigkeit» jedoch ist eine sehr selektive Übersetzung und keineswegs Gedanke des Kontextes. Das lässt sich sowohl aus genaueren Übersetzungen als auch aus einem Vergleich mit Paralleltexten ableiten.

Interpretiert wird es so: Wer «in Ewigkeit keine Vergebung» erhält, der erhält nie Vergebung. Das ist hier jetzt die Frage. Geht es um Endlosigkeit? Und was denn ist eine Ewigkeit?

Die hier zitierte Revidierte Elberfelder Übersetzung hat die Lösung in der Fussnote:

Das Wort «Ewigkeit» ist Übersetzung für das griechische aion. Es wird an unzähligen Orten mit «Zeitalter» und selektiv mit «Ewigkeit» übersetzt. Die beiden Übersetzungen schliessen sich aber gegenseitig aus. Etwas kann nicht gleichzeitig begrenzt und unbegrenzt sein. Die Übersetzungen hier sind verwirrend.

Ein Äon ist in der Bibel keine unbegrenzte Zeit, sondern grundsätzlich und immer eine begrenzte Zeit. Zwar ist die Zeit lange, aber nicht ohne Ende. Es ist das, was als Zeitalter verständlich beschrieben ist. Prüfe dazu die weiteren Beiträge > hier.

Die Jünger fragten Jesus beispielsweise, was denn das Zeichen Seiner Anwesenheit und das Ende des aktuellen Zeitalters (Äons) sei? (Mt 24,3). Wenn diese Zeit abgelaufen ist, kommt die nächste Zeit, der nächste Äon (Mk 10,30). Jesus hat die Kräfte dieses zukünftigen messianischen Zeitalters gezeigt (vgl. Heb 6,5). Es waren Zeichen und Wunder, die auf dieses Zeitalter und seinen Messias hinwiesen. Eine endlose Ewigkeit ist hier fehl am Platz.

Im Konkordanten neuen Testament wird die Stelle wie folgt wiedergegeben:

«Wer aber gegen den Geist, den heiligen, lästert, hat für den Äon keine Erlassung, sondern ist der äonischen Folge der Sünden verfallen.»

Äonisch ist das, was den gerade beschriebenen Äon betrifft. Ewig ist also nicht länger als die Ewigkeit, worauf sie Bezug nimmt. Die Aussage ist klar: Wer gegen den Geist sündigt, hat für den Äon keine Erlassung, sondern hat während diesen genannten Äon die Folgen zu tragen. Ohne in Detail darauf einzugehen: Die Schriftgelehrten, welche gegen den Geist lästern, werden an dem künftigen Äon keinen Anteil haben. Dass dies so ist, lässt sich aus einer Parallelstelle in Mt 12,32 ableiten:

«Wer etwa ein Wort gegen den Sohn des Menschen sagt, dem wird es erlassen werden; wer aber gegen den heiligen Geist redet, dem wird es nicht erlassen werden, weder in diesem Äon noch in dem zukünftigen»
Konkordantes Neues Testament

«Und wenn jemand ein Wort reden wird gegen den Sohn des Menschen, dem wird vergeben werden; wenn aber jemand gegen den Heiligen Geist reden wird, dem wird nicht vergeben werden, weder in diesem Zeitalter [gr. aion] noch in dem zukünftigen.»
Revidierte Elberfelder Übersetzung

In dieser Stelle wird besonders deutlich, dass das Wort «Ewigkeit» die Bedeutung von Zeitalter hat, und das aktuelle Zeitalter von dem künftigen abgelöst wird. Wer nun gegen den Heiligen Geist redet, wird weder in diesem Zeitalter noch in dem zukünftigen Zeitalter vergeben werden. Bemerkenswert: Was danach geschieht, ist nicht Teil der Aussage!

Die unabänderliche Endlosigkeit, die in diese Stelle hineininterpretiert wird, ist nicht im Text enthalten. Es wird eine Aussage über diese und über die zukommende messianische Zeit gemacht. Das ist der Horizont der Evangelien. Der Horizont ist begrenzt und was danach geschieht, liegt ausserhalb Sichtweite. Es ist kein Thema in den Evangelien.

Wird die Lästerung vergeben werden?

Bis jetzt haben wir viele Angaben gesammelt. Nun wird es Zeit für eine Beurteilung. Wird diese Lästerung nie vergeben werden? Ist dies die einzige Sünde, die niemals vergeben werden kann?  Aufgrund der genannten Textstelle lässt sich das nicht beweisen. Im Gegenteil, der Gedanke einer Endlosigkeit ist nicht erhalten.

In vielen Texten ist es so, als beschreibt man auf einer längeren Route das erste und das nächste Dorf. Was aber dahinter weiter noch auf dem Weg liegt, muss nicht Thema der Beschreibung sein. Während wird also einerseits die Zusage von Jesus haben, dass alle Sünden vergeben werden, so gilt für die Lästerung gegen den Heiligen Geist, dass dieser weder im aktuellen Äon noch im zukünftigen Äon vergeben wird. Wer daran teilhat, verpasst also die Segnungen des messianischen Zeitalters. Andere jedoch werden in dieser kommenden Äon das äonische Leben erhalten (Mk 10,30). Der Gegensatz kann nicht grösser sein. Eine endlose Ewigkeit ist aber nicht das Thema.

Aus dem Text in den Evangelien können wir allein keine Schlüsse über das Endgeschick dieser Menschen machen. Es geht hier nämlich nicht um das Endgeschick aller Menschen, sondern nur um eine direkte Folge der Lästerung der Schriftgelehrten, im Kontext von Jesus’ Verkündigung über das messianische Reich. Weiteres kann nicht abgeleitet werden.

Für diesen Beitrag soll es genügen, festzustellen, dass es hier nicht um eine Sünde geht, die nie vergeben werden könnte, denn das war das Argument.

Gehen wir noch einmal zurück zum ersten Zitat aus diesem Artikel, worin Paulus sagte, dass Christus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu retten. Er fährt fort mit der Bemerkung, dass er von allen Sündern der Erste in Rangordnung ist. Sogar ihm ist Gnade widerfahren, als Beispiel für alle, die nach ihm zum Glauben kommen.

«Überwältigend aber ist die Gnade unseres Herrn,
mit Glauben und Liebe, die in Christus Jesus ist.
Glaubwürdig ist das Wort und jeden Willkommens wert,
dass Christus Jesus in die Welt kam, um Sünder zu retten,
von denen ich der Erste bin.
Jedoch, ebendeshalb erlangte ich Erbarmen,
auf dass Jesus Christus an mir, als Erstem,
sämtliche Geduld zur Schau stelle,
denen als Muster, die künftig an Ihn glauben,
zu äonischem Leben»

1Tim 1,14-16 KNT

Zusammenfassung

Die Lästerung gegen den heiligen Geist ist eine ganz bestimmte Antwort auf Behauptungen einiger. Jesus formulierte eine sehr direkte Antwort. Frei übersetzt heisst das im damaligen Kontext: Wer Gottes Wirken lästert, wird im messianischen Reich nicht dabei sein. Was jedoch danach geschieht, ist nicht Teil der Aussage. Es ist furchtbar, wenn dieser Text dazu missbraucht wird, Gläubige in Angst und Schrecken zu versetzen, wie das geschieht.