Im Neuen Testament wird von «gesunder Lehre» gesprochen. Ebenso wird von «gesunden Worten» gesprochen. Die gesunden Worte sind die, die wir beim Überdenken der Bibel besondere Aufmerksamkeit widmen dürfen.

Wörter, Worte, Aussagen

Gesunde Worte sind nicht nur einzelne Wörter, sondern auch Worte im Sinne von «zusammenhängende Aussagen». Deswegen können Sie mit «fremden Lehren» in Kontrast stehen, wie Paulus das hier unten tut:

«Wenn jemand fremde Lehren verbreitet und nicht die gesunden Worte unseres Herrn Jesus Christus annimmt und die Lehre, die der Gottesfurcht entspricht, so ist er aufgeblasen und versteht doch nichts, sondern krankt an Streitfragen und Wortgefechten, woraus Neid, Zwietracht, Lästerung, böse Verdächtigungen entstehen.»
1Tim 6,3-4

Weiter spricht der Apostel über ein «Muster gesunder Worte», wie er diese Timotheus weitergegeben hat:

«Halte dich an das Muster der gesunden Worte, die du von mir gehört hast, im Glauben und in der Liebe, die in Christus Jesus ist!»
2Tim 1,13

Gesunde Lehre

Gesunde Lehre besteht aus gesunden Worten. Nichts verschleiert die biblische Botschaft mehr als theologische und philosophische Begriffe, die der Bibel übergestülpt werden, bis sie irgendwann mit den biblischen Aussagen verwechselt werden. Gesunde Worte entsprechen dem Evangelium, ungesunde Worte tun das nicht. Das eine von dem anderen zu unterscheiden ist die Kunst des aufmerksamen Bibellesens.

Wenn man sich intensiv mit biblischen Themen auseinandersetzt, merkt man rasch, dass es nicht endlos viele Standpunkte gibt. Das gilt auch für die Weise, worauf die Ausleger mit den Themen umgehen. Mir fiel immer wieder auf, dass einige Ansichten mit Wörtern beschrieben wurden, die es entweder in der Bibel gar nicht gibt, oder die in den genannten Bibelstellen nicht verwendet werden. Die Lehre und die dazu zitierten Bibelstellen sind häufig nicht kongruent.

Einmal las ich eine Studie zum Thema «Himmel». Dort war eine Aussage: Beim Sterben «geht die Seele in den Himmel». Als Beleg für diese Aussage wurde Prediger 12,7 zitiert, wo es heisst «und der Geist zurückkehrt zu Gott, der ihn gegeben hat». Nun sind Seele und Geist bestimmt nicht dasselbe (siehe Heb 4,12), und «Rückkehr zu Gott» und «in den Himmel gehen» sind auf keinen Fall identisch. Der zitierte Bibelvers begründete die Aussage nicht.

Wer dies kritisch liest, kommt zum Schluss, dass hier entweder eine richtige Bibelstelle zitiert werden muss, woraus die Aussage tatsächlich hervorgeht, oder es ist etwas mit der Aussage (der Lehre) nicht in Ordnung. Wenn ich das erkenne, kann ich entweder die Aussage oder die Begründung korrigieren. Beides wäre in Ordnung, denn beides würde die Diskrepanz aufheben.

Machen wir einen neutralen Vergleich: Die Aussage «Der Mond ist gelb» wird nicht erklärt durch die Begründung «das Wasser ist blau». Bei einem solchen Vergleich fällt uns die Diskrepanz sofort auf. In Bezug aber auf theologische Ideen oder Aussagen über die Bibel ist das häufig nicht so klar. Zu lange sind wir mit Ausdrücken konfrontiert, von denen wir meinen, sie bilden einen biblischen Tatbestand, die jedoch in der Bibel gar nicht enthalten sind. Keineswegs soll es hier um Wortklaubereien gehen. Wenn wir aber nicht imstande sind, eine biblische Wahrheit in klaren biblischen Worten auszudrücken, dann bezeugen wir damit, dass wir die Bibel in diesem Punkt noch nicht verstehen. Sonst könnten wir biblische Themen mit biblischen Wörtern erklären, nicht wahr? Gelingt das nicht, dann sind wir herausgefordert, noch einmal genau hinzuhören. Ein gesundes Bibelverständnis verhilft zu einem gesunden Glaubensleben.

Ein Muster gesunder Worte

Paulus ermahnte Timotheus: «Halte dich an das Muster der gesunden Worte, die du von mir gehört hast» (2Tim 1,13).  Daraus kann abgelesen werden, dass Paulus zu Timotheus mit gesunden Worten gesprochen hat. Es sind also mit Sicherheit die Wörter, wie Paulus sie in seinen Briefen an Timotheus schreibt. Wir haben an diesen Wörtern demnach ein «Muster» oder Beispiel. Daran können wir sehen, wie gesunde Wörter aussehen, und was sie bezwecken. Das gehört immer zusammen. Das griechische Wort für «Muster» (gr. hypotyposis) wird sonst nur noch in 1Tim 1,16 verwendet, wo die Geschichte von Paulus‘ Umkehr ein «Muster» ist für alle, die nachher zum Glauben kommen. In beiden Stellen geht es um ein klares Beispiel, was auf andere und weitere Dinge übertragen werden kann. Gewiss nämlich auf die übrigen Schriftworte. Denn es heisst, dass alle Schrift von Gottes Geist durchdringen oder daraus entstanden ist (2Tim 3,16-17, wörtlich «alle Schrift ist gott-gegeistet», gr. theopneustos).

Wörter zu verstehen, ist wichtig. Wie soll ich einen Satz verstehen, wenn ich die Wörter nicht begreife, die darin genutzt werden? Als Kind lernen wir die Bedeutung von Wörtern, indem wir dieselben Wörter in immer neuen Situationen hören. Nach und nach erfahren wir so, was gemeint wird, und wie sich die Wörter von anderen abgrenzen. Wir erweitern unser Wortschatz. Zuerst sprechen wir einzelne Wörter, dann kurze Sätze. Und wenn wir geübt sind, können wir uns genau mitteilen, und verstehen wir auch, was andere zu uns sagen. Genauso verhält es sich mit Gottes Wort.

Bei «Wort» müssen wir nicht nur an einem einzelnen Wort denken, sondern ebenso an Worte im Sinne von Aussagen. Wenn wir vom «Wort Gottes» sprechen, meinen wir auch nicht ein einziges Wort, sondern eine ganze Bibliothek von 66 Büchern. Wenn wir von «gesunden Worte» sprechen, dann verweist das sowohl auf die einzelnen Wörter als auch auf die zusammenhängende Aussagen.

Betrachten wir die Bibel einmal als Werkzeugsammlung, dann finden wir darin Schraubenzieher und Schlüssel in vielen verschiedenen Grössen. Verschiedene Werkzeuge, jeder mit einem eigenen Zweck. Ich kenne keinen Handwerker, der sagen würde: «Egal, welche Grösse eines Schlüssels, reiche mir einfach mal irgendeinen». Das wäre so etwas als «Es ist egal, ob in der Bibel von Vergebung, Rechtfertigung oder Versöhnung gesprochen wird, Hauptsache es wird etwas Gutes damit gemeint». Der Handwerker, der weiss, was er für eine Arbeit erledigen muss, wählt das Werkzeug genau und sagt «ich hätte gerne einen Sechser, oder einen Zehner». So können auch wir diesen genauen Umgang mit Gottes Wort lernen. Dann erhalten Begriffe wie Vergebung, Rechtfertigung oder Versöhnung je eine ganz eigene Bedeutung. Das Wort wird reich und vielfältig. Wir erwerben uns eine Fähigkeit, die Bibel gezielt einzusetzen, wie es der Schreiber des Hebräerbriefes beschreibt:

«Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und es dringt durch, bis es scheidet sowohl Seele als auch Geist, sowohl Mark als auch Bein, und es ist ein Richter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens.»
Heb 4,12

Ungesunde Wörter

Welche Wörter sind ungesund und lenken von den biblischen Aussagen ab? Da gibt es verschiedene Kategorien. Hier nur einige Beispiele als Anregung.

  • Dem Wort etwas hinzufügen
    Die Frage der Schlange an Eva, im Garten Edens, war eine Umdeutung und Verkehrung der ursprünglichen Worte Gottes (1Mo 3,1-7). Statt Gottes Wort korrekt zu wiederholen, wurden Gottes Aussagen verdreht, es wurde etwas hinzugefügt, und schon war die Aussage eine andere. Mit verheerenden Folgen.
  • Die Bibel und Bibelworte missbrauchen
    Satan versuchte Jesus in der Wüste mit Bibelzitaten (Mt 4,1-11), um ihn für sich zu gewinnen. Jesus hat Satan widerstanden, mit «Es steht geschrieben …», bis Satan von ihm gewichen ist. Ungesund waren die Bibelworte, die Satan zitierte nicht wegen des Wortes an sich, sondern durch die falsche Anwendung. Satan ist der Diabolos oder «Durcheinanderwerfer». Es war eine missbräuchliche Nutzung, die Jesus widerstand, mit gesunden Worten.
  • Vergeistlichung und Umdeutung
    Wenn Gott in Seinem Wort «Israel» sagt, dann meint Er «Israel», also nicht etwa die Gemeinde, oder etwas anderes. Dass ein Wort wie Israel umgedeutet wird, findet Ausdruck in theologischen Begriffen wie «geistliches Israel», die man in der Bibel nirgendwo findet.
  • Philosophische Bedeutungen in der Bibel
    Das griechische Wort «Hades» beispielsweise wird öfter übersetzt mit «Totenreich». Es suggeriert, dass die «Toten» in einem «Reich» leben, und ein «Reich» deutet an, dass es dort einen «König» gibt. Diese Gedanken finden sich zwar in der griechischen Mythologie, nicht aber in der Bibel. Die Übersetzung ist irreführend. Deswegen sind die Übersetzungen hier nicht einheitlich: In Apg 2,27 schreibt Luther für Hades «Tod», die Rev. Elberfelder hat nicht übersetzt und schreibt direkt «Hades», Schlachter 2000 schreibt «Totenreich», Hoffnung für Alle schreibt «Tod», die Neue Genfer-Übersetzung schreibt «Totenreich» usw. Die Elberfelder macht es vor: Eine Wiedergabe mit «Hades» ist einfach, und es lässt sich dadurch das Wort in den verschiedenen biblischen Kontexten einheitlich erkennen. Wer dies schätzt, findet im Konkordanten Neuen Testament die beste Hilfe.
  • Unzutreffende Wortgebilde
    «Ewiger Tod», «geistlicher Tod» oder «Unsterbliche Seele», «ewige Verlorenheit» sind gute Beispiele dieser Kategorie. Die Ausdrücke finden sich nirgendwo, obwohl sie in manchen Lehren grosse Bedeutung haben. Sie lenken von der Schrift ab.
  • Theologische Wörter
    «Dreieinigkeit» oder «Transsubstantiation» sind theologische Wörter, die keine Entsprechung in der Bibel haben. Könnte man ein theologisches Wortgebilde wie «Trinität» (Dreieinigkeit) in den klaren Worten der Schrift ausdrücken, dann gäbe es vermutlich weniger Probleme. Theologische Wörter erklären nicht die Bibel, sondern in der Regel nur die Diskussionen und Lehrentscheide, die zu diesen Ausdrücken geführt haben. Das ist zwar sehr interessant, aber nur als historischer Einblick, nicht als Fundament biblischer Lehre nützlich. Bleiben wir bei der Schrift. Das ist nahe liegend und gesund.
  • Worte zeitlich falsch zugeordnet
    Wir sprachen bereits von Hymenäus und Philetus, und dass sie behaupteten, die Auferstehung «sei schon geschehen» (2Tim 2,15-18). Damit irrten sie von der Wahrheit. Obwohl die Auferstehung eine wichtige biblische Aussage ist, hatten sie über die Auferstehung etwas Falsches ausgesagt. Der Zeitpunkt der Auferstehung wurde geändert. Es waren ungesunde Worte. Biblische Worte zur falschen Zeit werden zur Unwahrheit.

Eine gesunde Kultur pflegen

Wir sollten einerseits ein Muster gesunder Worte pflegen, andererseits aber nicht um Worte streiten:

«… bezeuge ernstlich vor dem Herrn, daß man nicht um Worte streiten soll, was zu nichts nütze ist als zur Verwirrung der Zuhörer»
2Tim 2,14

«Die törichten und unverständigen Streitfragen aber weise zurück, da du weisst, daß sie nur Streit erzeugen»
2Tim 2,23

Es geht um die gesunde Richtung. Gesunde Worte, sagt Paulus, sollten wir halten «im Glauben und in der Liebe, die in Christus Jesus ist» (2Tim 1,13). Wenn wir Lehrmeinungen prüfen, stellen wir uns konsequent die Frage, ob «gesunde Worte» genutzt wurden. Diese Worte sollten wir ausdrücklich im Glauben und in der Liebe festhalten. Darum geht es. Ganz positiv. Denn nicht die Lehre ist das Ziel, sondern die Frucht, die daraus wachst.

Andere Worte dürfen wir getrost vergessen.

Vertiefung

Fragen für eine Gesprächsrunde:

  • Welche Worte sind in Deinem Glaubensverständnis wichtig?
  • Weisst Du, ob diese Worte aus der Bibel oder aus der Tradition stammen?
  • Es geht bei «gesunden Worten» nicht um «richtig» oder «falsch», sondern um was? (1Tim 6,3-4 2Tim 1,13)
  • Warum sollte man zwar gesunde Worte pflegen, aber dennoch nicht um Worte streiten? (2Tim 2,14, 2Tim 2,23)