Ist es von Bedeutung, was wir essen? Zweifellos! Wir können damit unserer Gesundheit dienen oder sie behindern. Gibt es aber auch religiöse Vorschriften, die wir als Christen einhalten müssen? Ist es also aus religiöser Perspektive wichtig, dass wir dieses essen oder jenes nicht essen sollten? Gibt es biblisches Superfood oder darf ich gewisse Dinge nicht essen? Oder noch etwas direkter formuliert: Fordert Gott von uns Gehorsam im Befolgen gewisser Nahrungsvorschriften?

Vorbemerkungen

Ist es von Bedeutung, was wir essen?

Diese Fragen werden von Christen ganz unterschiedlich beantwortet. Nicht wenige haben sich dafür entschieden, bestimmte Dinge nicht zu essen. Einige legen ausserdem einen religiösen Eifer an den Tag, andere von ebendiesen «Vorschriften» zu überzeugen. Manche richten sich auf die Speisevorschriften der Noahitischen Gesetze (1Mo 9,3-4), während andere in der Geschichte einige Schritte weitergehen und bei den Speisevorschriften für Israel landen. Wieder andere lassen die Speisevorschriften für Israel hinter sich und verweisen auf Apostelgeschichte 15,28-29, wo die Noahitischen Gesetze von den Aposteln in Jerusalem nochmals für die nicht jüdischen Gläubigen wiederholt werden.

Sind dies nun abschliessende Bemerkungen und müssen wir lediglich aus einem dieser «Methoden» wählen, um vor Gott bestehen zu können? Oder ist der Ansatz vielleicht nicht optimal, und geht es nochmals um etwas ganz anderes? Geht es darum, dass wir für unser eigenes Wohl eigene Entscheidungen treffen, oder müssen wir vielmehr Gottes Erwartung zu diesem Lebensbereich entsprechen? Sind wir besser dran vor Gott, wenn wir etwas essen oder nicht essen oder spielt das keine Rolle? Unser Gottesbild und Verständnis der Bibel spielt bei der Beantwortung dieser Fragen eine grosse Rolle.

Der religiöse Mensch

Der religiöse Mensch stellt sich selbst Regeln auf. Regelwerke und Rituale beruhigen. Das trifft vielleicht nicht für jeden zu, aber es hat für einige Menschen grosse Bedeutung – es entspricht ihrem Temperament. Menschen, denen klare Strukturen wichtig sind, finden deshalb schnell auch in der Bibel alle möglichen Regeln. Auch Regeln zum Essen. Etwas selbst zu tun, erscheint ihnen höchst erstrebenswert. Man will schliesslich sein Leben auf Gutes ausrichten sowie auf wertvolle und beständige Dinge. Es schwingt vielleicht diese Annahme mit, dass «Gehorsam gegenüber Gott» zu «mehr Nähe zu Gott» führt. Und Gehorsam – ist das kein guter Ansatz gegenüber dem Allmächtigen?

Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden, auch wenn jede Anstrengung aus eigenem Wirken per definitionem nicht die Gerechtigkeit gegenüber Gott hervorbringen kann. Diese Gerechtigkeit Gottes nämlich, die uns umsonst geschenkt wird (Röm 3,24), hat mit unseren Anstrengungen nichts zu tun (Eph 2,8; Röm 11,6). Die Gerechtigkeit Gottes hat Er allein bewirkt, durch Seinen Sohn Jesus Christus, unseren Herrn. Gerade dieser Umstand, dass Er alles geschenkt hat, ist das Wesen des Evangeliums. Es ist tatsächlich eine Frohe Botschaft. Weil diese Botschaft ganz auf Gottes Wirken beruht, ist sie so gar nicht religiös!

Gehorsam nun ist wichtig, aber sie richtet sich nach den Aussagen von Paulus auf den Gehorsam des Glaubens, nämlich des Vertrauens auf die Verkündigung der Gnade (Röm 1,5). Mit unserer eigenen Anstrengung hat das nichts am Hut (Röm 3,28). Vertrauen ist eben keine eigene Anstrengung, sondern «Vertrauen» auf die Anstrengung eines Anderen. Dieses Vertrauen sagt: Er hat es für mich getan!

Als Christ will ich nicht religiös sein, sondern ich will in der Realität Gottes mein Leben gründen. Es ist eine andere Grundlage. Das äussert sich nicht in Ritualen, im Befolgen gewisser Regeln oder in frommen Tätigkeiten. Auch äussert sich das nicht im Essen oder Nichtessen bestimmter Nahrungsmittel. Etwas zu tun ist zwar wichtig, aber nicht als Vorbedingung zu einem Gott wohlgefälligen Leben. Etwas zu tun ist eher die Folge der Gnade (1Kor 15,10), es ist meine Antwort auf das bedingungslose «Ja Gottes» (2Kor 1,18-20) zu mir als fehlbarer Mensch. Die Frucht, die dann wächst, wird nicht von Speisevorschriften, sondern von ganz anderen Dingen geprägt (Gal 5,22). Ich will religiöse Handlungen nicht mit der Frucht des Geistes verwechseln, denn diese haben miteinander nichts zu tun.

Wer heute religiöse Vorschriften über die Nahrung als wichtig einstuft, tut das für sich selbst.  Er tut das nicht für Gott, sondern für das eigene religiöse Empfinden. Paulus ist sich darüber ganz klar, wenn er schreibt:

«Wenn ihr mit Christus den Elementen der Welt gestorben seid, was unterwerft ihr euch Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt: Berühre nicht, koste nicht, betaste nicht!, was doch alles zur Vernichtung durch den Gebrauch bestimmt ist, nach den Geboten und Lehren der Menschen? Das alles hat zwar einen Anschein von Weisheit, in eigenwilligem Gottesdienst und in Demut und im Nichtverschonen des Leibes – also nicht in einer gewissen Wertschätzung -, dient aber zur Befriedigung des Fleisches.»
Kol 2,20–23

Solche Regeln, schreibt der Apostel, dienen zur Befriedigung des (eigenen) Fleisches. Ein «Anschein von Weisheit» gibt es, aber es ist im Kern ein eigenwilliger und auf sich selbst gerichteter Gottesdienst. Mit anderen Worten: Es ist ein frommer Ego-Trip.

Nahrungsvorschriften im Kontext lesen

Aber – mag jemand einwenden – sind die biblischen Richtlinien für diese oder jene Gruppe nicht ohnehin besser und gesünder? Nun, das bezweifle ich, denn erstens wurde alles von Gott einmal als Nahrung freigegeben (siehe unten), und andererseits steht jede Aussage in einem eigenen Kontext. Wie kann ich nun prüfen, ob bestimmte Nahrungsvorschriften für mich und für heute gelten? Wie kann ich prüfen, ob es eine Anforderung von Gott gibt, dass ich mich heute so oder anders ernähren soll? Immer wieder habe ich erlebt, dass anstelle einer Prüfung pauschal gesagt wird, dass die biblischen Richtlinien «gesünder» sind. Das Wort «gesund» ist hier eine Entschuldigung dafür, dass man die Bibel nicht prüft. Wer so vorgeht, beweist nichts anderes als die eigene religiöse Meinung, nicht aber, dass die Bibel tatsächlich etwas klarstellt.

Die Prüfung von Fragen zur Bibel befolgt immer den Grundsatz «interpretiere den Text im Kontext». Wenn es Nahrungsvorschriften gibt, so stehen sie im Kontext einer Geschichte. Alle Aussagen stehen in einem Zusammenhang. Speisevorschriften für Israel beispielsweise gibt es, aber sie sind in keiner Weise bindend für Nichtjuden. Die Vorschriften und Festtage galten sogar als deutliche Abgrenzung gegenüber Nichtjuden (Esra 6,21) Dies können wir deshalb festhalten: Als Glaubender aus den Nationen werden wir nicht dadurch «besser» vor Gott, dass wir Seine Anweisungen für Israel für mich widerrechtlich beschlagnahmen. Wir müssten bei der Prüfung dieser Frage schon etwas gründlicher vorgehen.

Ein bekanntes Beispiel von Änderungen an den Nahrungsvorschriften finden wir in 1. Mose. Chronologisch finden wir hier zwei Aussagen nacheinander:

  • Adam und Eva, im Garten Edens
    «Und Gott sprach: Siehe, ich habe euch alles Samen tragende Kraut gegeben, das auf der Fläche der ganzen Erde ist, und jeden Baum, an dem Samen tragende Baumfrucht ist: Es soll euch zur Nahrung dienen.»
    1Mo 1,29
  • Noah, nach der Sintflut
    «Alles, was sich regt, was da lebt, soll euch zur Speise sein; wie das grüne Kraut gebe ich es euch alles. Nur Fleisch mit seiner Seele, seinem Blut, sollt ihr nicht essen!»
    1Mo 9,3-4

Dies skizziert eine deutliche Erweiterung des Speisezettels. Die offensichtlichen Gegensätze lassen sich nur als Entwicklung erklären. Ein Verständnis für die Entwicklungen in der Bibel scheint demnach auch hilfreich bei der Frage, ob Gott von uns bestimmte Erwartungen in Bezug auf Speisen hat? Hier können wir praktisch umsetzen, wozu Paulus den Timotheus aufforderte, dass wir nämlich «Das Wort der Wahrheit recht schneiden» (2Tim 2,15. Mehr dazu in dieser Artikelreihe). Nicht alle Teile der Bibel gelten heute. Dies zu erkennen, löst viele Fragen und Widersprüche. Zwar ist die ganze Bibel Gottes Wort, aber nicht alles spricht von der heutigen Zeit. Alles ist zwar für uns (damit wir daraus lernen), aber nicht alles spricht von uns (als wäre es an uns gerichtet).

Auch im Neuen Testament gibt es verschiedene Zielgruppen. Es hängt mit dem Evangelium zusammen, welches heute an alle Nationen verkündigt wird. Das zu verstehen, ist ein erster Schritt in Richtung Klarheit. Der Beitrag «Jesus und Paulus, sagen sie dasselbe aus?» skizziert eine Entwicklung im Neuen Testament, die uns verstehen lässt, welche Teile des Neuen Testaments heute mehr Bedeutung haben als andere und wie sie zusammenhängen. Dies ist die Grundlage für die nachfolgende Auswahl an Bibelzitaten.

Speisevorschriften für Christen heute?

Speisen haben keinen Einfluss auf unsere Stellung vor Gott

«Speisegenuss wird keinen [Einfluss] auf unsere Stellung vor Gott haben. Weder werden wir im Nachteil sein, wenn wir nicht essen; noch werden wir im Vorteil sein, wenn wir essen.»
1Kor 8,8

Die begrenzte Bedeutung von Speisen

«Alles ist mir erlaubt, doch nicht alles fördert mich! Alles ist mir erlaubt, doch ich werde mich durch nichts unter deren Vollmacht stellen lassen. Die Speisen sind für den Leib bestimmt und der Leib für die Speisen; Gott aber wird diesen wie auch jene abtun.»
1Kor 6,12-13

Die Irrelevanz von Speisevorschriften heute

«Daher richte euch niemand in Speise oder Trank … die ein Schattenbild zukünftiger Dinge sind; der Körper aber ist Christi! Niemand entscheide als Schiedsrichter gegen euch …»
Kol 2,16-18

«Wenn ihr nun zusammen mit Christus den Grundregeln der Welt gegenüber gestorben seid, was stellt ihr euch wie in der Welt Lebende unter Erlasse: Rühre das nicht an! Koste das nicht! Taste das nicht an! (das alles ist durch Verbrauch zum Verderben bestimmt) – gemäss menschlicher Vorschriften und Lehren, die zwar einen Ausdruck von Weisheit in willkürlichem Ritual, in Demut und Nichtverschonen des Körpers haben, die aber von keinerlei Wert sind, ausser zur Befriedigung des Fleisches.»
Kol 2,20-23

Die Entgleisungen in der Endzeit

«Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in den nachmaligen Fristen etliche vom Glauben abfallen werden, weil sie auf irreführende Geister und Lehren der Dämonen achtgeben. Solche haben durch Heuchelei in Lügenworten das eigene Gewissen wie mit einem Brenneisen verschorft [verbrannt, verödet, in diesem Sinne: unempfindlich gemacht]; sie verbieten zu heiraten und gebieten, Speisen zu entsagen, die Gott erschaffen hat, um von den Gläubigen mit Dank eingenommen zu werden, die die Wahrheit erkannt haben, dass jedes Geschöpf Gottes ausgezeichnet ist, und nichts ist verwerflich, wenn es mit Dank genommen wird; denn es wird durch das Wort Gottes und die Fürbitte geheiligt. Wenn du dieses den Brüdern vorhältst, wirst du ein trefflicher Diener Christi Jesu sein, der sich mit den Worten des Glaubens und der köstlichen Lehre ernährt, denen du vollends gefolgt bist.»
1Tim 4,1-6

Jeder sollte lediglich für sich selbst überzeugt sein

«Zerstöre nicht einer Speise wegen das Werk Gottes! Zwar ist alles rein, jedoch übel für den Menschen, der mit Anstoss isst.»
Röm 14,20

«Habe du den Glauben, den du hast für dich selbst angesichts Gottes! Glückselig, wer nicht sich selbst zu richten braucht in dem, was er für bewährt hält. Wer aber Bedenken hat, wenn er isst, der ist verurteilt, weil er nicht aus Glauben handelt.»
Rö 14,22-23

Vertiefung

  • Isst Du bestimmte Dinge nicht? Weshalb?
  • Paulus hat in seinen Aussagen (oben) die Bedeutung von Nahrungsvorschriften für die Gemeinde heute relativiert. Was ist wichtiger?
  • Was willst Du für Dich selbst noch klären?
  • Wie sollen wir uns (trotz vielleicht anderer Erkenntnis) begegnen?

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