Neulich sagt mir jemand: «So wie du das erzählst, kann es doch nicht wahr sein. Es wird viel zu schwierig. Das Evangelium ist doch nicht so schwierig?».

Was ist schwierig?

Eine solche Aussage begegne ich immer wieder: «Was du hier sagst, ist zu schwierig». Der Hintergrund für eine solche Reaktion ist immer die Auseinandersetzung mit irgendeiner christlichen Tradition. «Schwierig» wird es, wenn eine Tradition (welche auch immer) infrage gestellt wird. «Unerträglich schwierig» wird es, wenn ich aufzeige, dass diese oder jene Sicht echt nirgendwo in der Bibel steht.

Beispiel gefällig? Es gibt viele Dogmen und Lehren, die nirgendwo in der Bibel erwähnt sind. So etwa eine Dreieinigkeit, eine Erbsünde, ein absolut freier Wille, eine unsterbliche Seele oder die Hölle-Lehre. Erstaunlicherweise sind es häufig diese Begriffe, die Menschen zur Grundlage ihres Glaubens wählen – und so wird das in Gemeinschaften auch gefördert. Wer nur eines dieser Themen anzweifelt, steht sofort in dem Verdacht, ein Ketzer zu sein – auch wenn weder Mose noch Jesus, noch einer der Apostel je davon gesprochen haben. Wer diese Dogmen nicht glaubt, kann nicht auf irgendeine Stelle in einer Kirche oder Freikirche hoffen. Die Vorstellung davon, was «biblisch» ist und was nicht, ist in vielen Kreisen von einer biblischen Begründung vollkommen losgelöst. Das ist weder eine ketzerische Aussage noch eine Beschuldigung, sondern eine nüchterne Feststellung.

Andererseits gibt es Ausdrücke, die sehr wohl in der Bibel stehen, die aber vehement abgelehnt werden, wie die «Aussöhnung des Alls» (Kol 1,20), eine Rettung durch Glaube allein (Eph 2,8-10), und weitere Themen.

Was ist jetzt schwierig?

Umdenken ist schwierig

Insbesondere die Hölle-Lehre ist bei vielen Menschen ganz tief verankert. Das führt leider immer wieder zu Angst, zu Absagen an den Gott der Bibel, zu stressvoller Heilsungewissheit und dieser Dinge mehr. Ein ernsthaftes Gespräch über Himmel- und Hölle führt unweigerlich zur Prüfung dieser Lehre. Wenn man dann aus dem Grundtext und dem Kontext heraus aufzeigt, dass nichts dran ist, dann kann das Angst auslösen. «Schwierig» sind eben nicht die Aussagen an sich. Schwierig ist die Auseinandersetzung mit dem eigenen Gottesbild, mit den verinnerlichten Glaubensvorstellungen.

Umdenken ist anspruchsvoll.

Es ist alles ganz einfach

Die Wahrheit ist, dass die Bibel oder das Evangelium nicht schwierig sind. Es ist ganz einfach:

  • Gott ist für Dich, nicht gegen Dich (Röm 8,31)
  • Gott versöhnt Feinde, nicht perfekte Christen (Röm 5,8)
  • Gott rettet alle Menschen und speziell die Gläubigen (1Tim 4,9-11). Er wünscht sich das nicht nur, sondern Er macht es auch. Das soll in der Gemeinde gelehrt werden, sagt Paulus.
  • Gott wird alles in allen, und nicht nur etwas in wenigen (1Kor 15,28)
  • Gott versöhnt alle (alles, das All) mit sich selbst, Friede machend durch das Blut des Kreuzes (Kol 1,20)
  • Gott schliesst alle in die Widerspenstigkeit ein, damit Er sich aller erbarmen kann (Röm 11,32)
  • Alles ist aus Ihm, durch Ihn und zu Ihm hin (Röm 11,36)
  • Gott ist Liebe (1Joh 4,8)

Ist das nicht einfach? Es ist ein wunderbares Zeugnis. Christus steht zentral. Verschiedene Aspekte können mit einem einzigen Satz erklärt werden. Das ist viel einfacher (und dazu noch besser begründet) als der Lockruf der Himmel- und Hölle-Lehre: «Wer nicht an Jesus glaubt, wird für ewig in der Hölle schmoren». Erkläre das einmal!

Ein neuer Horizont

Warum ich diese Dinge erwähne? Nun, es geht nicht einfach nur um Argumente dafür oder dagegen. Es geht um ein Verständnis von Gottes Wesen und Wirken. Es geht darum, wie wir Gott im Alltag, in unseren Lebensumständen, in unseren Gemeinden und in der Gemeinschaft erleben und begegnen. Damit steht unser Denken zentral und es geht um die Ausrichtung unserer Erwartung.

Das Evangelium, wie es nach einer Himmel- und Hölle-Lehre gepredigt wird, ist nicht «einfach». Es ist höchst problematisch. Problematisch sind auch die Gründe, weshalb Menschen einen guten Ausgang von Gottes Wirken ablehnen. Das muss erst einmal auf den Tisch kommen. Marode Lehren sollen ohne Überheblichkeit und Verurteilung entlarvt werden. Es geht nicht um die Lehren, sondern es geht darum, wie wir unseren Gott und Vater besser kennenlernen. Es geht um eine gesunde Grundlage für unseren Glauben. Was nicht stimmt, muss einfach beim Namen genannt werden, ebenso wie die guten Dinge.

Stelle Dir vor

Schwierig ist nur das Unbekannte. Gottes Wirken ist eine frohe Botschaft für diese Welt. Es baut auf den Tenach auf (Mt 5,18), wird in Jesus für Israel erfüllt (Mt 15,24; Röm 15,8), findet mit Paulus eine Erweiterung für die Nationen (Röm 11,13; Eph 3,1-2) und in allen Variationen steht dahinter ein liebender Gott, der auf Sein Ziel hinarbeitet (Eph 1,11; Eph 1,22-23; Eph 3,11). Es ist nicht schwierig, aber meist vielseitiger als am Sonntag gepredigt wird.

Stelle Dir vor, dass es in Deiner Gemeinschaft ein Umdenken gibt, dass man nüchtern und mit vielen Fragen die biblische Botschaft zu erkunden beginnt.

Stelle Dir vor, dass Du in einer Gemeinschaft daheim bist, wo das eigene Denken gefördert wird, wo Fragen mit Gegenfragen beantwortet werden, wo Woche um Woche und Jahr für Jahr kleine Bausteine für eine neue Sicht entstehen.

Stelle Dir vor, dass Du in einer solchen Gemeinschaft daheim bist. Wie könnte dann wohl ein Gespräch über Gottes Wesen und Wirken heute und auch in einigen Jahren verlaufen?

Es geht um eine tragfähige, in der Schrift verankerte Vision für nachhaltige Gemeindeentwicklung, getragen von mündigen Menschen. Das ist anspruchsvoll, aber schwierig ist es nicht. Was es jedoch benötigt, ist Mut, sich immer wieder auf Neues einzulassen.

Vertiefung

  • Ist es mühsam, sich in neuen Gedanken zurechtzufinden?
  • Muss man alles erklären können, bis etwas «einfach» ist?
  • Was ist für Dich «schwierig» an der Bibel?
  • Was braucht es in einer Gemeinschaft, damit die Freiheit von Christus (Gal 5,1) auch im Denken entsteht?
  • Paulus schreibt: «werdet verwandelt durch die Erneuerung des Denkens» (Röm 12,1-2). Warum schreibt er das gerade an eine Gemeinde?