In seinem Brief an Philemon schreibt Paulus folgende Worte:

«Ich danke meinem Gott allezeit, wenn ich dich in meinen Gebeten erwähne, weil ich von deiner Liebe und dem Glauben höre, den du an den Herrn Jesus und zu allen Heiligen hast, damit die Gemeinschaft deines Glaubens zur Erkenntnis alles Guten wirksam werde, das in uns ist für Christus Jesus. Denn viel Freude und Zuspruch habe ich durch deine Liebe gehabt, da das Innerste der Heiligen durch dich beruhigt wurde, Bruder.»
Phil 4-7

Es ist erstaunlich, mit welchen Worten sich Paulus an Philemon wendet. Es war ein «bejahrter Paulus» (Phil 9), der diesen Brief betreffend Onesimus schrieb. Onesimus war vermutlich ein weggelaufener Sklave, der durch Paulus zum Glauben gekommen war. Philemon war sein Eigner, und Paulus richtet sich in diesem Brief an Philemon, damit er doch Onesimus frei liesse, damit dieser bei Paulus dienen könnte.

Das Anliegen des Briefes ist also kein einfaches. Aber das ist nicht, womit Paulus anfängt. Er dankt zuerst. Dann erinnert er sich an all dem Guten, was Philemon insbesondere für die Familie des Glaubens getan hat. Was Philemon getan hat, hat Paulus von anderen gehört. Sie haben positiv von Philemon berichtet. Man kann sich vorstellen, dass Philemon nicht nur Sklaven hatte, sondern auch entsprechend reich war. Sein Reichtum hat Philemon für die Gemeinschaft eingesetzt. Er hat Gutes getan. Philemon war ein Mann des Glaubens und seine Aktivitäten waren das Zeugnis, das Paulus gehört hatte.

Glaube wird durch Liebe wirksam (Gal 5,6). So auch hier bei Philemon. Liebe und Glaube gehörten bei diesem Mann zusammen. Paulus spricht auch von der «Gemeinschaft deines Glaubens» und von der «Erkenntnis alles Guten». Damit scheint Paulus von einem Umfeld zu sprechen, worin Philemon aktiv tätig ist. Philemon steht in einer Gemeinschaft von Gläubigen und dort in belebender Beziehung zu anderen Menschen. Philemon investiert in diese Menschen. Ein bemerkenswerter Mann.

Was Paulus nun von Philemon hörte, das war «für Christus Jesus». Das kann man so verstehen, dass Philemon aus Glauben handelte. Er tat es nicht für sich selbst, sondern für Christus Jesus. Er hat sich in einer Linie mit den Anliegen von Christus aufgestellt. Sein Handeln hatte eine Richtung. Philemon war selbstlos unterwegs, weil er Sein Leben nach Seinem Glauben und Vertrauen eingerichtet hat. Kein Wunder also, dass Paulus «viel Freude und Zuspruch» durch diese Berichte erhielt. Obwohl diese Dinge nicht Paulus selbst betrafen, so freute der Apostel sich an dem Zeugnis anderer. Philemon hatte dieselbe Erwartung, denselben Glauben, dieselbe Zuversicht, wie auch Paulus sie hatte. Er hat sich für das Wohlbefinden der anderen Gläubigen uneigennützig eingesetzt. Paulus und Philemon waren im besten Sinne des Wortes «Brüder».

Diese Worte sind erst der Einstieg in den kurzen Brief. Sie beschreiben die Haltung von Philemon, aber ebenso die Haltung von Paulus. Er sucht hier gemeinsamen Boden für sein eigentliches Anliegen. Was ihnen verbindet, darauf könne man bauen. Paulus sucht nun das Gute in Philemon, weil auch das Gute in Onesimus herausgekommen ist. Onesimus war zum Glauben gekommen. Das Leben des geflohenen Sklaven hatte eine andere Richtung erhalten. Jetzt sucht Paulus die Freiheit für den weggelaufenen Sklaven, nicht als «Aktivist», sondern als «Bruder». Sklaverei gehörte zur damaligen Zeit, aber Paulus hat Sklaven ermutigt – wenn sich die Gelegenheit böte – dass sie frei werden (1Kor 7,21). Dafür setzt er sich auch hier ein.

Der Name Onesimus bedeutet «Vorteilhaft». Später sendet er einmal Tychikus und Onesimus an die Gemeinde in Kolossä und beschreibt Onesimus dann als den «treuen und geliebten Bruder, der einer der euren ist» (Kol 4,9). So scheint es, dass Onesimus, der offenbar aus Kolossä kam, später ohne Angst in seine Ursprungsstadt zurückkehren konnte. So hatte wohl der Brief von Paulus an Philemon eine Bestätigung erhalten.

Man könne den Brief an Philemon auf verschiedene Arten lesen. Dass aber Paulus von «viel Freude und Zuspruch» berichtet, zeigt die inneren Beweggründe. «Vorteilhaft» hat sich positiv entwickelt. Philemon wurde frei und konnte sogar wieder in seine Ursprungsstadt reisen.

Wir lesen in diesem Brief von einem Umgang mit Potenzial. In unserem Leben geht es nicht nur darum, dass wir selbst befreit werden, sondern vielleicht dürfen wir auch andere helfen frei zu werden, ganz praktisch. Viel Freude und gute Zuversicht sind dann die Folgen.