Die Aussagen der Bibel über Leben, Tod und Auferstehung sind recht klar und einheitlich: Tote leben nicht. Sie sind tot. Damit wird der Gegensatz von Leben gemeint. Wer dies nicht so sieht, greift auf eine recht begrenzte Auswahl an «anderslautende» Bibelstellen zurück, womit dann das übrige Schriftzeugnis ausser Kraft gesetzt werden soll. Diese Bibelstellen verlangen besondere Beachtung, wenn wir die Schrift im eigenen Kontext verstehen wollen.

Bibelstelle

Saul besucht eine Frau in dem Ort Endor, welche einen wahrsagenden Geist hat und die mit ihm eine spiritistische Séance abhält.

Traditionelle Auslegung

Die Frau gibt einen realen Einblick in das Totenreich. Demnach sind die Toten nicht tot, sondern leben munter weiter. Spiritismus? Stört mich nicht!

Gegenargument

Dies ist eine spiritistische Séance, und keinen Einblick in eine Totenwelt.

Begründung

Saul hatte ein Problem. Samuel, der Prophet, war gestorben. Ihn könnte Saul nicht mehr um Weisheit und Rat bitten. Wahrsager und Totenbeschwörer hatte er aus dem Land vertrieben. Dann erscheinen aber Feinde an der Grenze und dem König rutscht das Herz in die Hose. Was tun? Wer kann weiterhelfen? (1Sam 28,3-5). In dieser Notsituation wendet er sich zum Herrn, aber dieser antwortet nicht, weder durch Träume noch durch das Los zu werfen, noch durch Propheten (1Sam 28,6). Saul benötigt Hilfe. Dann lässt er jemand suchen, der die Toten befragen kann.

Bei der Spiritistin angekommen, wünscht Saul, dass Samuel aus dem Tod heraufbeschwört wird. Er sucht demnach einen alten Vertrauten, damit er seine Fragen stellen kann. Tatsächlich erscheint nun Samuel, allerdings heisst es, dass nur die Frau ihn sah. Es entwickelt sich ein Gespräch zwischen Saul, der Frau und Samuel und Saul erhält eine dramatische Antwort.

Für manche mag die Situation als «real» erscheinen. Bedenken wir jedoch auch, dass wir es hier mit einem Medium zu tun haben. Man muss nicht infrage stellen, ob ein Medium etwas sieht, wohl aber sollte man der Deutung kritisch gegenüberstehen. Samuel war tot und wird hier nicht auferweckt. Die Darstellung lässt sich nicht mit einer Auferstehung vergleichen, die es jedoch zu einem neuen Leben benötigen würde. So steht diese Erscheinung in einem seltsamen Licht. Es ist primär Saul selbst, der folgert, dass es Samuel ist. Saul sieht Samuel nicht! Nur das Medium sieht etwas. Es ist die Erwartung von Saul, dass es hier tatsächlich um Samuel handelt. Dass jedoch die Quelle auch eine andere sein kann, und hier etwas anderes geschieht, muss nüchtern überlegt werden.

Saul folgert lediglich, dass er Samuel gegenübersteht. Nur das Medium sieht die Erscheinung.

Das Medium hat nicht die Kraft, Menschen aus dem Tod aufzuerwecken. Tote leben nicht. Was hier beschrieben wird, ist mit Sicherheit eine reale Erfahrung. Gleichzeitig ist aber nicht klar, dass dies tatsächlich Samuel sein sollte. Nach der Schrift ist dies gar nicht möglich. Gegen solche dämonischen Einflüsse wird wiederholt stark gewarnt:

«Ihr sollt euch nicht den Totenbeschwörern und Wahrsagern zuwenden, dass ihr nicht durch sie unrein werdet; ich bin der HERR, euer Gott.»
3Mo 19,31

«Wenn du in das Land kommst, das dir der HERR, dein Gott, geben wird, so sollst du nicht lernen, die Gräuel dieser Völker zu tun, dass nicht jemand unter dir gefunden werde, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt oder Wahrsagerei, Hellseherei, geheime Künste oder Zauberei treibt oder Bannungen oder Geisterbeschwörungen oder Zeichendeuterei vornimmt oder die Toten befragt.»
5Mo 18,9-14

Die Abhängigkeit soll von Gott, nicht von solchen Praktiken sein. Diese Geschichte erklärt keinen Todeszustand, sondern lediglich den Vorgang bei einer Séance. Was gesehen wird, ob das «Toten» sind, bleibt der Fantasie des Zuhörers überlassen.