Paulus kommt im Neuen Testament eine besondere Bedeutung zu. Während die 12 Apostel in Jerusalem sind, zieht Paulus als 13. Apostel durchs ganze Römische Reich. Was er sagt und schreibt, weicht in wesentlichen Dingen von dem ab, was Jesus in den Evangelien lehrte und er macht ausserordentliche neue Aussagen. Wer das Neue Testament aufmerksam liest, kommt um die spezielle Position und Bedeutung von Paulus nicht herum. Allerdings versteht nicht jeder, was da eigentlich vor sich geht. Es gibt deshalb eine ganze Menge Meinungen über Paulus. Lesen wir als Einstieg ein paar dieser Einschätzungen.

Verschiedene Einschätzungen über Paulus

Wer sich einmal etwas intensiver mit Paulus beschäftigt, findet bald heraus, dass die Arbeit und Botschaft dieses Apostels ganz unterschiedlich eingeschätzt wird.

Paulus über sich selbst

Dies ist der Anfang vom Römerbrief, worin Paulus von sich selbst schreibt:

«Paulus, Sklave Christi Jesu, berufener Apostel, abgesondert für das Evangelium Gottes…»
Röm 1,1

Paulus der Super-Theologe

Zweifellos hat Paulus eine enorme Arbeit geleistet. Seine Bedeutung für das Christentum ist nicht zu unterschätzen. Sucht man nach Meinungen im Internet, dann gibt es besonders viele davon. Einige heben die Bedeutung von Paulus positiv hervor:

«Paulus von Tarsus ist nach der Überlieferung des Neuen Testaments (NT) der erste und wichtigste Theologe der Christentumsgeschichte und wohl der erfolgreichste Missionar des Urchristentums.»
Welt der Bibel

«Der bedeutendste Missionar des Urchristentums»
Wissen.de

Paulus der Fälscher

Es gibt jedoch auch eine andere Seite. Nach der Meinung anderer Menschen hat Paulus einiges direkt missverstanden. Nebst den vielen positiven Einschätzungen gibt es also auch ganz negative Meinungen von Paulus. Da können wir z.B. lesen:

«Paulus hat Jesus nicht verstanden.»
Der Spiegel

«Kein Missionar hat sich in der Verbreitung des Christentums größere Verdienste errungen als Paulus. Und kein anderer hat die ursprüngliche Lehre von Jesus derart massiv verfälscht.»
ZeitenSchrift

«Mit Paulus begann jedoch die Verfälschung der Lehre von Jesus und der allmähliche Aufbau einer kirchlich institutionellen Struktur.»
Der Theologe

Diese und ähnliche Dinge finden sich nicht nur auf die zitierten Webseiten, sondern fast identisch lesen wir bereits über den Widerstand gegen Paulus im Neuen Testament und das wiederholt sich bis heute. Das soll uns nicht erschrecken, sondern das hat Bedeutung. Paulus richtig zu verstehen, ist entscheidend für das Verständnis vom Neuen Testament. Es hat auch alles mit unserer Berufung zur heutigen Gemeinde zu tun.

Bei Paulus trennen sich die Meinungen

An dem Verständnis von Paulus trennen sich die Geister, die Theologien, die Lehren, die Meinungen und hier trennt sich ganz allgemein das Verständnis von Gottes Handeln in dieser Welt. Was Paulus lehrte, war nicht einmal für Petrus ganz deutlich, denn der schreibt:

«… Und erachtet die Geduld unseres Herrn für Rettung, so wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat, wie auch in all den Briefen, wenn er in ihnen auf diese Dinge zu sprechen kommt, in welchen etliches schwer zu begreifen ist …»
2Pet 3,15-16

Kein Wunder also, wenn bis heute die Lehre und das Zeugnis von Paulus verkannt und verbannt werden. Es war bereits in der Zeit des Neuen Testaments nicht einfach. Paulus’ Botschaft ist radikal und umwerfend. Und tatsächlich ist sie in manchen Dingen auch ganz anders als das, was Jesus und die zwölf Apostel im Fokus hatten. Verständlich, dass es dadurch quer auf so manche Annahmen steht. Umso wichtiger erscheint es, dass wir den besonderen Auftrag von Paulus verstehen und wir seine Botschaft in Gottes Licht erkennen.

Paulus hat seine Lehre stets ausführlich begründet und zu vielen Themen Stellung bezogen, doch hiess das nicht automatisch, dass er dadurch auf Verständnis stiess. Nicht einmal in den Gemeinden, die er selbst gegründet hat, war der Erfolg von Dauer. Seinem Mitarbeiter Timotheus schreibt er am Schluss seines Lebens, vermutlich aus dem Gefängnis in Rom, folgende Einschätzung:

«Dies weisst Du, dass sich alle in der Provinz Asien von mir abgewandt haben, unter welchen auch Phygellus und Hermogenes sind.»
2Tim 1,15

Die «Provinz Asien» (in etwa das Gebiet der heutigen Türkei) war zeitlebens das wichtigste Reiseziel des Apostels. Hier hat er den Löwenanteil seiner Arbeit geleistet. Dort haben sich alle vom Apostel abgewendet. Ich kann mir vorstellen, dass ihn diese Entwicklung überaus stark beschäftigt hat.

Wer ist dieser Paulus?

Ist es wichtig zu hören, was Paulus zu sagen hat, oder ist er einfach nur ein Spinner, der die Lehre von Jesus verlassen hat?  Was sagt die Bibel denn selbst zu diesen Fragen?

Paulus’ Briefe und Wirken sind nur ein Teil vom Neuen Testament. Meist bleibt dieser Teil jedoch unbekannt, denn man wirft das Zeugnis von Paulus in einen Topf mit dem Rest und biegt und vermischt die verschiedenen Botschaften so lange, bis dabei ein richtiges Misch-Evangelium herauskommt. Das ist dann weder Fleisch noch Fisch, weder Petrus noch Jesus noch Paulus. Es ist dann häufig «ein bisschen Gnade» und «ein bisschen Gesetz». Paulus selbst stellt ein solches Misch-Evangelium unter den Bann:

«Ich staune, dass ihr euch so schnell umstellt, hinweg von dem Evangelium, das euch in Christi Gnade berufen hat, zu einem andersartigen (gr. heteron) Evangelium, das aber nicht ein anderes (gr. allo) echtes ist, wenn da nicht etliche wären, die euch beunruhigen und das Evangelium des Christus verkehren wollen. Aber wenn auch wir oder ein Bote aus dem Himmel euch etwas Andersartiges neben dem verkündigt, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: Er sei in den Bann getan! Wie wir schon zuvor betont hatten, so sage ich auch jetzt wieder: Wenn jemand euch etwas Andersartiges als Evangelium verkündigt, neben dem, was ihr von uns erhalten habt: Er sei in den Bann getan!»
Gal 1,6-9

Das Nicht-erkennen von Paulus’ Botschaft und die Umdeutung seiner Aussagen, die Vermischung mit anderen Gedanken (z.B. von Petrus) führt zu einem «andersartigen» Evangelium, welches kein echtes «anderes» ist. Die zwei Wörter, welche im Griechischen hier genutzt werden, zeigen auf folgenden Unterschied:

  • allo ist anders, aber derselben Art. Deshalb gibt es «echte», aber unterschiedliche Evangelien.
  • heteron ist andersartig, nämlich von einer anderen Art und deshalb nicht «echt».

Es gibt mehrere Evangelien, mehrere frohe Botschaften, die – obwohl anders – doch von derselben Sorte sind. Das Evangelium, welches Petrus verkündigt, ist ein solches Evangelium. Und auch das Evangelium, welches Paulus verkündigt, gehört dazu. Es gibt noch andere Evangelien, die im Neuen Testament erwähnt werden, etwa das «ewige (äonische) Evangelium» (Offb 14,6).

In Kontrast damit stehen falsche Evangelien, die einer ganz anderen Art sind. Dies sind keine echten Evangelien. Paulus warnt nun vor «andersartigen» Evangelien, die sich als Evangelium tarnen, aber nicht wirklich frei machen. Ein Misch-Evangelium ist heute meist Standard. Das sieht dann so aus: Ein bisschen von Petrus, ein wenig von Paulus. Und dann noch ein paar vergeistigte Aussagen von Jesus aus den Evangelien dazwischen gestreut. Etwas Gesetz, ein bisschen Gnade. Das ist ein Misch-Evangelium.

Ein solches Misch-Evangelium bedeutet Chaos, denn die Vermischung von Gesetz und Gnade macht nicht frei.

Ein Schlüssel zum Verständnis des Neuen Testaments

Wenn wir die Botschaft von Paulus verstehen, dann wird das ein Schlüssel zum Verständnis vom Neuen Testament. Dazu braucht es jedoch den Mut, die Bibelschreiber selbst zu Wort kommen zu lassen, und nicht von vornherein Annahmen über die Zusammenhänge zu machen.

Wenn Jesus etwa sagt, dass Er nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israels geschickt wurde (Mt 15,24), dann müssen wir dem ebenso glauben wie die Aussage von Paulus, dass er ein Apostel der Nationen war (Röm 11,23). Solche Aussagen klären den Kontext. Die Aussage von Jesus klärt die Zeit der Evangelien und die Aufgabe, welche Jesus in dieser Zeit hatte, während die Aussage von Paulus seine eigene spezielle Aufgabe beschreibt. Die zwei Dinge stehen weder in Konkurrenz zueinander, noch müssen wir sie auf Biegen und Brechen harmonisieren.

Wer Paulus nicht versteht, kann auch die heutige Kirche und Gemeinde nicht verstehen. Ohne Paulus gäbe es die Gemeinde und Kirche aus allen Nationen gar nicht. Beim Reden über Paulus geht es nicht sosehr um ihn selbst, als um die Botschaft, die er verkündigt. Es geht um das Evangelium, welches Paulus «mein Evangelium» nennt. Die meisten Christen haben davon noch nie etwas gehört.

Die Botschaft von Paulus war nicht nur an eine andere Zielgruppe gerichtet, sondern hat auch ganz eigene Merkmale. Paulus gäbe es nicht ohne Jesus, aber ohne Paulus gäbe es die heutige Kirche nicht. Im Neuen Testament findet eine Entwicklung statt und das Verständnis von Paulus’ Aufgabe ist ein Schlüssel zum Verständnis des Neuen Testaments.

Das Evangelium von Paulus

Es tönt für manche vielleicht wie eine Ketzerei, denn gibt es nicht nur das «Evangelium von Jesus»? Nun, das wäre zu kurz gegriffen. Jesus selbst nämlich spricht vom «Evangelium des Königreichs» (Mt 4,23; Mt 9,35; Mk 1,14 u.a.). Was Jesus verkündigte, war ein Königreich, das mit Ihm nahe gekommen war. Seine Verkündigung betraft nicht Kreuz und Auferstehung, denn die beiden Dinge waren bis dahin nicht geschehen. Es gibt demnach nicht einfach «ein Evangelium», sondern es gibt sogar mehrere, deutlich voneinander unterschiedene Evangelien.

Ein «Evangelium» ist zuerst einmal ein neutraler Begriff. Es ist eine «gute Botschaft», und es werden im Neuen Testament verschiedene solcher «guten Botschaften» genannt. Auch Paulus erhielt eine «gute Botschaft», mit der er allein betraut wurde. Er nennt es mehrfach «mein Evangelium» (Röm 2,16; Röm 16,25; 2Tim 2,8). Dieses Evangelium findet man ausführlich in seinen Briefen beschrieben.

Paulus ist einmal nach Jerusalem hinaufgezogen, um den Angesehenen dort das Evangelium zu verdeutlichen, das er unter den Nationen verkündigt:

«Darauf (nach vierzehn Jahren) zog ich wieder nach Jerusalem hinauf, diesmal mit Barnabas, und nahm auch Titus mit. Und zwar zog ich zufolge einer Enthüllung hinauf und unterbreitete ihnen (im besonderen aber den Angesehenen) das Evangelium, welches ich unter den Nationen herolde, dass ich also nicht etwa ins Leere renne oder gelaufen wäre.»
Gal 2,1-2

Von diesem Besuch lesen wir anschliessend noch weitere Details:

«Von den Angesehenen aber (was für ein Ansehen, als seien sie etwas, sie einst hatten, macht mir nichts aus, da Gott nichts von dem äusseren Ansehen eines Menschen hält), mir haben diese Angesehenen doch nichts anderes unterbreitet, sondern im Gegenteil, weil sie einsahen, dass ich mit dem Evangelium der Unbeschnittenheit betraut bin, so wie Petrus mit dem der Beschneidung (denn der in Petrus für das Aposteltum der Beschneidung wirkt, der wirkt auch in mir für die Nationen), und da sie die mir gegebene Gnade erkannten, gaben Jakobus, Kephas und Johannes, die als Säulen angesehen werden, mir und Barnabas die rechte Hand der Gemeinschaft, damit wir für die Nationen, sie aber für die Beschneidung wirkten …»
Gal 2,6-9

Es werden hier zwei Evangelien genannt:

  • Das Evangelium «der Unbeschnittenheit» und
  • das Evangelium «der Beschneidung».

Das Evangelium der Unbeschnittenheit verkündigte Paulus unter den Nationen. Er war gerade wegen dieses Evangeliums nach Jerusalem hinaufgezogen, damit er es den dort verbleibenden Aposteln vorstellen konnte. Wir erkennen aus diesem Vorgehen, dass Paulus nicht einfach dasselbe wie Petrus verkündigte. Der Fokus und der Inhalt seines Evangeliums waren anders. Deshalb wollte er das in Jerusalem persönlich vorstellen.

Was anders war, das ist Inhalt der paulinischen Briefe. Unterschiede zwischen den Briefen von Paulus und den übrigen Briefen lassen sich aus den unterschiedlichen Aufträgen und Zielgruppen erklären. Paulus und Petrus hatten je ein «eigenes Evangelium» für eine je «eigene Zielgruppe» mit einem «eigenen und angepassten Inhalt».

Die Enthüllung von Geheimnissen

Viele behaupten, Paulus erzählt dasselbe wie Jesus und die zwölf Apostel, einfach mit einer etwas anderen Ausrichtung. Das stimmt jedoch nicht, wie aus folgendem Abschnitt hervorgeht:

«Denn ich mache euch bekannt, Brüder: Das von mir verkündigte Evangelium ist nicht Menschen-gemäss. Denn ich erhielt es weder von einem Menschen noch wurde ich es gelehrt; vielmehr wurde es mir durch eine Enthüllung Jesu Christi zuteil.»
Gal 1,11-12

Was Paulus erzählt, ist eine spezielle Enthüllung von Jesus Christus. Sollte Paulus dasselbe erzählen als die zwölf Apostel, hätte er diese einfach fragen können. Seine Botschaft erhält er jedoch als spezielle Enthüllung. Später in seinem Leben schreibt Paulus:

«Mithin bin ich, Paulus, der Gebundene Christi Jesu für euch, die aus den Nationen – wenn ihr nämlich von der Verwaltung der Gnade Gottes gehört habt, die mir für euch gegeben ist, da mir durch eine Enthüllung das Geheimnis bekannt gemacht wurde (so wie ich gerade vorher in Kürze schrieb, woran ihr beim Lesen mein Verständnis für das Geheimnis des Christus begreifen könnt, das in anderen Generationen den Söhnen der Menschen nicht bekannt gemacht wurde, wie es nun Seinen heiligen Aposteln und Propheten enthüllt wurde): Im Geist sind die aus den Nationen gemeinsame Losteilinhaber und eine gemeinsame Körperschaft und gemeinsame Teilhaber der Verheissung in Christus Jesus durch das Evangelium, dessen Diener ich geworden bin, dem Geschenk der Gnade Gottes entsprechend…»
Eph 3,1-7

Hier wird gesagt, dass die Enthüllung Geheimnisse betraf. Nicht also erhält Paulus demselben Aussagen wie die zwölf Apostel, sondern andere Aussagen, bisher verborgene Dinge. Paulus enthüllt Geheimnisse.

Das Wort Geheimnis deutet nicht auf obskure, unklare, geheimnisvolle Dinge hin. Ganz im Gegenteil! Paulus spricht über Geheimnisse, um diese zu offenbaren. Sie werden als Geheimnis beschrieben, weil sie früher unbekannt waren.

Ausserdem weicht Paulus nicht von Jesus Christus ab, wie es manche behaupten, sondern er erhält die Enthüllung direkt von Jesus Christus – so die Aussagen. Die Differenzierung liegt hier: Paulus weicht tatsächlich von dem ab, was Jesus in den Evangelien erklärte. Was der Apostel jedoch verkündigte, war sehr wohl eine Botschaft von Jesus Christus, allerdings erst viel später. Der Unterschied liegt in der Zeit, der Zielgruppe, die Aufgabe. Es war nicht dasselbe, aber es war speziell seiner Aufgabe angepasst und der Apostel erhielt die Aussagen von Jesus Christus.

Welche Dinge nun im Detail das Evangelium von Paulus ausmachen, ist hier bisher nicht aufgespürt. Aus den erwähnten Textstellen darf aber Folgendes klar hervorgehen:

  • Paulus hat ein «eigenes» Evangelium.
  • Er hatte eine Sonderbotschaft von Christus Jesus
  • Dieses Evangelium entspricht seinem speziellen Auftrag für die Nationen
  • Es ist das «Evangelium der Unbeschnittenheit», in Kontrast zu dem Evangelium der Beschneidung von Petrus
  • Wichtige Dinge dieses Evangelium wurden erst durch direkte Enthüllung von Jesus an Paulus bekannt und waren sogar für Petrus schwer zu verstehen

Paulus, der Apostel mit Gütesiegel

Zu Anfang haben wir ein paar gegensätzliche Meinungen zu Paulus gelesen. Es gebe noch viele weiteren solchen Gegensätze. Weshalb gibt es diese Unterschiede? Folgende These könnte nachgeprüft werden: Wie man Paulus einschätzt, hängt davon ab, ob man die Sonderstellung von Paulus erkannt hat.

Wie man Paulus einschätzt, hängt davon ab, ob man die Sonderstellung von Paulus erkannt hat.

Zu viele Menschen denken immer noch, dass es im Neuen Testament nur um eine Sache geht. Man verkennt, dass eine Entwicklung stattfand. Was heute als Kern des Evangeliums gesehen wird, finden wir in den Briefen des Apostels Paulus. Lassen wir die Briefe von Paulus weg, wird es schwer, die heutige Kirche im Neuen Testament zurückzufinden. Deshalb müssen wir differenzieren lernen.

Vergessen wir bei den nun erkannten Unterschieden trotzdem nicht, dass die Apostel sich nach Klärung der Unterschiede gegenseitig die Bruderhand gegeben haben. Wir haben das vorhin gelesen. Paulus wurde von den zwölf Aposteln ausdrücklich anerkannt – trotz der Unterschiede. Er erhielt sozusagen ein Gütesiegel aus Jerusalem.

Es geht hier also nicht bloss darum, Unterschiede zu betonen. Paulus und die Zwölf haben einander als ergänzend betrachtet, gerade weil sie unterschiedliche Aufgaben und eine andere Fokussierung hatten. Sie haben erkannt, dass Paulus für die Nationen wirkt, wie Petrus und die Zwölf Apostel für die Juden. Beides war Gottes Wirken und Gottes Gnade zu verdanken. Es geht nicht nur um eine andere Zielgruppe, sondern die Botschaft war den Zielgruppen angepasst. Derselbe Gott, der mit Israel einen bereits jahrhundertealten Weg ging, sollte sich via Paulus intensiv und auf eigene Art mit den Nationen auseinandersetzen. Das war neu.

Diese Unterschiede können wir schätzen und verstehen lernen. Dadurch differenzieren wir die Aussage und belassen wir die Aussagen im jeweils eigenen Kontext. Durch die Unterscheidung verschwinden schlagartig ganz viele Problemstellen des Neuen Testaments. Es wird ausserdem viel einfacher, die Bibel im eigenen Licht zu lesen. Unterscheiden wir diese Dinge, dann wird das Lesen der Bibel spannender und eine verbesserte Differenzierung der Botschaft schenkt Licht und Relevanz für unser Leben.