Wer ist Gott?

Wie können wir uns Gott vorstellen?


Es gibt eine Menge Vorstellungen, darüber, wie wir uns Gott vorstellen können. Den Abrahamitischen Religionen gemeinsam ist die Vorstellung eines einzigen Gottes. Im Christentum hat sich diese Idee von Gottes-Einheit in verschiedenen Richtungen und Interpretationen aufgesplittet, von denen die bekannteste die Dreieinigkeit ist. Die Idee einer Dreieinigkeit ist für Juden und Muslimen nichts anderes als Blasphemie. Also fragen wir konkret: Gott ist Einer, aber wie? Es ist nicht die Frage danach, wie weit wir zählen können, sondern vielmehr die Frage nachdem, wer Gott ist und wie Er sich in dieser Welt und uns offenbart.

Verschiedene Ansichten

Die am weitesten verbreiten Ansicht ist die der Dreieinigkeitslehre. Das ist jedoch nicht die einzige Vorstellung. Hier einige weitere Sichtweisen:

  • Gott ist Einer: Unitarier vertreten die Vorstellung, die am nächsten zu den Vorstellungen vom Judentum und der Islam liegt. Gott ist Einer, und dieser eine Gott ist für Unitarier nur der Vater. Jesus ist nur ein Mensch, allerdings von Gott als «Sohn» eingesetzt.
  • Gott ist Zwei-in-Einem: Binitarier pflegen eine Vorstellung, die historisch betrachtet als Vorstufe zum Trinitarismus gesehen werden kann. Im Binitarismus besteht die Gottheit aus Vater und Sohn, und ein heiliger Geist gibt es als separate Person in der Gottheit nicht.
  • Gott ist Drei-in-Einem: Trinitarier sehen Gott als Dreieiniger Gott. Trinität ist die Vorstellung, dass der eine Gott aus drei Personen besteht: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Diese letzte Sicht hat sich in den institutionalisierten Kirchen etabliert.

Heute sind viele Christen der Ansicht, dass der Trinitarismus (die Dreieinigkeitslehre) die beste Darstellung von Gott ist. So einfach ist das aber nicht. Andere Christen haben diese trinitarische Sicht über die Jahrhunderte als Irrlehre abgewiesen. Eine Übersicht verschiedener Sichtweisen gibt es etwa auf Wikipedia: Antitrinitarier.

Die richtige Frage lautet nicht: Wie viele sind es denn? Vielmehr geht es darum, dem Ausdruck, dass Gott Einer ist, entsprechend Raum zu geben. Dabei müssen logischerweise Fragen dazu gestellt werden, wie das denn mit Jesus und mit dem Heiligen Geist ist. Sind da Vorstellungen eingeschlichen, die nicht mehr mit der Schrift übereinstimmen, oder hat man nach Jahrhunderten endlich entdeckt, wie es nun wirklich sei? So viel sei hier vorweggenommen: Die Bibel spricht an keiner Stelle von einem zwei-einigen oder drei-einigen Gott. Es gibt keine Bibelstelle dazu, die das erklärt. Die Idee war den Schreibern des Neuen Testaments unbekannt. Keiner verweist danach. Diese Sichtweisen werden erst Jahrhunderte später abgeleitet. Die Argumente, soweit sie aus der Schrift stammen, lassen sich selbstverständlich prüfen.

Wer ist Gott? Das ist die eigentliche Frage, über die es sich nachzudenken lohnt. Wie wir uns Gott vorstellen, hat jedoch weitgehende Konsequenzen auf die Art, wie wir die Bibel lesen, daraus Wertvolles ableiten und in Konsequenz unsere Zuversicht im Alltag prägen. Jede Vorstellung hat eine Folge. Auch deshalb ist wichtig, sich Gedanken zu machen, weil es nicht egal ist, was wir denken.

Der eine Gott

Gott ist Einer. Gott ist nicht «Drei». Die Bibel ist da ganz eindeutig, sowohl in der Tenach (z.B. 5Mo 6,4) als auch im Neuen Testament (1Kor 8,6).

In klarem Widerspruch mit dem biblischen Zeugnis steht die Lehre einer Zweieinigkeit oder Dreieinigkeit, wonach Gott zwar irgendwie Einer wäre, aber im Wesen doch verschiedene «Personen» beinhalte: Vater, Sohn (und Heiliger Geist in der Lehre der Trinität). Erstaunlich ist, dass die Bibel selbst mit keinem Wort von der Dreieinigkeit spricht. Auch eine Zweieinigkeit im Sinne von «Gottheit» ist in der Schrift kein Thema. Weder gibt es diesen oder einen ähnlichen Ausdruck, noch wird an einem anderen Ort das Prinzip erklärt. Das macht es natürlich schwierig, eine direkte Aussage zu tätigen. Die Lehren werden also «abgeleitet» aus Bibelstellen, die das direkt nicht aussagen. Solche Bibelstellen bedürfen extra Aufmerksamkeit.

Man kann in der Bibel sehr vieles nachlesen, über Gott, den Vater, über Seinen Sohn und ebenso über Gottes Geist. Keines dieser Aussagen muss bezweifelt werden. Sie begründen m.E. jedoch nirgendwo eine Zweieinigkeit oder gar Dreieinigkeit.

Weil die Bibel mit keinem Wort von dieser Lehre spricht, fällt es mir auch nicht schwer, sie abzulehnen. Die Bibel spricht nicht von einer Dreieinigkeit, also sehe ich keine Notwendigkeit, daran glauben zu müssen. Die Lehre der Dreieinigkeit entstand als kirchliches Dogma zwischen dem 4. und 7. Jahrhundert und wurde in einer Reihe von Konzilien gegen andere Einsichten durchgesetzt. Dies geschah so überzeugend (oder: so wenig überzeugend), dass jeder, der nicht an diese Lehre glaubt, exkommuniziert werden sollte. Bis heute sind viele Christen felsenfest davon überzeugt sind, dass die Dreieinigkeit in der Bibel gelehrt wird, und dass jeder, der das ablehnt, ein Häretiker sein muss. Nichts aber ist weiter von der Wahrheit entfernt.

Das Ziel der Beiträge auf dieser Seite ist es, typische Bibelstellen zum Thema im eigenen Licht zu betrachten. Ich lade Dich ein, mit Neugierde mitzulesen und selbst zu prüfen, was an den Bibelstellen dran ist. Eine kritische Auseinandersetzung will eine eigene Meinungsbildung unterstützen. Darum geht es auch hier.

Die Dreieinigkeit ist ein Dogma. Als solches ist sie das Resultat einer theologischen Auseinandersetzung. Obwohl sich eine Dreieinigkeit nicht in der Bibel zurückfinden lässt, so gibt das Dogma doch einen interessanten Einblick in die theologische Auseinandersetzung selbst. Das Dogma ist immer eine Formulierung einer bestimmten Erkenntnis, die sich dann gegenüber andere Erkenntnisse durchgesetzt hat. Dabei ging es nicht nur um Theologie allein, sondern auch um Macht und Vorherrschaft, und um bestimmte Fragen und Strömungen, die sich dazumal ergaben. Ein Dogma muss – als menschliche Folgerung – nicht per se die Stimme Gottes und die Wahrheit sein. Dogmen sind fest in der damaligen Welt eingebunden und sprechen von den Auseinandersetzungen der alten Kirche.

Was aber lesen wir über Vater, Sohn und Heiliger Geist? Das lässt sich mit Gewinn in der Bibel nachspüren. Persönlich interessiert mich nur eine Frage: Wer ist Gott? Damit meine ich nicht: «Wer von den Dreien», als müsse man zwischen Vorstellungen wählen und an einem unbekannten Ort die «richtige Sicht» abhaken. Es geht nicht um eine Wahl, ob Unitarismus, Binitarismus oder Trinitarismus. Das sind nur in Lehren kondensierte Erkenntnisse von Menschen. Vielleicht sind sie hilfreich, weiteres zu erfahren, aber keines dieser Lehren «muss» geglaubt werden. Viel interessanter erscheint mir die Frage danach, wie sich Gott in und durch die Schrift erkennbar macht.