Die nachfolgenden Überlegungen wurden zusammengefasst im Hinblick auf weitreichende theologische Konflikte zwischen einer traditionellen «Himmel- und Hölle-Lehre» einerseits und dem deutlich positiveren Ausgang von Gottes Wegen, wie es eine «Allaussöhnung» lehrt.

Der Umgang mit unterschiedlichen Lehren

Die Hölle-Lehre ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie man zu unterschiedlichen Ansichten kommt. Einige verteidigen die Hölle stilecht zu Feuer und Schwert. Andere kommen zu anderen Ansichten. Der Umgang mit der Schrift ist der eigentliche Grund der Differenzen. Deswegen steht die Hölle-Lehre exemplarisch für weitere Themen. Die Hölle-Lehre einerseits und die Allaussöhnung andererseits sind konträre Lehrmeinungen. Sie möchten hier aus zwei Gründen erwähnt sein:

  1. Es sind aktuelle Beispiele unterschiedlicher Lehren
  2. Die Auseinandersetzung kann aufzeigen, wie man sich mit irgendwelchen Lehren prüfend auseinandersetzen kann.

Wie gehen wir mit unterschiedlichen Ansichten um?

Es liegt in der Natur der Sache, dass Befürworter einer Richtung die beiden anderen Interpretationen ablehnen. Solange dabei eine gesunde Haltung gepflegt wird, lässt sich trotzdem ein tiefergehendes Gespräch pflegen. Es geht dann immer um die Fragen, wer Gott ist, und wie Er handelt. Vordergründig steht die Hölle-Lehre oder die Allaussöhnung (Allversöhnung). Dahinter steckt jedoch ein Gottesverständnis. Darum geht es. Es ist auch sehr interessant, von anderen zu erfahren, weshalb anders gedacht wird. Dabei lassen sich trotz unterschiedliche Sichtweisen oft wertvolle Einblicke gewinnen. Aus unterschiedlichen Gründen werden manchmal unterschiedliche Standpunkte eingenommen. Vielleicht hat man etwas erkannt, was die andere Seite so noch nie betrachtet hat.

Ein gesunder Vergleich lässt sich mit folgenden Fragen erreichen:

  • Was spricht dafür?
  • Was spricht dagegen?
  • Was lässt sich befriedigend beantworten, was vielleicht (noch) nicht?
  • Wie gehen wir damit um?

Da es ehrliche Fragen sind, geht es nicht mehr um ein Wunschdenken oder um die Verteidigung einer Tradition. Es geht schlicht darum, die Bibel zu verstehen und zu prüfen, was an diesen Ansichten dran ist. Das ist nüchtern, Glaubens-fördernd und gemeinschaftsbildend.

Was dafür spricht, will erst einmal wahrgenommen werden. Das braucht Mut in einer Umgebung, die das ablehnt oder wenn man fest davon überzeugt ist, dass die eine oder andere Sicht in der Bibel keinen Anhaltspunkt hätte.

Das Umgekehrte trifft aber auch zu: auch was dagegen spricht, will wahrgenommen werden. Es geht an keiner Stelle darum, etwas auszublenden. Erst dann lässt sich etwas prüfen. Die Herausforderung liegt darin, dass es zu mehr als einer Sichtweise tatsächlich Anhaltspunkte gibt. Man ist aufgefordert, andere Blickwinkel einzublenden statt auszublenden, hinzuhören statt wegzusehen.

Lässt man dies zu, kann mit gesunder Distanz das Dafür und Dawider betrachtet werden. Oder mit anderen Worten: Ein klarer Blick für die Aussagen einer umfassenden Rettung ist ebenso nötig wie die nüchterne Betrachtung aller Gerichtsaussagen.

Wenn an den Dachbalken gerüttelt wird

Typischerweise handelt es sich bei diesen Fragen nicht einfach nur um eine Handvoll Bibelstellen, sondern gleich um ein Gesamtverständnis vieler Dinge. Weil diese Fragen bis ins Zentrum des biblischen Gedankenguts reichen, werden viele Themen berührt. Sich damit auseinanderzusetzen, kann Stress auslösen oder eine grosse Bereicherung sein. Beide Reaktionen sind möglich. Wie gehen wir damit um und wie möchten wir damit umgehen?

In einer Auseinandersetzung wird man bald merken, dass es um grundlegende Themen geht, etwa:

Alle diese Themen berühren sich gegenseitig. Rüttelt jemand an dem theologischen Haus einer bestimmten Ausprägung und stellt eine althergebrachte Meinung in Frage, dann löst sich der Staub nicht nur von den Wänden, sondern vielleicht auch gleich von den Dachbalken, den Bücherschränken im Wohnzimmer und den Schränken in den Korridoren. Weil dies so ist, sind vorschnelle Antworten wohl nicht angebracht.

Hilfreich bei einer Orientierung ist ein Vergleich der verschiedenen Bibelauslegungen zu wichtigen Bibelstellen. Wie liest sich die Bibelstelle im eigenen Kontext? Hat jemand anders eine bessere Erklärung im Kontext? Auch: Wie legen andere Lehrströmungen diesen Text aus? Wird auch der Grundtext miteinbezogen? Wie werden Bibelstellen der Gegenposition ausgelegt? Habe ich vielleicht etwas übersehen, was andere besser erkannten? (Hier gibt es weitere Hilfen)

Wie es weitergeht

Es sind diese konsequenten Fragen, die mich selbst zur Allaussöhnung geführt haben. Das ist meine klare Antwort. Ich habe die Antwort aber nur für mich. Auch wenn ich teile, was ich denke, ist das nur als Anregung gedacht. Glaube kann man nur für sich vor Gott haben (Röm 14,22).

Ich fand im Vergleich vieler Exegesen die besten Betrachtungen in einer bestimmten Ecke. Als ich die mir wichtigen Fragen über Hölle und Allaussöhnung gelöst hatte, war es für mich klar, dass die Hölle eine Irrlehre ist, während die Bibel tatsächlich eine Allaussöhnung lehrt. Zusammen mit den besten Auslegungen für «schwierige» Texte entdeckte ich in der Allaussöhnung auch die klarste Ausrichtung auf Christus – ganz entgegen den landläufigen Meinungen. Das will jedoch nicht heissen, dass ich «die Bibel im Sack» habe, noch sind alle Details immer sonnenklar. Das waren sie auch für Paulus nicht, der schrieb:

«O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind Seine Urteile und wie unausspürbar Seine Wege!»
Röm 11,33

Hier ist nicht jedes Detail bekannt. Trotzdem spricht Paulus über so bedeutende Dinge wie Gottes Urteile und über Seine Wege. Die Begrenztheit des eigenen Erkennens hat Paulus nicht davon abgehalten, die gesamte Weltgeschichte sicher in Gottes Händen zu sehen. So schreibt er im gleichen Abschnitt anschliessend:

«Denn aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin ist das All! Ihm sei die Verherrlichung für die Äonen! Amen!»
Röm 11,36

Ursprung, Werdung und Ziel aller Dinge werden hier genannt, auch wenn Details unbekannt sein mögen. Wir müssen nicht alles wissen, um Gott zu vertrauen. Was aber geschrieben ist, dürfen und sollten wir kennen. Auch mit dem Ziel Gottes sollten wir vertraut sein.

Gottvertrauen

Wenn wir bei einer Auseinandersetzung – auch mit unterschiedlichen Ansichten – etwas von diesem Gottvertrauen wachsen lassen, dann haben vielleicht alle im Gespräch gewonnen. Glauben im alttestamentlichen und im neutestamentlichen Sinne ist stets ein Vertrauen. In der Auseinandersetzung um Theologien kann man dazu verleitet werden, «Glaube» als ein «für wahr halten» zu interpretieren. Glaube wird dann aus dem ursprünglichen Vertrauen, aus der Beziehung gelöst und als abstrakte Wahrheit definiert, die man zu glauben hat. Das ist aber kein Gottvertrauen mehr und es hat herzlich wenig noch mit dem biblischen Begriff des Glaubens zu tun.

Eine theologische Auseinandersetzung darf stets das «Wozu» vor Augen haben, und nicht nur das «Was». Es darf stets die Beziehung voranstellen, die auf einem Rufen Gottes basiert, um sich nicht in einem entseelten und entgeistlichten Grabenkampf wiederzufinden. Möchten wir eine Lehre prüfen, dann geht es auch um diese Aspekte. Unschwer lässt sich daraus wirklich geistliches Leben ableiten, wo der Mensch in seinem Vertrauen einfach nur Ihm vertraut. Daraus wächst Zuversicht. Wer so gestärkt ist, kann getrost dem Nächsten, sich selbst und vor allem Gottes Handeln den gebührenden Raum schenken.