Du möchtest eine Bibelgruppe starten? Grandios! Hier einige Tipps und Hinweise, die nicht nur für Bibelgruppen, sondern auch für Hauskreise oder jede andere Art der Begegnung hilfreich sein können.

Während den letzten Jahrzehnten habe ich vielleicht ein Dutzend Bibelgruppen geführt, meist für viele Jahre. Keine Gruppe war gleich. Die Menschen, aber auch die Anliegen waren unterschiedlich. Mit der Zeit habe ich unterschiedliche Ansätze schätzen gelernt.

  • Einige suchen nur Geselligkeit
  • Andere suchen aktiven Austausch zu Lebensthemen
  • Wieder andere möchten die Bibel richtig studieren
  • Manche wünschen sich lediglich eine Einführung in die Bibel
  • Einige wollen wissen, wie man als Christ lebt
  • Viele wünschen sich eine Kombination mehrerer dieser Ansätze.

Man könnte also ein geselliges Beisammensein mit gemeinsamer Bibellese vorstellen, oder ein richtiges Bibelstudium mit Studienbüchern auf dem Tisch. Andere wollen gemeinsam kochen und essen, und dabei unbesorgt und frei über ihre täglichen Glaubenserfahrungen sprechen. All diese Dinge können eine Bereicherung sein. Wichtig ist hauptsächlich, dass jeder weiss, was man für sich selbst benötigt.

Alternativ gibt es auch Gruppen, die unterschiedliche Aktivitäten pflegen, also etwa einen Abend intensives Bibelstudium, aber im Wochenende auch einen Grillabend für den geselligen Austausch und vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt ein gemeinsames Projekt zugunsten der Nachbarschaft. Diese und weitere Ideen können die Bibelgruppe zu einem Universalwerkzeug christlicher Lebenskunst machen.

Denkt man sich, wie Bibelgruppen sein können, dann geht es auch um die Haltung, die man erfährt. Da geht es um Begriffe wie Offenheit, authentische Begegnung und solcher Dinge. In einer Bibelgruppe geht es um mehr als nur um die Bibel, wenn wir das Gelesene im Alltag erfahren wollen.

1. Aller Anfang ist leicht

Du willst eine Bibelgruppe gründen? Genial! Dann beginne einfach. Mache den ersten Schritt und lerne im Gehen. Es ist ein Abenteuer.

Einfaches Rezept:

  • Finde ein paar an der Bibel interessierte Menschen
  • Wähle einen Tag, eine Uhrzeit, einen Raum für das gemeinsame Treffen
  • Jeder bringt die eigene Bibel und etwas zum Schreiben mit.

Das ist alles für den Start. Natürlich ergeben sich noch viele Fragen, aber diese Dinge markieren den Kern für eine neue Bibelgruppe. Halte es einfach. Halte es offen. Der Wunsch etwas auszutauschen ist wichtiger als fixe Vorstellungen darüber, wie es ablaufen «sollte».

2. Finde den Fokus

Kläre die Anliegen. Nicht jeder denkt gleich, nicht jeder wünscht sich dasselbe.

Manche sind richtig hungrig danach, mehr über die Bibel zu erfahren. Sie möchten sich intensiv mit dem Text auseinandersetzen. Andere dagegen möchten sich eher über alltägliche Themen unterhalten, und aus der Bibel Zuspruch schöpfen. Wieder andere möchten vielleicht nur Antworte auf ganz spezifische Fragen erhalten. Je früher man die Unterschiede kennt, desto besser lässt sich den Fokus einer neuen Bibelgruppe entdecken.

Eine solche Klärung ist wichtig, denn wenn die Anliegen der Gruppe nicht mit den persönlichen Anliegen übereinstimmen, wird es auf Dauer schwerfallen, den Fokus beizubehalten. Ich habe in sehr vielen unterschiedlichen Gruppen teilgenommen und viele selbst geführt. Heute weiss ich recht genau, was ich selbst von einer Bibelgruppe erwarte. Auch weiss ich, dass es viele unterschiedliche Gruppen gibt. Deshalb sollte jeder frei wählen können, welche Art von Gruppe er oder sie beitreten will. Menschen sind geneigt, das eigene Verständnis selbstredend bei anderen vorauszusetzen. Das stimmt natürlich nicht – jeder denkt anders.

Sprecht die Vorstellungen und Wünsche offen an. Vielleicht entstehen aus den ersten Gesprächen sogar zwei verschiedene Gruppen?

3. Kläre die Struktur

Dieser Punkt klärt «wie» man etwas machen will, nicht «was» man machen will.

Beginnt man eine neue Gruppe, kann man natürlich die eigenen Gedanken als Erstes äussern. Vielleicht ist das sogar hilfreich. Du kannst von Anfang an klarstellen, was Du suchst. Dadurch erfahren andere Menschen automatisch, ob die Idee für sie passt oder nicht. Es ist wie eine Vorauswahl von Möglichkeiten.

Findet man jedoch zusammen, geht es um eine Ausrichtung und vielleicht um eine minimale Struktur. Wer trägt wofür Verantwortung? Manche Leute leiten sehr natürlich, während andere sich lieber zurückhalten. Deshalb ist es wichtig, darüber zu reden, wie man sich organisieren möchte und keiner bei den Überlegungen «untergeht» (manchmal möchten typische Leiter auch einfach nur mitmachen!).

  • Wo trifft man sich?
  • Wie kommuniziert man? Wann? Wie häufig?
  • Wie entscheidet man über das weitere Vorgehen?

Spreche auch darüber, wie man es jetzt und vielleicht in Zukunft sieht. Man wird merken, dass es Menschen gibt, die Verantwortung übernehmen wollen, und solche, die sie lieber abgeben. Für eine realistische Einschätzung der Ressourcen in der Gruppe sollte man über diese Dinge immer in Gespräch bleiben und vielleicht periodisch eine Standortbestimmung machen.

4. Finde ein Thema

Hat man sich als Gruppe gefunden, geht es darum, das gemeinsame Anliegen umzusetzen. Man wünscht sich eine Bibelgruppe, ein Hauskreis oder ein anderes Treffen aus einem bestimmten Grund. Dieser Grund soll in etwa die Thematik vorgeben können.

Sofern man sich mit der Bibel auseinandersetzen möchte, stellt sich häufig die Frage, wer in die Bibel einführen kann. Nicht immer ist jemand da, der sich bereits vertieft mit der Bibel auseinandergesetzt hat. Wie kann man damit umgehen?

  • Finde Antworte im gemeinsamen Gespräch. Es ist oft erstaunlich, was man zusammenbringt!
  • Wenn nötig, suche jemand, der Ideen einbringt, der bereits Erfahrung hat.
  • Suche nicht die Perfektion, denn die benötigt es nicht. Sei bereit, gemeinsam «vorwärtszustolpern».

Redet man immer nur «unter sich», kennt man spätestens nach zwei Jahren jede Meinung und Vorliebe voneinander. Wachstum benötigt jedoch neuen Input. So kann man sich neuen Input holen:

  • Untersuche ein neues Thema gemeinsam
  • Wechselnd bereitet sich jemand aus der Gruppe vor
  • Lade jemand ein, eine Einführung zu geben
  • Lese gemeinsam ein Buch zum Thema und diskutiere
  • Schaue gemeinsam Videos und diskutiere
  • Gehe gemeinsam in einen Gottesdienst oder an eine Vorlesung und diskutiere danach.

5. Fördere Wachstum

Jede Gemeinschaft steht in einem Prozess. Alles Lernen ist prozesshaft. Vielleicht darf man entdecken, dass es nicht um «richtig oder falsch» geht, sondern darum, zu Christus hinzuwachsen, wie es heisst:

«Wenn wir aber wahr sind, sollten wir in Liebe alles zum Wachsen bringen, hinein in Ihn, der das Haupt ist, Christus, von dem aus der gesamte Körper

(zusammen verbunden und vereinigt durch jede Einverleibung des Dargereichten entsprechend der Wirksamkeit nach dem Mass jedes einzelnen Teils)

das Wachstum des Körpers vollzieht, zu seiner eigenen Auferbauung in Liebe.»
Epheser 4,15-16 (Konkordantes Neues Testament)

Wachstum ist lebendig. Wachstum ist das Ziel jeder Gruppe. Die Auferbauung geschieht dabei in Liebe und jeder hat nicht nur etwas beizutragen, sondern man hilft einander, das Ziel (Christus) vor Augen zu halten. Authentisches Christsein hat immer auch mit authentischem Menschsein zu tun. Die Form, die dafür in der Gruppe gesucht wird, ist immer nur eine von vielen Möglichkeiten. Es geht jedoch nie um die Gruppe, sondern darum, was man damit erreichen möchte, wie Paulus hier oben beschreibt.

6. Schaffe gesellschaftliche Relevanz

Funktioniert die Gruppe, hat man eine innere Stabilität gefunden. Damit wird die Gruppe auch tragfähig für einander und für Andere. Es geht um gesellschaftliche Relevanz und darum, ob man sich vorstellen kann, für andere Menschen einen Unterschied zu machen.

Evangelikal geprägte Christen wird häufig eingetrichtert, man müsse dabei stets am «evangelisieren» denken, damit Menschen «von der Hölle gerettet» werden. Bei jeder Begegnung schwingt eine verborgene Agenda mit. Das ist kontraproduktiv. Solche Sichtweisen findet man nicht in der Bibel. Es sind ideologische Prägungen, die nicht hilfreich sind, sondern eher authentische menschliche Begegnungen (und damit authentische Gespräche über Gott und die Welt) im Wege stehen.

Gesunde menschliche Begegnungen gründen darauf, dass man im Gegenüber einen Mitmenschen erkennt, nicht bloss ein Objekt, das sich bekehren muss. Gott hat uns zu Menschen gemacht. Feiern wir dies in Dankbarkeit zu Gott, und ohne Ansicht der Person. Gott weiss schon, wie er mit mir, mit Dir und mit jedem anderen zum Ziel kommt.

Wie kann man als christliche Mini-Gemeinschaft für andere einen Unterschied machen? Das ist ganz einfach: Teile am menschlichen Erleben, lade zu einer Mahlzeit, zu einer Wanderung oder zu einem Austausch beim Kaffee ein. Hast Du ein Hobby? Treffe Dich mit anderen Gleichgesinnten. So lernt man sich kennen.

Viele Menschen helfen gerne. Der Nachbar ist vielleicht ein Grillspezialist. Vielleicht will er uns einfach an einem Nachmittag zeigen, wie man richtig grillt? Interesse verbindet. Das gilt für viele andere Dinge. Schenkt man einander Aufmerksamkeit, gewinnen alle. Wer weiss, welch kostbare Begegnungen daraus entstehen!

Selbstredend gibt es viele weitere Punkte, die man betrachten kann. Mit dieser Auswahl wollte ich zeigen, dass es nicht nur um theologische Standpunkte geht. Ich will mein Christsein kongruent mit meinem Menschsein leben. Dazu können wir einander ermutigen. Ein guter Rahmen dazu ist eine Bibelgruppe, ein Hauskreis oder etwas anderes in diese Richtung.

Vertiefung

  • Was hältst Du von diesen Ansätzen?
  • Warst Du bereits einmal in einer Bibelgruppe? Was war Deine Erfahrung?
  • Manche Bibelgruppen sind auf bestimmte Lehren, bestimmte Lehrer («Gurus») fokussiert. Hast Du das schon mal erlebt? Wie war das?
  • Was für eine Gruppe wäre für Dich gut? War das schon immer so?