Es gibt ein Problem mit dem Buch Offenbarung. Es steht am Ende der Bibel und viele Menschen nehmen stillschweigend an, dass dieses Buch deshalb das Ende von allem beschreibt. Weil man das so denkt, wird es schwer, sich vorzustellen, dass der zweite Tod einmal aufgehoben wird, denn das wird im Buch Offenbarung nicht beschrieben. Was kann man dazu sagen?

Das erste Buch der Bibel beschreibt nicht einen absoluten Anfang und das letzte Buch der Bibel beschreibt nicht ein absolutes Ende. Beides wurde bereits auf dieser Website ausführlicher begründet, etwa im Beitrag «Hat das Buch Offenbarung das letzte Wort?».

Es ist verständlich, dass man die ersten Dinge am Anfang und die letzten Dinge am Schluss der Bibel erwartet. Bedenken wir aber auch, dass die Bibel nicht einfach Seite um Seite von vorn nach hinten geschrieben wurde, sondern, dass verschiedene Schriften zur Bibel zusammengefasst wurden. Es gab keinen Plan für «die komplette Bibel», sondern es ist das, was wir heute haben. Es ist eine Bibliothek, worin Menschen nach und nach den Wert dieser Bücher erkannten. Die Bücher wurden zwar geordnet, aber nicht etwa so, wie das in einer Chronologie und Geschichtsschreibung gemacht werden kann. Aus der Reihenfolge der Bücher bestimmte Annahmen abzuleiten, kann leicht in die Irre führen.

Eine Folge einer solchen Einschätzung ist, dass man die Bemerkungen am Schluss der Offenbarung als Schlussbemerkungen sieht, als wird hier der weiteste Weitblick genannt. Das ist jedoch nachweislich nicht korrekt.

Die Offenbarung beschreibt unvollkommene Dinge

Eines der erstaunlichen Dinge bei der Überlegung der letzten Dinge ist dies: Die Offenbarung beschreibt nicht das Ende. Zwar heisst es, dass Gottes Zelt bei den Menschen sein wird (Offb 21,3). Ein Zelt ist jedoch eine vorübergehende Bleibe. Es ist keine abschliessende Situation. Ebenfalls heisst es, dass Er alles neu machen wird (Offb 21,4), was darauf hindeutet, dass es weiterhin nicht so weit ist. Es ist erst im Entstehen.

Im letzten Kapitel heisst es dann, dass es einen Strom des Wassers des Lebens geben wird, der aus dem Thron Gottes und des Lämmleins hervorgeht. Beidseitig von diesem Strom war «Holz des Lebens», das jeden Monat Frucht trägt und dessen Blätter «zur Heilung der Nationen sind» (Offb 22,1-2). Daraus kann man entnehmen, dass nicht alles «heil» ist, sondern Genesung nötig bleibt und diese Blätter tatsächlich eine Funktion haben. Das letzte Kapitel der Offenbarung beschreibt zwar eine ausserordentlich gute Situation, verglichen mit anderen Zeiten, aber perfekt ist es nicht.

Ausserdem wurden Menschen nach dem Gericht vor dem Grossen Weissen Thron in den Feuersee geworfen und diese Menschen erleiden dann ihren zweiten Tod (Offb 20,11-15). Diese Menschen sind dann erneut «tot». Auch das ist keine perfekte Situation, aber es ist nicht das Ende.

Das Ende aller Dinge

Weiter als die Offenbarung schaut Paulus. Das sieht man an mehreren Stellen, unter anderem in 1. Korinther 15,20-28. Dort geht es um die Auswirkung der Auferstehung Jesu. Er wurde nämlich als Erster der Entschlafenen «lebendig gemacht». Das ist mehr als nur Auferstehung zu diesem Leben.

Andere wurden bereits vor Jesus auferweckt, etwa Lazarus, Sein Freund (Joh 11). Lazarus und andere wurden jedoch wieder zu diesem Leben erweckt. Jesus jedoch erhielt als erster und bislang einziger Unsterblichkeit (vgl. 1Tim 6,16). Dafür wurde in 1. Korinther 15 ein neues Wort eingeführt: «Lebendig machen» bezeichnet mehr als nur Auferstehung oder Auferweckung. Lebendigmachung ist einmalig und führt zu Unsterblichkeit.

Die Verheissung in 1. Korinther 15,20-22 besagt, dass Jesus nicht nur auferstanden, sondern auch lebendig gemacht wurde. Und zwar als Erstling aus den Toten. Er ist die Vorhut für die Auferstehung aller Menschen, die von Adam abstammen. So nämlich, wie in Adam alle sterben, werden in Christus einst alle lebendig gemacht (1Kor 15,22). Das betrifft alle Menschen, ganz unabhängig von Glauben oder irgendwelchen frommen Werken. Das ist der gewaltige Ausblick, der Paulus den Korinthern schreibt, wo einige meinten, dass die Auferstehung «fake» sei.

Die Auferstehung sei jedoch alles andere als «fake» und Paulus nimmt die Auferstehung – mehr noch, die Lebendigmachung – als Ausgangspunkt für einen Ausblick, den niemand so bislang erzählt hat. Auch in der Offenbarung liest man nichts darüber. Paulus nennt, dass alle Menschen, die in Adam sterben, einst in Christus lebendig gemacht werden. Das sind dieselben alle. Es betrifft alle Menschen, die sterblich sind oder gestorben sind. Sie werden alle lebendig gemacht, hinter der Kraft und dem Einflussbereich des Todes.

Diese spezielle Auferstehung zu Unsterblichkeit geschieht jedoch in Phasen. Paulus beschreibt die Auferstehung und Lebendigmachung, aber erwähnt, dass dies in mehreren Schritten stattfinden wird, nämlich «jeder in seiner besonderen Abteilung»:

  1. Der Erstling Christus
  2. darauf die Christus Angehörenden, bei seiner Anwesenheit (gr. parousia)
  3. danach die (übrigen bei der) Vollendung (oder: danach die Vollendung – nämlich der Lebendigmachung aller)

Die dritte Stufe wird in vielen Übersetzungen heruntergespielt. Im Kontext drängt sich diese Sicht jedoch auf, weil aus den Stufen 1 und 2 weiterhin nicht die gesamte, von Adam abstammende Menschheit, lebendig gemacht wurde. Das Thema dieser Bibelstelle befasst sich mit der Auferstehung und Lebendigmachung aller. Wann dieser letzte Teil stattfindet, wird anschliessend klar beschrieben:

  • (die Vollendung der Lebendigmachung)
  • wenn Er die Königsherrschaft Seinem Gott und Vater übergeben
  • wenn Er jede Oberherrschaft, jede Obrigkeit und Macht aufheben wird.
  • Denn Er muss als König herrschen,
  • bis (!) Er alle Seine Feinde unter Seine Füsse legen wird.

Von diesem Ablauf liest man im Buch Offenbarung noch gar nichts. Paulus schaut weiter als Johannes. Hier beschreibt Paulus etwa, dass Christus die Königsherrschaft ablegen wird, sobald alles untergeordnet ist. Dann wird Er selbst seine Königsherrschaft Seinem Gott und Vater übergeben.

Doch damit nicht genug. Paulus gibt noch weitere Einblicke zu dieser Zeit:

  • der letzte Feind, der abgetan wird, ist der Tod
    • Denn alles ordnete Er Ihm unter: unter Seine Füsse.
    • Wenn Er dann sagt: Alles hat sich untergeordnet!,
    • so ist es offenkundig, dass Gott ausgenommen ist
    • der Ihm das All unterordnete.
  • Wenn Ihm aber das All untergeordnet ist,
  • dann wird auch der Sohn Selbst dem untergeordnet sein,
  • der Ihm das All unterordnete,
  • damit Gott alles in allen sei.

Der Tod wird aufgehoben

Wenn Paulus schreibt, dass der Tod der letzte Feind ist und dieser Aufgehoben wird, behaupten einige, das betrifft nur den ersten Tod und berührt den zweiten Tod nicht. Da haben einige auf das Zählwort geachtet, aber vergessen, dass gerade dieser Umstand deutlich macht, dass es bei erstem und zweitem Tod beides um «Tod» geht. Das Zählwort bestätigt, dass es dasselbe ist, weswegen es gezählt werden kann.

Im Kontext von Offenbarung 20, wo dieser zweite Tod genannt wird, lesen wir, dass Tote vor dem Grossen Weissen Thron stehen (Offb 20,12). Dort ist «Tote» ein Verweis an die Menschen, die bis dahin tot waren und nicht Teil der ersten Auferstehung waren (Offb 19,5). Nüchtern betrachtet stehen Tote jedoch nicht. Daraus geht hervor, dass diese Menschen, einst gestorben, dort auferweckt wurden, zum Gericht und deshalb vor dem Grossen Weissen Thron stehen konnten. Sie waren zu dem Zeitpunkt nicht mehr tot und – sofern sie anschliessend am Gericht in den Feuersee geworfen werden – sterben sie dort einen «zweiten Tod» (Offb 20,14-15). Im Klartext: Sie sterben zum zweiten Mal, nun durch das Feuer, und sind dann erneut «tot». So schreibt Johannes: «Dies ist der zweite Tod: Der See des Feuers». Das Feuer ist «Ursache des zweiten Todes».

Wer demnach in den Feuersee geworfen wird, stirbt erneut. Dies sind die Toten, die während den letzten Kapiteln der Offenbarung weiterhin nicht auferweckt sind. Diese Menschen stammen auch von Adam, wurden aber bislang nicht in Christus lebendig gemacht, wie Paulus darüber schreibt.

Paulus jedoch beschreibt, dass einst der Tod, als letzter Feind, abgetan wird. Wenn das geschieht, kommt Leben und Unvergänglichkeit, wie er andernorts bezeugt:

«Unser Retter Christus Jesus, der den Tod aufhebt und dafür Leben und Unvergänglichkeit ans Licht bringt durch das Evangelium, für das ich [Paulus] als Herold, Apostel und Lehrer der Nationen eingesetzt wurde.»
2Tim 1,10-11

Dieser Ausblick von Paulus ist gigantisch. Es war anders als alles, was die übrigen Apostel formulierten, es war weiter als der weiteste Ausblick, den wir in der Tenach oder in den Evangelien finden, weiter auch als die Offenbarung. Paulus wurde mit dieser frohen Botschaft nicht immer unterstützt. Er fährt weiter und schreibt:

«Das ist auch die Ursache, dass ich dies jetzt leide, jedoch schäme ich mich dessen nicht; denn ich weiss wem ich geglaubt habe und bin überzeugt, dass Er mächtig ist, das mir Anvertraute auf jenen Tag zu bewahren.»
2Tim 1,12, vergleiche auch 1Tim 4,9-11.

Wenn also der Tod als letzter Feind aufgehoben wird, kommt Leben und Unvergänglichkeit ans Licht. Das ist das Ende vom zweiten Tod. Das ist die Vorbedingung dafür, dass Gott «alles in allen» und nicht nur «etwas in wenigen» werden kann.

Diese Lebendigmachung ist ein Geschenk. Es ist nicht etwa, weil jemand «gläubig genug ist» oder «genau so glaubt, wie ich», sondern schlicht deswegen, weil es das ist, wozu Christus in die Welt gekommen ist. Die Frohe Botschaft ist die, dass jeder inbegriffen ist. Das hat Paulus zwar viel Ärger eingebrockt, aber es macht die Botschaft deswegen nicht kraftlos. Im Gegenteil, es zeigt, wie nötig gerade dieser Ausblick ist.

Es ist der Anfang

Wenn der Tod als letzter Feind abgetan ist und Christus das Königreich seinem Gott und Vater übergeben hat, wird Gott alles in allen werden. Das ist der weiteste Weitblick in der Bibel. Sie liegt weit hinter der Offenbarung. Und weiter kann man nicht schauen. Es scheint das Ende aller Offenbarung zu sein und was dahinter liegt, wird nicht offenbart. Es ist der Anfang für alles, was anschliessend kommt.

Was gesagt wird, ist dieses: Gott wird alles in allen sein. Er füllt alles und alle aus. Das ist das Ende aller Unvollkommenheit. Es ist der Tod abgetan und Leben herrscht. Mit Leben wird «unauflösliches Leben» gemeint. Alle, die in Adam starben, sind dann in Christus lebendig gemacht. Gott wird jeden Menschen ausfüllen. Das ist eine gute Nachricht. Das ist der Ausblick der Schriften. Der «Vorsatz der Äonen», der Gott in Christus gefasst hat (Eph 3,11), wurde dann erfüllt.

Es ist die beste Botschaft, die ich je gehört habe.