Manche Glaubensgemeinschaften stehen im Rampenlicht wegen Missbrauch. Es gibt verschiedene Arten des Missbrauchs. Die Folgen sind jedoch überall gleich: Menschen werden traumatisiert und geraten in Teufels Küche.

Missbrauch kann heute genannt werden. Die #MeToo Bewegung hat gezeigt, dass es vielen betrifft. Sexueller Missbrauch etwa betrifft ein Drittel aller Frauen. Sie erleben mindestens einmal im Leben einen sexuellen Übergriff, meist von einer Person aus dem unmittelbaren Umfeld. Auch Männer können solches erleben, aber statistisch gesehen nicht im gleichen Ausmass.

Verletzung der persönlichen Sphäre

Missbrauch prägt manchmal ein Leben lang. Die Verletzung der persönlichen Sphäre und Erschütterung der Sicherheit betrifft jedoch nicht nur die Sexualität. Es gibt viele weitere Übergriffe, die Menschen in ihrer persönlichen Sphäre verletzen. Es gibt emotionalen Missbrauch, und auch religiösen Missbrauch.

Bei religiösem Missbrauch werden Menschen unter die verletzenden Regeln der Gemeinschaft oder der leitenden Figuren gestellt. Gleichschaltung wird gefordert, das eigene Denken geächtet. Wer sich nicht einordnet und unterordnet, kann die Folgen zu spüren bekommen. In diesem Jahr gab es einen aufsehenerregenden Fall des Schweizer Chocolatiers Läderach, mit schwerwiegenden Missbrauchsvorwürfen. Genannt wurde von mehreren Personen Gewalt gegen Kinder. Dazu natürlich auch Einschüchterungen. Das ist kein Einzelfall. Auch etwa die Organische Christus-Gemeinde (OCG) aus Walzenhausen (Ostschweiz) hat in den letzten Jahren für negative Schlagzeilen gesorgt. Berichte von Aussteigern aus Sekten und sektenhaften Gruppen gibt es viele.

Es wäre jedoch weit gefehlt, wenn man Missbrauch auf physische oder sexuelle Gewalt reduzieren würde. Es geht viel weiter. Man denke auch an gruppendynamische Prozessen, soziale Ächtung, das vermeintlich drohende Gericht Gottes, Indoktrination und psychische Gewalt. Emotionaler Missbrauch ist ebenfalls ein Thema. Im amerikanischen Raum gibt es zu dieser Problematik weit mehr Aufmerksamkeit als hierzulande. Wer von religiösem Missbrauch betroffen ist, kann dadurch schwerwiegende Traumata erleiden. In den Vereinigten Staaten kennt man den Ausdruck «Religious Trauma Syndrom» (RTS), um diese Fälle zu beschreiben.

Missbräuchlich wird es dann, wenn andere Menschen verletzt, eingeschüchtert und manipuliert werden.

Religiöse Traumata entstehen jedoch nicht nur in «typisch religiösen Sekten». Viele weitere Glaubensgemeinschaften sind betroffen, nicht zuletzt durch eine entsprechende Gemeindekultur und lehrmässige Ansichten. Achtung: Es geht nicht um die Lehre, sondern um die daraus resultierende Kultur und Haltung. Missbräuchlich wird es dann, wenn andere Menschen verletzt, eingeschüchtert und manipuliert werden.

Von der Hölle-Lehre geschädigt

Die Hölle-Lehre ist eine Drohbotschaft. Sie wird zwar von vielen angehangen, aber sie fehlt in der Bibel. Das wurde auf dieser Website ausführlich dargelegt. Ich bin vielen Menschen begegnet, die von dieser Lehrmeinung übelst betroffen sind. Lebenslange Angstzustände sind häufig eine Folge. Wer in der Jugend betroffen war, tut sich oft schwer, sich sogar im Erwachsenenleben davon zu befreien. Wer als Erwachsener zu Gemeinschaften stösst, die eine Hölle predigen, werden im Gottesbild oft schwer verunsichert. Das trifft auch dort zu, wo die Hölle-Lehre wenig genannt wird, aber im Hintergrund stets anwesend ist.

Die Hölle ist nicht nur ein dunkles Erbe der Christenheit, sondern eine düstere Wolke, die über das Leben vieler Menschen hängt. Wohlverstanden: Sie hängt über das Leben von Gläubigen. Obwohl es angeblich eine Drohbotschaft für Ungläubige sein sollte, trifft es vor allem die Gläubige.

  • Gläubige sind sich nicht sicher, ob dieser «Gott der Liebe» sie nicht doch einmal hängen lässt.
  • Gläubige sind beunruhigt, ob ihre Verwandten und Geliebte von Gott geliebt werden, wenn dieser ein Verfalldatum auf Seine Liebe gesetzt hat (wie es die Lehre naheliegt).
  • Viele sind zutiefst verängstigt über alltägliche Situationen, die womöglich ins Verderben führen, wenn es nicht exakt richtig gemacht wird.

Menschen werden bis heute von der Hölle-Lehre geschädigt. Es ist eine Schande, dass man diese Lehre nicht ernsthaft hinterfragt, zumal die Schrift mit keinem Wort von diesen mittelalterlichen Vorstellungen spricht. Das Problem liegt nämlich hier: Die Hölle-Lehre wurde zur Auszeichnung von Rechtgläubigkeit. Nicht die Frohbotschaft und Verkündigung der Gnade, sondern Zustimmung zur Drohbotschaft wurde zum Gradmesser für Rechtgläubigkeit. Es ist diese Verknüpfung, die zu einer weiteren unheiligen Schädigung führt:

  • Gläubigen wird Unglaube unterstellt, wenn Sie die Rechtmässigkeit der Hölle anzweifeln, sogar dann, wenn sie das aufgrund der biblischen Aussagen machen. Sie werden unter Druck gesetzt, entweder im traditionellen Höllen-Verständnis zu bleiben oder als Ketzer zu gelten und von der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden.

Sekten funktionieren so. Es wird vorgegaukelt, dass «echte Gläubige» an die Hölle glauben, aber «falsche Gläubigen» eben nicht. Wie kann man nun den Glauben bewahren, wenn man in einem solchen Umfeld aufwächst? Das ist fast unmöglich. Deswegen gibt es etwa diese Website, worin dazu ermutigt wird, selbst die Schrift zu befragen. Jeder darf selbst entdecken, dass die Bibel mit keinem Wort von dieser Hölle-Lehre spricht.

Erstaunlich ist, wenn man zum ersten Mal merkt, dass gerade die Aussagen der Bibel die wirksamste Art sind, die Hölle zu widerlegen.

Man muss die Bibel nicht verwerfen, wenn man die Hölle-Lehre prüft. Erstaunlich ist, wenn man zum ersten Mal merkt, dass gerade die Aussagen der Bibel die wirksamste Art sind, die Hölle zu widerlegen. Ausserdem gibt es gute Antworte auf alle Bibelstellen, die angeblich von einer Hölle sprechen.

Rechtgläubigkeit ist eine Falle

Bereits Jesus hat mit der Selbstgerechtigkeit so mancher religiösen Führer zu tun. Sie äusserte sich in Selbstgefälligkeit, Überheblichkeit und vermeintlicher Rechtgläubigkeit. Nicht selten soll eine Gesetzlichkeit durchgesetzt werden, eine bestimmte Sicht verbindlich erklärt werden. Ein Schwarzweiss-Denken prägt jede Rechtgläubigkeit und Selbstgerechtigkeit. Es sind die Menschen, die als erster «Ketzer» rufen, wenn etwas nicht im eigenen Sinne abläuft.

Rechtgläubigkeit ist eine Falle, denn wer in den Fängen streng religiöser Vorstellungen gerät, worin es für andere keinen Platz mehr hat, der findet nur schwer wieder hinaus. Ich kenne das aus eigenem Erleben und bin erstaunt, wie viele anderen Menschen das heute noch prägt. Das ist übrigens nicht auf eine bestimmte Denomination oder nur auf das Christentum begrenzt. Es ist eine Geisteshaltung, die von Menschen allgemein eingenommen werden kann. Religiöser Fanatismus hat überall auf der Welt dieselben Merkmale. Das wiederum lässt sich gut mit ideologischem Fanatismus, mit Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und dergleichen vergleichen. Es scheint mir nach ähnlichen Mustern abzulaufen: Die Projektion eigener Mängel und Unzulänglichkeit auf andere Menschen.

Religiöser Narzissmus

Eine andere Form des Missbrauchs wird von religiösen Narzissten gepflegt. Die eigene Unsicherheit wird kaschiert mit vermeintlicher Überlegenheit. Sie binden krankhaft andere Menschen an sich, um daraus die Bestätigung für das eigene Leben zu erhalten. Ebenfalls unsichere Menschen lassen sich darauf ein, wodurch schnell Trauma-Verknüpfungen entstehen.

Religiöser Narzissmus führt zu Abhängigkeiten und nicht zur Freiheit. Narzissten sind selbst von der Bestätigung der Menschen abhängig. Deshalb werden sie die Abhängigkeiten nicht auflösen. Niemand wird frei, wenn Narzissmus im Spiel ist. Religiöser Narzissmus gaukelt häufig besondere Weisheit, spektakuläre Heilungserfolge, tiefe Gebetsgemeinschaft oder aussergewöhnliche Einsichten vor. Einige lassen sich davon in die Irre führen.

Der Narzisst wird immer «oben an der Nahrungskette» stehen. Dies ist der Empfänger. Andere empfangen vom Narzissten nur soviel, dass sie bei Laune, zahlend und abhängig bleiben.

In die Freiheit hinausführen

In der Bibel werden weder die Propheten noch Jesus oder die Apostel Menschen in eine ungesunde Abhängigkeit führen. Sie führen immer in die Freiheit und Eigenverantwortung hinaus. Paulus macht das etwa so:

«Nicht dass wir die Herrschaft über euren Glauben hätten, sondern wir sind Mitarbeiter an eurer Freude.»
1Kor 1,24

Jeder, der dein Glaube bestimmen will, muss sich dieser Aussage gefallen lassen. Paulus hatte keinen Wunsch, andere zu beherrschen. Er sah sich als Mitarbeiter (gr. sunergos), denn Glaube wird in der Gemeinschaft gegenseitig gefördert («Synergie»), nicht von oben herab bestimmt.

Echte Glaubenserlebnisse spiegeln, was bereits in den Psalmen als Zeugnis genannt wurde:

«Und er führte mich heraus ins Weite, er befreite mich, weil er Lust an mir hatte.»
Ps 18,19

«Und hast mich nicht überliefert in die Hand des Feindes, hast in weiten Raum gestellt meine Füsse.»
Ps 31,8

«Aus der Bedrängnis rief ich zu Jah; Jah erhörte mich und setzte mich in einen weiten Raum.»
Ps 118,5

«Und ich werde wandeln in weitem Raume; denn nach deinen Vorschriften habe ich getrachtet.»
Ps 119,45. Zu aller Deutlichkeit: Diese Vorschriften sind nicht die Annahmen heutiger Gemeinschaften.

Der Prüfstein ist dies: Ist es Gottvertrauen? Führt diese oder jene Person zu Christus hin und in die Freiheit hinaus? Diese beiden gehören zusammen (Gal 5,1). Alles andere darf man kritisch betrachten.