In der Offenbarung an Johannes gibt es viele Visionen. Einige davon sind angsteinflössend, weil sie nach Interpretation mancher Menschen von der Hölle sprechen. Eine dieser Bibelstellen wurde in den letzten Wochen mehrmals an mich herangetragen. Geht es dort tatsächlich um die Hölle? Das soll hier nun geklärt werden. Vorab aber müssen wir festhalten, dass in der Offenbarung kein Wort für «Hölle» genutzt wird. Es gibt jedoch Bilder, die manche in diesem Sinne interpretieren.

Im 14. Kapitel der Offenbarung lesen wir Folgendes:

«Und ein anderer, dritter Bote folgte ihnen und rief mit lauter Stimme: «Wenn jemand das wilde Tier und Sein Bild anbetet und das Merkmal auf seine Stirn oder auf seine Hand annimmt, so soll auch er von dem Wein des Grimms Gottes trinken, der unvermischt im Becher Seines Zorns eingeschenkt ist, und mit Feuer und Schwefel vor den Augen der heiligen Boten und vor den Augen des Lämmleins gequält werden. (Von ihrer Qual steigt der Rauch auf bis hinein in die Äonen der Äonen)
Offb 14,9-11

Dieser Abschnitt ist aus verschiedenen Überlegungen bedeutsam. Es geht selbstverständlich um das, was dort steht, im eigenen Kontext gelesen. Jedoch ist genau dieser Abschnitt aus zwei Gründen für viele Menschen ein Schreckensbild:

  1. Es soll hier um die Hölle gehen
  2. Wir leben in der Endzeit und dies ist, was uns in Kürze droht.

Beide Sichtweisen betreffen bedrohliche Vorstellungen. Die Vorstellung einer Hölle wird traditionell mit dem Jenseits verknüpft, während der zweite Punkt bei Endzeitvorstellungen auftaucht, die im Hier und Jetzt (bald) stattfinden können. Das eine bedroht das angebliche Leben nach dem Sterben, das andere bedroht das Leben vor dem Sterben.

Beide dieser Dinge verdienen die eigene Aufmerksamkeit. In diesem Beitrag werde ich mich auf den ersten Punkt konzentrieren. Geht es hier um die Hölle?

Wann spielt dies?

Das Buch Offenbarung ist eine Offenbarung an Johannes, welche er direkt von Jesus erhielt. Wie, wann und wo soll man die Aussagen zuordnen? Johannes erzählt gleich zu Anfang des Buches:

«Ich befand mich im Geist in des Herrn Tag …»
Offb 1,10

Dieser Hinweis zeigt, dass es sich um eine Vision handelt, die von einer Zukunft spricht, welche durch den Begriff «des Herrn Tag» gekennzeichnet ist. Im Alten und im Neuen Testament ist dies ein bekannter Begriff und besser bekannt als «Der Tag des Herrn», eine Zeit, an dem der Herr auf Erden durch den Messias regiert. Hier liegt die Betonung nicht auf den Zeitaspekt «Tag», sondern auf den, der diesen Tag prägt, nämlich «der Herr». Deswegen heisst es «des Herrn Tag».

Dieser Tag des Herrn ist nicht der Sonntag (wie von manchen angenommen), noch eine kurze Periode, sondern eine lange Periode. Der Übergang von der heutigen Zeit in die nächste Zeit geht durch Gerichte hindurch (Mt 24 + Mt 25), die in der Offenbarung an Johannes beschrieben werden. Es wird darin beschrieben, wie die heutige Zeit in die messianische Zeit hinübergeht. Das ist wie eine Geburt, die durch Wehen hindurch stattfindet.

Das Buch ist umfangreich, jedoch spielen die meisten Kapitel in einer relativ kurzen Periode ab. Johannes erwähnt:

«Enthüllung Jesu Christi, die Gott Ihm gegeben hat, um Seinen Sklaven zu zeigen, was in Schnelligkeit geschehen muss …»
Offb 1,1

Die Angabe zum Ablauf ist bedeutsam: In Schnelligkeit, bzw. schnell oder in kurzer Zeit. Das Buch Offenbarung beschreibt von Kapitel 4 bis und mit 19 der Tag des Herrn in einem Zeitraffer. Kapitel 14 fällt in diese Zeit. In Kapitel 19 wird die Aufrichtung des messianischen Reiches erreicht. Verschiedene Dinge dauern dort 1000 Jahre, woher manche von einem «1000-jährigen Reich» sprechen (obwohl gerade von diesem Reich nirgendwo gesagt wird, dass es 1000 Jahre dauert – genau lesen). Kapitel 14 liegt also vor den 1000 Jahren, und was dort beschrieben wird, findet im Übergang von dieser in jene Zeit statt.

Wo spielt sich dies ab?

Die Hölle der Tradition ist entweder unter der Erde oder in einem Jenseits. Trifft das auch für die Aussagen in diesem Kapitel zu? Lesen wir, wie Johannes dies beschreibt:

  • Offb 14,1: Dann gewahrte ich, und siehe, das Lämmlein stand auf dem Berg Zion.
  • Offb 14,6: Dann gewahrte ich einen anderen Boten, der ein äonisches Evangelium «über die auf Erden Sitzenden» zu verkündigen hat.

Aus dem direkten Kontext wird klar, dass es sich hier um Dinge auf der Erde handelt. Es spielt sich weder in einem fiktiven Jenseits noch irgendwie in einer unterirdischen Hölle ab.

Betrifft dies die heutige Zeit?

Nein, es betrifft nicht die heutige Zeit, noch die heute lebenden Menschen, sondern nur die Situation, die dort beschrieben ist. Es ist mit unserer Zeit, die durch Gnade geprägt ist, nicht zu vergleichen. Wir leben nicht in der Zeit dieses Kapitels. Die Botschaft beispielsweise ist eine ganz andere als die, welche heute gilt. Alles in diesem Kapitel ist anders, als, was wir erleben.

Das dort verkündete «äonische Evangelium» spricht von der Schöpfung (Offb 14,7), nicht etwa von Rettung durch Jesus, von Gottes Gnade, von einer Gemeinde aus allen Nationen, dem Körper Christi oder ähnliche Dingen. Das Anliegen wird klar beschrieben mit den Worten «fürchtet Gott und gebt Ihm die Verherrlichung». Die Botschaft weicht also klar von der heutigen Botschaft ab. Bedenken wir den Grundsatz für eine gesunde Bibelbetrachtung: «Alles ist zwar für uns, aber nicht alles spricht von uns».

Hinweise auf eine künftige Zeit

Nun kommt es zu dieser Stelle (Konkordantes Neues Testament):

«Und ein anderer, dritter Bote folgt ihnen und rief mit lauter Stimme: Wenn jemand das wilde Tier und sein Bild anbetet und das Merkmal auf seine Stirn oder auf seine Hand annimmt, …»

Diese Anbetung und das Merkmal sind Dinge, die auf der Erde stattfinden in dieser künftigen Zeit. Wenn wir klären möchten, ob es hier um eine Hölle geht, sollten diese Hinweise ernst genommen werden. Dasselbe wird noch einmal bestätigt, durch das, was jetzt folgt:

«So soll auch er von dem Wein des Grimms Gottes trinken, der unvermischt im Becher Seines Zorns eingeschenkt ist, und mit Feuer und Schwefel vor den Augen der heiligen Boten und vor den Augen des Lämmleins gequält werden.»

Dies geschieht nun ebenfalls auf Erden. Grimm und Zorn sind in der ganzen Schrift Ausdruck für ein Gericht Gottes auf Erden. Es geht nicht um Höllenbeschreibungen. Die Hölle wird mit keinem Wort erwähnt – wie auch sonst nicht in der Schrift. (Siehe: «Gibt es eine Hölle?».)

In bildhafter Beschreibung lesen wir von drei Dingen:

  • von dem Wein des Grimms Gottes trinken
  • Becher Seines Zorns
  • mit Feuer und Schwefel.

Alle diese Dinge werden missbräuchlich mit einer angeblichen Hölle in Verbindung gebracht. Dafür gibt es jedoch keinen Anknüpfungspunkt, wenn wir den Text im eigenen Kontext lesen. Offenbarung 14 findet auf der Erde statt und die Menschen dort sind am Leben. Auch die Erde ist «vor den Augen der heiligen Boten und vor den Augen des Lämmleins». A.E.Knoch weist in diesem Zusammenhang auf Offb 9,5hin, wo diese Qual auf 5 Monate begrenzt wird. Es geht nicht um «ewige Qual».

Zwar spielt sich also vieles in der Zukunft ab, jedoch ist der Hinweis auf die Menschen, die dann leben. Es geht hier nicht um eine fiktive Hölle im Jenseits, noch um unser Dasein, sondern um ein künftiges Gericht auf Erden. Dabei gibt es die Widerstrebenden, die das wilde Tier und sein Bild anbeten, und solche, die das nicht tun. In Offb 14,13 heisst es im gleichen Zusammenhang «Glückselig sind die Toten, die fortan in dem Herrn sterben!». Mit anderen Worten: In dieser Zeit des Zorns auf Erden werden einige gequält, was nicht weiter reichen kann als zu sterben (!). Eine «ewige Verdammung» oder ähnlich ist hier kein Thema. Auch die Gläubigen in dieser Zeit werden womöglich sterben.

Rauch ihrer Qual

Hier ist nun der eigentliche Knackpunkt:

«Von ihrer Qual steigt der Rauch auf bis hinein in die Äonen der Äonen.»
Offb 14,11

Wird hier nicht von Qual gesprochen? Deutet der Rauch nicht auf Feuer hin? Ist es dadurch nicht klar, dass hier von der Hölle gesprochen wird? Nein! Das ist nicht klar. Die Hölle wird mit keinem Wort erwähnt. Das sind alles bloss Folgerungen. Bereits sahen wir, dass die beschriebene Situation sich hier auf Erden zuträgt. Wer diese Aussage sorgfältig liest, stellt fest:

  • Was hier nicht steht: Sie werden für immer und ewig gequält.
  • Was hier steht: Der Rauch steigt auf bis hinein in die Äonen der Äonen.

Möglicherweise ist das eine Erinnerung an die Qual der vorhin genannten 5 Monate? Ich weiss es nicht. Man soll hier bedenken, dass in diesen Versen – wie vorher erwähnt – viel Bildsprache genutzt wird. Möglicherweise also ist auch der Begriff «Rauch» so zu verstehen. Johannes hatte eine Vision und erzählt, was er sah. Bildsprache ist nicht weniger ernst, sondern es ist beschreibend, nicht erklärend. Das Thema hier ist nicht «Rauch», sondern «Zorn und Grimm Gottes», sowie die Auswirkung davon.

Mit wenigen Worten wird ein Bild und eine Situation skizziert. Wir können nicht beliebig viele Informationen aus diesen wenigen Versen ableiten, ohne dem Text und die Absicht Gewalt anzutun.

Gehenna und Feuersee

Offenbarung 14 beschreibt ein Gericht auf Erden im Übergang von dieser in die nächste Zeit. Dieser Übergang wird durch Gerichte geprägt. Danach aber landen die Menschen in der nächsten Zeit. Das ist die messianische Erwartung, worüber auch Jesus sprach. In Offenbarung 19 lässt sich diese Zeit zurückfinden. Jesus sprach auch von einem Gericht während des messianischen Reiches. Das ist die Zeit, von der wir konkret in Offenbarung 19 lesen. Das ist die Zeit nach dem Gericht auf Erden und die Zeit nach Offenbarung 14. Jesus sprach von der Gehenna, welche direkt in der Offenbarung nicht genannt wird. Die Gehenna ist nicht mit Offenbarung 14 zu verwechseln und ebenfalls nicht mit einem anderen Gericht, welches erst nach dem messianischen Reich stattfindet, dem See des Feuers.

Der Feuersee wird erst erwähnt nach dem Abschluss des messianischen Reiches, in beim Übergang zum neuen Himmel und zur neuen Erde. Da sind wir in Kapitel 20. Auch dies hat mit den Ereignissen in Offenbarung 14 nichts zu tun.

Das Buch Offenbarung ist als Entwicklung beschrieben. Achten wir auf den Ablauf. Ebenso spielen die Referenzen an andere Schriften eine Rolle. Nicht jedoch können wir beliebig Traditionen mit irgendwelchen Versen verknüpfen, wie das auch bei diesen Versen gerne gemacht wird.

Wer Offenbarung 14 als Zeugnis einer Hölle deuten will, findet dafür im Kontext keine Hinweise.