Die Hölle ist ein unbiblisches Konzept; sie steht nicht in der Bibel, sondern wird dort hineininterpretiert. Das soll nicht heissen, dass es in der Bibel kein Gericht gibt, aber die Hölle ist eine glatte Fehldeutung der genannten biblischen Begriffen. Das ist daraus ersichtlich, dass es mehrere Bibelübersetzungen gibt, in denen das Wort «Hölle» kein einziges Mal vorkommt.

Eine irreführende Übersetzung

Das Wort «Hölle» ist eine irreführende Übersetzung ganz unterschiedlicher Worte im Grundtext. Deshalb gibt es grosse Unterschiede zwischen den Übersetzungen – es ist nämlich gar nicht klar, wo man mit Hölle übersetzen sollte. Übersetzungen im Vergleich:

  • Luther 1984 hat «Hölle» 17x in der Bibel
  • Rev. Elberfelder hat «Hölle» 12x in der Bibel
  • Hoffnung für Alle findet ganze 23x «Hölle»
  • Schlachter 2000 findet die «Hölle» dagegen nur 9x
  • Die Neue Genfer-Übersetzung spricht 13x von «Hölle»
  • Die Neue evangelistische Übersetzung benötigt mehr «Hölle», nämlich 19x
  • Die lateinische Vulgata hat «Hölle» (lat. infernum) 113x

Es ist einleuchtend, dass die Höllenschilderungen in der katholischen Kirche auf Basis der 113 Nennungen in der Vulgata so breit ausgemessen werden konnten. Schlachter 2000 hat bei Weitem nicht mehr so viele, aber immerhin noch neun Erwähnungen. Woher kommen diese extremen Unterschiede? Wenn das mit der Hölle so eindeutig und klar wäre, gäbe es diese Unterschiede nicht. Das hat einen Grund. Wir werden dies gleich noch weiter prüfen.

Das Wort «Hölle» fehlt ganz in folgenden Ausgaben:

  • Das hebräische Alte Testament (Tenach)
  • Das griechische Neue Testament
  • Konkordantes Neues Testament
  • Concordant New Testament
  • Concordant Old Testament
  • Youngs Literal Translation
  • Hanson’s New Covenant
  • Twentieth Century New Testament
  • Rotherhams Emphasized Bible
  • Weymouth’s New Testament
  • Jewish Publication Society Bible OT
  • Emphatic Diaglott Greek/English Int.
  • Restoration of Original Sacred Name

Das Wort «Hölle» wird selektiv in die Bibel hineininterpretiert

Es gibt viele weitere Übersetzungen, in denen das Wort «Hölle» gänzlich fehlt. Es fehlt primär in den Ausgaben, die besonderen Wert auf eine wortgetreue Übersetzung legen. Das soll hellhörig machen. Eine weitere Liste (Englisch):

Wie kommt es, dass es in all diesen Übersetzungen keine Erwähnung der Hölle gibt? Das lässt sich einfach beantworten: Es gibt kein Wort im Grundtext, welches aus dem Zusammenhang korrekt mit Hölle (nämlich mit all den Ideen, die man darüber hat) wiedergegeben werden kann. Dem unbedarften Bibelleser bleiben so Zusammenhänge und Unterschiede verborgen, die im Grundtext klar vorgegeben sind.

«Hölle» wird im Neuen Testament als Übersetzung für gr. hades, gehenna und tartaroo (Verb) genutzt. Ausserdem wird der Gedanke der Hölle noch an weiteren Gerichten verknüpft, wie der Feuersee in Offb 20,14-15, der jedoch nirgendwo direkt als «Hölle» beschrieben wird. Alle diese Dinge sind – im eigenen Kontext gelesen – unterschiedlich. Keines dieser Begriffe steht an sich für das, was in einer Himmel-und-Hölle-Lehre die Hölle sein sollte. Deshalb gibt es in der Bibel keine «Hölle», wie es auch viele Bibelübersetzungen zeigen.

Prüfung im Grundtext und im Kontext

In den Bibelausgaben, worin das Wort «Hölle» fehlt, werden die ursprünglichen Wörter genutzt. Wenn unter anderem das griechische Hades erwähnt wurde, steht in manchen Übersetzungen «Hölle», in besseren Übersetzungen aber einfach «Hades» (oder allenfalls «Totenreich»). Auch die Gehenna wurde als «Hölle» markiert, aber bessere Übersetzungen schreiben schlicht Gehenna. Es wird also nichts aus der Bibel herausgelöst, sondern es wird besser übersetzt. Damit verschwindet die Hölle aus der Bibel und es ist eine Voraussetzung für die Prüfung der ursprünglichen Begriffe.

Das Wort «Hölle» ist eine recht wahllose Übersetzung ganz unterschiedlicher Wörter. Sie wurden in der Regel auch nicht durchgängig, sondern sehr selektiv mit «Hölle» übersetzt. So wurde das hb. Scheol einmal mit Grab, mit Hölle, oder nochmals anders übersetzt. Das Gericht der Gehenna, vom Prophet Jesaja in Jes 66,24 im Rahmen des kommenden messianischen Reiches beschrieben, wird von Jesus im gleichen prophetischen Kontext öfters zitiert, aber mit «Hölle» fehlinterpretiert und aus dem eigenen Zusammenhang herausgelöst (Mk 9,42-49). Deutlich wird das erst, wenn man erkennt, dass Jesus Jesaja zitiert und deshalb an den Kontext referiert, von dem Jesaja schrieb.

Die dogmatisch motivierte, aber recht wahllose Übersetzung «Hölle» führt zwangsläufig in die Irre. Eine Klärung der Begriffe lässt sich am besten anhand von Konkordanzen zum Grundtext vornehmen, womit sich alle Bibelstellen nach der Verwendung im Grundtext nachlesen und nachprüfen lassen. Zu unterscheiden sind: Scheol/Hades, Gehenna, Tartarus (tartaroo). Eine solche Konkordanz in deutscher Sprache ist z.B. Teil des Konkordanten Neuen Testaments, womit jeder die verschiedene Grundtextwörter im ganzen Neuen Testament nachprüfen kann, auch wenn er die alten Sprachen der Bible nicht mächtig ist.

Gerichte und «Hölle» sind nicht dasselbe

Die Ablehnung der «Hölle» aufgrund von Grundtext und Kontext ist keine Verneinung der Gerichte Gottes, sondern die Grundlage für eine kritische Auseinandersetzung mit der Tradition. Das Bild einer mittelalterlichen Hölle wird in die Bibel hineingelesen. Vergleiche dazu etwa den Artikel zum Gleichnis vom Reichen Mann und Lazarus. Sich dessen bewusst zu werden, öffnet die Tür für eine nähere Betrachtung. Weitere Texte müssen selbstverständlich evaluiert werden. Es gibt zu vielen Einzelthemen bereits gute Studien, die im Internet für jeden zugänglich sind. (Tiefgehend biblisch fundiert z.B. «Death and Judgement» oder deutsche Artikel wie «Apokatastasis > Entwicklung der christlichen Höllenlehre».) Auch gibt es anregende Gedanken verschiedener Theologen, wenn man etwas sucht. Es könnten viele weitere genannt werden, um damit zu verdeutlichen, dass diese Auseinandersetzung nicht am Rande geführt wird.

Heute sprechen sogar Anhänger einer Himmel-und-Hölle-Lehre nur ungern von einer Hölle. Stattdessen spricht man lieber von «Gottesferne» oder «Gottverlassenheit». Tönt das nicht viel besser? Ist das nicht salonfähiger? Eine biblische Begründung gibt es dafür nicht. Es scheint mir eher der Versuch, die wirklich bohrenden Fragen nach Gottes Handeln und Gottes Ziel nicht weiter stellen zu müssen. Bei konkreter Nachfrage, wo sich das denn in der Bibel findet, tauchen sofort wieder die traditionellen Höllenbeweise auf. Genau diese Stellen sollten deshalb kritisch und genau gelesen und vom Staub der Jahrhunderte befreit werden – wie das viele Gläubige immer wieder gemacht haben.

Gerichte finden statt. Eine Hölle dagegen wäre ein Ort. Es gibt mehrere Gerichte in der Bibel und sie alle führen zu einem «Resultat». Das Gericht ist die Rechtsprechung. Das Resultat ist dann abhängig vom Kontext definiert. Eine Hölle ist kein Gericht, und es ist auch kein Resultat. Eine Hölle fehlt gänzlich in der Bibel. Als Beschreibung von einem Ort hat es keine biblische Grundlage.

Zwischen Gericht und Hölle muss man unterscheiden. Gerichte stehen in der Bibel, die Hölle jedoch nicht. Gerichte gibt es, ebenso wie Folgen davon. Eine mittelalterliche Höllenschilderung passt jedoch nirgendwo und wird lediglich hineininterpretiert. Möchte ich die Bibel ernst nehmen, kann ich die Hölle loslassen, in dem Masse wie ich die Gerichte Gottes und seine am Kreuz erwirkte Gerechtigkeit (Röm 1,16-17) anfange ernst zu nehmen.