Die Bibel spricht von Aposteln. Was ist das für eine Aufgabe? In der heutigen Zeit gibt es einige Gemeinschaften, die in ihren Strukturen Menschen als Apostel bezeichnen. Daraus wird eine Autorität abgeleitet. Sind die heutigen Apostel dasselbe als was in der Bibel beschrieben ist?

Jesus hatte Jünger, die zu Apostel wurden. Als Jünger folgten sie dem Meister, von dem sie lernten. Als Apostel wurden sie mit einem Auftrag in das Land entsandt. Das griechische Wort «apostolos» (gr. ἀπόστολος) lässt sich etymologisch aus «apo» (hinweg) und «stello» (an eine andere Position «stellen») ableiten. Ein Apostel ist ein Gesandter mit einem Auftrag, oder schlicht ein «Beauftragter».

Ein Apostel ist ein Überbringer von Nachrichten. Paulus vermerkte beispielsweise im Römerbrief, dass er als Apostel für einen bestimmten Auftrag berufen war.  Er sei «abgesondert für das Evangelium Gottes» (Röm 1,1). Paulus war aber nicht etwa Teil eines Paketdienstes. Denn es stand mehr als die Übermittlung der Nachricht auf dem Spiel. Paulus war als Apostel unterwegs, was nicht selten hiess, dass er lange Zeit sein Leben mit Gemeinden teilte, und unermüdlich zur Auferbauung und zur Realisierung des Evangeliums in der Gemeinschaft beitrug. Er überbrachte das Evangelium, aber so, dass es in der Gemeinde auch umgesetzt und gelebt wurde. Sobald Paulus sich als Apostel darstellt, wird damit sein Auftrag für die Gemeinde vor Augen geführt. Das ist die Verantwortung und die Aufgabe, die ihm zugeteilt wurde. Zu dieser Aufgabe war er «berufen», und später auch «abgesondert».

Wie viele Apostel gibt es?

Es gibt mehr als nur die 12 Apostel. So wird beispielsweise auch Jesus ein Apostel genannt:

«Daher, heilige Brüder, Teilhaber der himmlischen Berufung, betrachtet den Apostel und Hohepriester unseres Bekenntnisses, Jesus, der treu ist dem, der ihn dazu gemacht hat …»
Heb 3,1

Jesus wurde Apostel genannt, weil auch Er ein Beauftragter und Gesandter war:

«Jesus sprach zu ihnen: Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr mich lieben, denn ich bin von Gott ausgegangen und gekommen; denn ich bin auch nicht von mir selbst gekommen, sondern er hat mich gesandt.»
Joh 8,42 vgl. Joh 4,34 Joh 6,29 Joh 7,16 Joh 7,28 Joh 7,33 Joh 12,44 Joh 17,3.

Auch andere können als Beauftragter, z.B. von Gemeinden zu anderen Gemeinden, unterwegs sein. So werden verschiedene Menschen Apostel genannt, die wir nicht typischerweise als «Apostel» bezeichnen würden: Barnabas (Apg 14,14) sowie Andronikus und Junias (Rö 16,7) waren  Apostel. Allen gemeinsam ist, dass sie mit einem Auftrag unterwegs sind und nicht von sich selbst dazu ernannt waren. Die zwölf Apostel und auch der Apostel Paulus waren Apostel besonderer Art.

Die zwölf Apostel

Jesus sandte Seine 12 Jünger mit einem Auftrag in das Land hinaus. Bei dieser Gelegenheit und im Kontext ihres Auftrages erhielten sie die Bezeichnung Apostel.

«Dann rief Er Seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Vollmacht, unreine Geister auszutreiben und jede Krankheit und jede Gebrechlichkeit zu heilen. Dies waren die Namen der zwölf Apostel: Zuerst Simon, auch Petrus genannt, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder; Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus; Simon, der Kananäer, und Judas Iskariot, der Ihn dann verriet. Diese Zwölf schickte Jesus aus und wies sie an: Geht nicht auf den Weg zu den Nationen hin …»
Mt 10,2-5

Die zwölf Apostel durften nicht auf den Weg zu den Nationen gehen, entsprechend dem Auftrag von Jesus während Seinem Dienst auf Erden (Mt 15,24 Röm 15,8).

Gehört Paulus zu den zwölf Aposteln?

Paulus ist der dreizehnte Apostel, der nicht zu den zwölf Aposteln gehört. Sein Auftrag war ein anderer. Er hatte die Funktion eines Apostels, aber diese war von der Aufgabe der zwölf Aposteln unterschiedlich. Während die zwölf Apostel ihre Aufgabe für Israel erhielten, galt die Aufgabe für Paulus den übrigen Nationen (Gal 2,7-9). Wenn man dem Inhalt der jeweiligen Botschaft der zwölf Aposteln und Paulus näher betrachtet, fallen diverse Unterschiede auf. Wie ist es mit dem Aposteltum von Paulus?

Paulus hat zwar Jesus, unseren Herrn gesehen (1Ko 9,1), was ein wichtiges Merkmal für einen Apostel war. Er war aber nicht unter den Jüngern, die mit Jesus auf Erden wandelten. Als ein Ersatz für Judas Iskariot gewählt wurde, war dies ein wichtiges Kriterium. Paulus hätte nie diesem Kriterium entsprochen (Apg 1,21-22). So konnte er niemals zu den zwölf Aposteln gehören.

Die zwölf Apostel wurden im Land Israel berufen und sie wurden mit dem Evangelium des Königreiches betraut. Die zwölf Apostel haben ausschliesslich zu Juden und Proselyten gesprochen. Paulus wurde jedoch ausserhalb des Landes berufen, kannte Jesus dem Fleisch nach nicht, und wurde von Gott für einen Dienst unter den Nationen gewählt. Über diesen Dienst schreibt Paulus an Timotheus Folgendes:

«Denn einer ist Gott, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst als Lösegeld für alle gab, als das Zeugnis zur rechten Zeit. Dafür bin ich eingesetzt worden als Herold und Apostel – ich sage die Wahrheit, ich lüge nicht –, als Lehrer der Nationen in Glauben und Wahrheit.»
1Tim 2,5-7

Zwölf Apostel entsprachen den zwölf Stämmen von Israel. Das Bild von Paulus als Apostel passt da nicht so ganz rein. Die Bedeutung von Paulus’ Berufung kann nicht im Vergleich mit den zwölf Aposteln gefunden werden. Er hatte eine eigene Aufgabe, die hier oben in wenigen Worten skizziert worden ist: Er war der Apostel der Nationen (Röm 11,13).

Gibt es heute noch Apostel?

Im Sinne einer Wort- und Inhalt-definierender und direkt von Gott eingesetzte Gruppe gibt es heute keine Apostel mehr. Paulus zählte sich zu den letzten Aposteln (1Kor 4,9 gr. τοὺς ἀποστόλους ἐσχάτους). Gottes Wort hat er vervollständigt (Kol 1.25 gr. πληρῶσαι τὸν λόγον τοῦ θεοῦ). Es braucht inhaltlich keine Ergänzung mehr. Es gibt keine Gesandte wie Paulus, Petrus oder Johannes mehr. Apostel und Propheten haben einst die Grundlage gelegt (Eph 2,20), worauf nun von Evangelisten, Hirten und Lehrer weitergebaut wird (Eph 4,11-12).

Selbsternannte Apostel, ob Neuapostolen, Papst oder «apostolische Arbeiter» wurden von Menschen eingesetzt. Auch wenn dies mit Gebet und Ehrfurcht geschah, kann es nur grundsätzlich anders sein, als dies von den zwölf Aposteln oder von Paulus beschrieben ist. Das ist stets zu bedenken, wenn Menschen irgendwelche apostolische Dinge hervorheben, um daraus eine Autorität abzuleiten. Selbsternannte Apostel gibt es leider bis heute und diese gilt es zu entlarven. Bereits Paulus und Johannes hatten mit falschen Aposteln zu tun:

«… Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die sich zu Aposteln Christi verstellen.»
2Kor 11,13

«… Dass du Üble nicht ertragen kannst und stellst auf die Probe, die vorgeben, selbst Apostel zu sein und es nicht sind, und erfandest sie als falsch …»
Offb 2,2

Wo liegt jetzt der Unterschied? Paulus hat immer wieder deutlich gemacht, dass sein Auftrag und Aposteltum nicht von ihm selbst, sondern direkt von Christus und Gott, dem Vater, kamen:

«Paulus, Apostel, nicht von Menschen her, auch nicht durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater, der ihn aus den Toten auferweckt hat.»

Gal 1,1

Kennzeichnend für die Zeit, in der er arbeitete, hat er auch die Zeichen eines Apostels erbracht:

«Die Zeichen des Apostels sind ja unter euch vollbracht worden in allem Ausharren, in Zeichen und Wundern und Machttaten.»

2Kor 12,12

An den Zeichen wurde er als Apostel erkannt. Was Petrus an Machttaten vollbracht hat, hat auch Paulus vollbracht. Ähnlich wie die «Zeichen und Wunder» in den Evangelien auf den König und das nahende messianische Reich hinwiesen, waren spezielle Machttaten die Zeichen des Apostels, um seine Botschaft und Aufgabe deutlich zu machen. Von diesen Taten, Zeichen und Wunder lesen wir in der Apostelgeschichte.

Unterscheidung

Apostel und Propheten, schreibt Paulus später im Epheserbrief, gehören zum Fundament der Gemeinde (Eph 2,20). Das heisst jedoch keineswegs, dass es sie heute noch geben muss. Ausdrücklich hatte Paulus darauf hingewiesen, dass er zu den letzten Aposteln gehörte (1Kor 4,9). Apostel und Propheten (prophetische Schriften, gemäss Röm 16,25-26) haben einst das Fundament gelegt und darauf wird nun weitergebaut. Im gleichen Epheserbrief (Eph 4,11) nennt Paulus deshalb verschiedene Gaben an die Gemeinde:

  • Apostel (Grundlage)
  • Propheten (Grundlage)
  • Evangelisten (für die ausserhalb der Gemeinde)
  • Hirten (für die innerhalb der Gemeinde)
  • Lehrer (zum Aufbau und Ausrichtung).

Während wir die Arbeit der Apostel und Propheten im Neuen Testament erhalten haben (die Grundlage), sind es heute die Evangelisten, Hirten und Lehrer, die zum Aufbau der Gemeinde wirken. In kirchlichen und gemeinschaftlichen Strukturen sind diese Aufgaben nicht immer so benannt, aber diese sind es, die wir entdecken und fördern können. Bedeutsam im Kontext des Epheserbriefes ist, dass es keine Gaben für die Menschen oder Funktionen sind, sondern diese Menschen sind Gaben für die Gemeinschaft. Paulus denkt ganzheitlich. Durch Beruf lässt sich das nicht erreichen, wohl aber durch Berufung.

Evangelisten, Hirten und Lehrer werden von sich aus das bewirken, wozu sie gerufen sind. Wenn die Berufung von Gottes Wegen ist, wird das ganz natürlich zum Ausdruck kommen. Nicht jeder ist Evangelist oder Hirte oder Lehrer. Es gibt viele weitere Aufgaben in der Gemeinde. Paulus spricht hier vom Aufbau des Körpers Christi. Sein Anliegen ist es im Epheserbrief nicht, alles anzusprechen. Sein Fokus ist auf den geistlichen Gemeindeaufbau. Bestimmte Aufgaben hebt er hervor. Die Apostel sind davon eine Aufgabe unter mehreren. Apostel hatten die Aufgabe, die Botschaft zu überbringen und in der Gemeinschaft zu verankern.