Wie ist das, wenn man stirbt? Was geschieht dann? Lebt der Mensch wenn er tot ist? Wie absurd diese Frage auch tönt, so gibt es durchaus viele Menschen – auch Christen – die den Tod lediglich als eine andere Form des Lebens interpretieren.  Während die Bibel davon spricht, dass der Mensch beim Sterben vom Leben in den Tod übergeht, sehen es manche ganz anders und meinen, dass man beim Sterben von diesem Leben in ein irgendwie anderes Leben hinübergeht. Vielleicht als Geistwesen, als Schattenwesen, als Engel oder als was auch immer. Oder im Klartext: Man stirbt nicht. Sterben ist eine Illusion.

Zwischen Sterben und Auferstehung

Das Wort «Zwischenzustand» taucht in verschiedenen Lehren dort auf, wo man lehrt, dass der Mensch beim Sterben nicht stirbt, sondern nur in eine andere Lebensform hinübergeht. Man spricht davon, dass man beim Sterben zu Jesus geht, in den Himmel geht, ins ewige Leben hinüberwechselt, oder man allenfalls direkt in der Hölle, ins Fegefeuer oder sonst an einen anderen Ort in einem Schattenreich landet. Dort wartet der Mensch dann bis zur Auferstehung. Der Zwischenzustand ist demnach der Zustand zwischen Sterben und Auferstehung. Der Tod wäre nach dieser Ansicht eine Übergangslösung, worin man nicht richtig stirbt, sondern nur ein wenig und «nicht wirklich».

Die Idee, dass wir beim Sterben einfach weiterleben, gehört in die Kategorie «Alternative Fakten».

Ein Grundgedanke ist dieser: Der Mensch ist nicht tot, wenn er stirbt. Auch wenn solches nicht in der Bibel vorkommt, ist das eine weitverbreitete Meinung. Wie dieses «Zwischenleben» genau aussieht, darüber gibt es unterschiedliche bis gegensätzliche Meinungen. Aber trotz aller Unterschiede soll festgehalten werden, dass mehr vorhanden ist als bloss «Tod». Das Wort «Zwischenzustand» ist ein alternativer Ausdruck für das Wort «Tod». Wir wären zwar tot, aber eigentlich sind wir doch am Leben. Es ist aber nicht nur ein alternativer Ausdruck, sondern es ist auch eine Umdeutung und eine Leugnung des Todes. Mit einem heute populären Ausdruck sind dies «Alternative Fakten».

Sein oder Nichtsein?

Sein oder Nichtsein? Das ist hier die Frage. Was ist das Wesen des Todes? «Bin ich» irgendwo und lebe ich dort, oder «bin ich nicht» und harre auf die Auferstehung? Hören wir, was Hiob sagt:

«Meine Tage gleiten schneller dahin als ein Weberschiffchen und schwinden ohne Hoffnung. Bedenke, dass mein Leben ein Hauch ist! Mein Auge wird kein Glück mehr sehen. Das Auge dessen, der mich sehen will, wird mich nicht mehr gewahren. Richtest du deine Augen auf mich, so bin ich nicht mehr. Die Wolke schwindet und vergeht; so steigt, wer in den Scheol hinabfährt, nicht wieder herauf. Zu seinem Haus kehrt er nicht mehr zurück, und seine Stätte weiss nichts mehr von ihm.»
Hiob 7,6-10

«Denn nun werde ich mich in den Staub legen, und suchst du nach mir, so bin ich nicht mehr.»
Hiob 7,21

«Warum hast du mich aus dem Mutterleib hervorgezogen? Wäre ich doch umgekommen, so hätte mich kein Auge gesehen! 19 Als wenn ich nie gewesen, so wäre ich dann.»
Hiob 10,18-19

«Der Mensch, von der Frau geboren, lebt kurze Zeit und ist mit Unruhe gesättigt. Wie eine Blume kommt er hervor und verwelkt; und wie der Schatten flieht er und kann nicht bestehen (und besteht nicht).»
Hiob 14,1-2

«Blicke von mir weg, dass ich noch einmal fröhlich werde, bevor ich dahingehe und nicht mehr bin!»
Ps 39,14

«Fürchte dich nicht, wenn ein Mann sich bereichert, wenn sich vergrössert die Pracht seines Hauses. Denn bei seinem Tod nimmt er das alles nicht mit; seine Pracht folgt ihm nicht hinab. Wenn er auch in seinem Leben seine Seele segnet – und man preist dich, wenn du es dir gut gehen lässt –, so kommt sie doch zur Generation seiner Väter, die nie mehr das Licht sehen. Der Mensch, der im Ansehen ist, hat keine Einsicht, er gleicht dem Vieh, das vertilgt wird.»
Ps 49,17-21

«So spricht der HERR: Horch! In Rama hört man Totenklage, bitteres Weinen. Rahel beweint ihre Kinder. Sie will sich nicht trösten lassen über ihre Kinder, weil sie nicht mehr da sind.»
Jer 31,15; vgl. Mt 2,16-18

In all diesen Stellen ist die Sichtweise eine ganz nüchterne: Von heutiger Perspektive aus geht es nicht weiter. Wir sehen nichts. Die Toten sind nicht mehr da. Die Zeugnisse der Bibel sind hier übereinstimmend. Alle hier zitierten Bibelstellen werden nicht etwa durch andere Bibelstellen ausser Kraft gesetzt. Tod ist der Bibel nach ein «Nichtsein».

Kein Bewusstsein im Tod

Die Toten wissen nichts. Sie haben kein Bewusstsein. Sie rufen Gott nicht an und sind im Tod wie den Tieren gleich.

«Wenn ein Mann stirbt, wird er etwa wieder leben? – Alle Tage meines Dienstes wollte ich harren, bis meine Ablösung käme! … Kommen seine Kinder zu Ehren, er weiss es nicht, und werden sie gering, er achtet nicht auf sie.»
Hiob 14,14; Hiob 14,21

«Nichts hoffe ich mehr! Der Scheol ist mein Haus, in der Finsternis habe ich mein Lager ausgebreitet. Zum Grab sage ich: Du bist mein Vater! Zur Made: Meine Mutter und meine Schwester! Wo ist denn nun meine Hoffnung? Ja, meine Hoffnung, wer wird sie schauen? Sie fährt mit mir hinab zum Scheol, wenn wir miteinander in den Staub sinken.»
Hiob 17,13-16

«Denn im Tod ruft man dich nicht an; im Scheol, wer wird dich preisen?»
Ps 6,6, vgl. Ps 30,10, 88,5-6, 88,11-13. Siehe auch: Jes 38,18-19.

«Die Toten werden Jah nicht loben, noch alle, die zum Schweigen hinabgehen.»
Ps 115,17

«Sein Geist geht aus, er kehrt wieder zu seiner Erde: am selben Tag gehen seine Pläne verloren.»
Ps 146,4

«Denn die Lebenden wissen, dass sie sterben werden, die Toten aber wissen gar nichts, und sie haben keinen Lohn mehr, denn ihr Name ist vergessen. Auch ihr Lieben, auch ihr Hassen, auch ihr Eifern ist längst verloren gegangen. Und sie haben ewig keinen Anteil mehr an allem, was unter der Sonne geschieht.»
Pred 9,5-6

«Alles, was deine Hand zu tun findet, das tue in deiner Kraft! Denn es gibt weder Tun noch Berechnung, noch Kenntnis, noch Weisheit im Scheol, in den du gehst.»
Pred 9,10

Das Bild, welches die Bibel skizziert, ist dies: Mit dem Sterben endet das Leben und man ist nachher tot. Im Tod ist keine Erkenntnis, keine Entwicklung, kein Fortleben. Genau das ist es, was «Tod» bedeutet. Deswegen braucht es Gottes spezielles Eingreifen, damit den Toten wieder Leben gegeben wird. Die biblische Hoffnung ist nicht im Tod, weil dort nichts passiert. Es braucht etwas, was uns aus dem Tod befreit.

Ohne Auferstehung ist alles aus

So sieht es aus: Die Realität des Todes benötigt die Realität der Auferstehung, damit es weitergeht. Das ist der Kern des Evangeliums heute. Deshalb schreibt Paulus eindringlich:

«Denn wenn die Toten nicht auferweckt werden, so ist auch Christus nicht auferweckt worden. Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, so ist euer Glaube nichtig, und ihr seid noch in euren Sünden. Dann sind ja auch die in Christus Entschlafenen umgekommen. Wenn wir nur für dieses Leben unsere Erwartung auf Christus gesetzt haben, sind wir die erbarmungswürdigsten unter allen Menschen»
1Kor 15,16-19

Ohne Auferweckung wäre alles aus – auch für die bereits Entschlafenen. Das sollte klarstellen, dass die Toten bisher nicht am Ziel sind. Sie könnten weiter vom Ziel entfernt gar nicht sein. Sie können gar nichts mehr zu ihrem Wohl beitragen. Sie wissen nichts mehr. Wer tot ist, der ist machtlos, kraftlos und ganz von Gottes Wirken abhängig. Dort sind alle Menschen gleich machtlos und – auf sich selbst belassen – ohne Zukunft. Gäbe es keine Auferstehung, dann wären ja sogar die «in Christus Entschlafenen» umgekommen. Ohne Auferstehung hat es für keinen Menschen – weder für Gläubige noch Ungläubige – eine Hoffnung. Ohne Auferstehung ist mit dem Tod alles aus. Der Tod ist die grosse Gleichschaltung aller Menschen.

«Warum starb ich nicht von Mutterleib an, verschied ich nicht, als ich aus dem Schoss hervorkam? Weshalb kamen Knie mir entgegen und wozu Brüste, dass ich sog? Denn dann läge ich jetzt da und wäre still. Ich schliefe – dann hätte ich Ruhe – mit Königen und Ratgebern der Erde, die sich Trümmerstätten erbauten, oder mit Obersten, die Gold hatten, die ihre Häuser mit Silber füllten. Oder wie eine verscharrte Fehlgeburt wäre ich nicht da, wie Kinder, die das Licht nie erblickt haben. Dort lassen die Gottlosen ab vom Toben, und dort ruhen die, deren Kraft erschöpft ist. Sorglos sind dort die Gefangenen allesamt, sie hören nicht mehr die Stimme des Treibers. Klein und Gross sind dort gleich, und der Knecht ist frei von seinem Herrn. »
Hiob 3,11-19

«Denn ich habe es erkannt, zum Tod führst du mich zurück und in das Versammlungshaus aller Lebendigen.»
Hiob 30,23

In diesen Worten und Feststellungen liegt sowohl etwas Ungeheuerliches (Der Tod ist ein Feind) als auch etwas Tröstliches. Denn im Tod sind alle gleich. Wir sind alle von Ihm abhängig, der unser Leben trägt, der uns das Leben, den Atem und alles schenkt (Apg 17,25). Das gilt heute wie auch dann, wenn wir gestorben sind. Der Ausblick auf die Auferstehung wurde in der Gemeinde von Korinth von einigen geleugnet. Sie hatten damit das gesamte Evangelium von ihrer Kraft und von ihrem Sinn beraubt. In der frohen Botschaft geht es ganz zentral um die Auferstehung als einem der Pfeiler von Gottes Rettung.

Erst durch Auferstehung werden die Toten Gott wieder loben können. Bis dahin ist Funkstille. Wenn es heisst, dass einst alle Menschen Christus als Herr bekennen werden, bedeutet dies, dass sie zuvor auferstanden sind (Phil 2,9-11).

Der Tod ist ein Schlaf

Das Einzige, womit der Tod in der Bibel verglichen wird, ist der Schlaf. Der Schlaf ist eine Bildsprache für den Tod. Wer schläft, merkt bei gesundem Schlaf die Zeit nicht, dass er geschlafen hat. Er ist in dieser Zeit nicht «bei Bewusstsein». Wir nehmen die Zeit nicht wahr, die wir schlafen und ebenso ist es im Tod.

«… so legt der Mensch sich hin und steht nicht wieder auf. Bis der Himmel nicht mehr ist, erwacht er nicht und wird nicht aufgeweckt aus seinem Schlaf.»
Hiob 14,12

«Schau her, antworte mir, HERR, mein Gott! Mach hell meine Augen, dass ich nicht zum Tod entschlafe!»
Ps 13,4

Die Bildsprache geht natürlich viel weiter: Ebenso wie der Tod als «Schlaf» bezeichnet wird, so wird auch die Rückkehr zum Leben als «Auferweckung» oder «Auferstehung» beschrieben. Auch das sind Bilder, die mit aufwecken, aus einem Schlaf einen Vergleich entnehmen. Wer einmal aufgeweckt ist, kann auch aufstehen.

«Und viele von denen, die im Land des Staubes schlafen, werden aufwachen; die einen zu ewigem Leben und die anderen zur Schande, zu ewigem Abscheu.»
Dan 12,2

Im bildlichen Vergleich ist der Tod viel stärker als jeder Schlaf. Es ist eben nur ein Vergleich. Tod ist nur in einem Punkt mit dem Schlaf zu vergleichen: Zwischen einschlafen und wach werden sind wir nicht bei Bewusstsein. Der Vergleich kann auch unverstanden bleiben, wie hier in der Geschichte von Jesus und Lazarus:

«Danach sagte Er zu ihnen: «Unser Freund Lazarus schläft; aber Ich gehe hin, um ihn aus dem Schlaf zu wecken.» Da erwiderten Ihm nun die Jünger: «Herr, wenn er schläft, wird er vom Tode gerettet werden.» Jesus aber hatte von seinem Tod geredet; jene dagegen meint, Er rede von der Rast des Schlafes. Dann sagte Jesus ihnen freimütig: «Lazarus ist gestorben, und Ich freue Mich um euretwillen, dass Ich nicht dort war, damit ihr glauben lernt»
Joh 11,11-15

Kein Zwischenzustand, kein Seelenschlaf

Ein sogenannter Zwischenzustand ist ein Konstrukt, welchen wir so nirgends in der Bibel finden. Dieser Zustand wird erfunden, weil man zuvor in die Bibel hineininterpretiert, dass die Toten «nicht tot» sind. Die Eisegese kommt vor der Exegese. In der theologischen Auseinandersetzung gibt es noch ein weiteres Konstrukt, welches immer wieder auftaucht. So wird von einem «Seelenschlaf» gesprochen, so als würde nur die Seele schlafen. Seelenschlaf ist so etwas wie ein Schimpfwort. Wer meint, dass die Toten bei vollem Bewusstsein leben, distanziert sich von solchen, die von einem «Seelenschlaf» reden. Das ist jedoch gleich nochmals falsch. Beim Tod schläft nicht einfach ein Teil des Menschen, sondern der ganze Mensch stirbt. Nicht nur die Seele schläft, sondern der Mensch schläft den Schlaf des Todes.

Der Radikalität des Todes darf kein Abbruch getan werden. Schlaf ist nur ein bildhafter Vergleich. Nur von einem Schlaf der Seele zu sprechen, hebelt die Bedeutung der Bildsprache aus. Egal, ob man von «Zwischenzustand» oder «Seelenschlaf» spricht – der Tod wird in seiner Radikalität nicht ernst genommen. Aber erst, wenn wir den ganzen Ernst des Todes erfassen, kann auch die Kraft der Auferstehung und die Einmaligkeit von Gottes Ausblick darin aufleuchten.

Es braucht die Auferstehung und das Eingreifen Gottes, damit mit dem Tod nicht alles aus ist. Die Erwartung ist in Ihm, der Christus auferweckt und lebendig gemacht hat als Erstling der Entschlafenen und als Vorhut für die Lebendigmachung aller (1Kor 15,22).