Man kann keinen grösseren Gott haben, als Einen, der Sein Ziel erreicht. Das nämlich ist der Inbegriff von Gott. Er ist Derjenige, der alles seinen Platz zuordnet, Der alles nicht nur erschaffen hat, sondern auch aktuell trägt und einst zum Ziel führt. Erstaunlich, dass genau dies von vielen immer noch vehement abgelehnt wird, obwohl die biblischen Hinweise dazu unübersehbar sind.

Die Bibel spricht davon, dass Gott mit allen Menschen zum Ziel kommt und das ändert alles. Es ändert den Ausblick des Glaubens und die Zuversicht in dieser Welt. Es macht einen Unterschied, ob ich mein Kind, meinen Nachbar, meinen Ehepartner als «verloren» betrachte oder als jemand, den Gott einst zurechtbringt – wie auch mich selbst. Ich habe Hoffnung, sogar Erwartung für diese Welt. Diese Erwartung gründet in der Bibel. Dazu gleich mehr. Ein Gott, der alles zurückbringt, alles findet, was verloren war, der alles lebendig macht, was gestorben ist, der alles gerade rückt, was krumm war – ein solcher Gott ist gross und allmächtig.

Erstaunlich deshalb, dass viele Christen Aussagen der Bibel über die Rettung aller Menschen und über die Aussöhnung aller Dinge oft nicht kennen. Viele meinen sogar, die Verdammung der Hölle-Lehre beipflichten zu müssen. Das ist wirklich seltsam. Seit Jahrhunderten werden jedoch Bibelstellen so umgebogen, dass sie die Hölle-Lehre zu bestätigen scheinen. Das wirkt sich bis heute aus.

Umgang mit der Frage der Allaussöhnung

Kein Wunschdenken

Nicht wenige Menschen folgern über die Allversöhnung, dass dies ein Wunschdenken entspricht. Dabei geht man von folgenden Annahmen aus: Die Hölle ist zwar unangenehm, aber biblische Wahrheit, und die Allversöhnung ist eine Irrlehre, deren Befürworter gutgläubige, jedoch fehlgeleitete Menschen sind. Diese Allversöhnung-Anhänger haben zwar Gutes im Sinn, aber kennen den rachsüchtigen Gott nicht, der Seine Gerechtigkeit von allen einfordert – so die verinnerlichte Hölle-Lehre. Und: Gnade ist ein Konzept, das nur für Gläubigen entwickelt wurde. Alle Anderen fallen einmal in Ungnade.

Allaussöhnung, so der korrekte Begriff, ist jedoch kein Wunschdenken, sondern sie wird klar in der Schrift genannt (nachzulesen in Kolosser 1,20). Nicht Wunschdenken scheint hier das Problem, sondern Unkenntnis oder allenfalls Ablehnung.

Zwischen den Fronten

Dann gibt es Menschen, die «zwischen den Fronten» schweben. Sie wissen es nicht so genau und sind davon überzeugt, dass die Bibel auch keine definitive Antwort bietet. Natürlich möchte man die Hoffnung auf einen guten Ausgang der Geschichte nicht ganz ausblenden, denn die Hölle ist ein furchterregendes Bild, dass man für sich, für seine Kinder und Familie und für die vielen «Ungläubigen» nicht wünscht. Man realisiert, dass die Rede von Gottes Liebe quer auf die Ideen einer Hölle stehen. Vielleicht realisiert man sich auch, dass in der Hölle-Lehre die Gerechtigkeit Gottes gegen die Liebe Gottes ausgespielt wird, und zwar so, dass die Liebe Gottes ein Verfalldatum hat, die Gerechtigkeit aber ewige Konsequenzen fordert.

In dieser Gruppe hört man dann Aussagen wie «Wer an die Wiederbringung glaubt, ist ein Ochs; wer sie aber lehrt, ist ein Esel» (vermutlich: Christian Gottlob Barth, 1799-1862). Daraus spricht nicht nur Ambivalenz, sondern auch die Angst, offen und freimütig für das einzustehen, was man glaubt. Man sollte auch bedenken, dass nicht wenige Menschen sich auf gar keine Richtung festlegen möchten, weil sie sich besonders gut in verschiedene Standpunkte einleben können und in keinem theologischen Grabenkampf verwickelt sein möchten.

Es ist Weise, sich in keinen Grabenkampf verwickeln zu lassen. Das kann ich gut nachvollziehen. Manche Menschen können sich von ihrem Temperament her nicht entscheiden oder wollen keine Stellungnahme machen. Das soll man stehen lassen, denn wir sind alle unterschiedliche Menschen. Glaube und Gottvertrauen entstehen nicht in Lehrdisputen.

Hat man jedoch brennende persönliche Fragen oder steht man in einer Verantwortung für Andere, dann braucht es eine Klärung. Es gibt keine Klärung ohne Prüfung und es gibt keine Befreiung ohne Entscheidung. Der Prozess der Klärung bedingt Stellungnahmen.

Geprüft und als zu leicht befunden

Schliesslich gibt es viele Menschen, die – wie ich selbst –, nach gründlicher Prüfung zur Überzeugung gekommen sind, dass die Hölle-Lehre die eigentliche Irrlehre ist, während die verpönte Allversöhnung tatsächlich in der Bibel gelehrt wird. Das ist ein wahrer Paradigmen-Wechsel. Das ist übrigens keine leichtfertige Aussage, sondern kam nach sorgfältiger Abwägung und Prüfung aller relevanten Bibelstellen samt den dazugehörenden Auslegungen verschiedener Standpunkte.

Eine Prüfung in meinem Verständnis erledigt sich nicht mit dem Lesen einer Studie, welche die eigenen Gedanken bestätigt. Das wäre das eigentliche Wunschdenken, das nur Selbstbestätigung sucht. Man antwortet beispielsweise mit einem Zitat aus einem Buch «das man gut findet», bemüht sich jedoch nicht um eine mehr neutrale Prüfung der relevanten Bibelstellen.

Zugegeben: Es ist eine echte Herausforderung, verinnerlichte Gedanken zu hinterfragen. Die Hölle-Lehre ist eine Ideologie. Sie hindert nicht wenige Menschen daran, Gnade Gottes für sich anzunehmen und dieselbe für andere nicht auszuschliessen. Was wäre Deine Motivation, diese Fragen einmal vertieft nachzugehen, damit Du zu eigenen Antworten kommst?

Der Gott, Der Sein Ziel erreicht

Ausblick

Man kann keinen grösseren Gott haben, als Einen, der Sein Ziel erreicht, schrieb ich bereits zu Anfang. Ein solcher Ausblick entsteht, wenn sich die Wolken auflösen und die Sonne durchbricht, wenn Fragen geklärt und Antworte gefunden sind. Ausblick entsteht durch Glauben. Glauben nämlich in die Bibelstellen, die von einer Zurechtbringung aller Menschen sprechen.

Dazu zählen:

  • Römer 5,18 (alle gerechtfertigt)
  • Römer 11,32 (Gott erbarmt sich aller)
  • Römer 11,36 (Alles ist aus Ihm, durch Ihm und zu Ihm hin)
  • 1. Korinther 15,22 (Alle, die von Adam abstammen, werden in Christus lebendig gemacht)
  • 1. Korinther 15,28 (Gott wird alles in allen – und nicht nur etwas in Wenigen)
  • 1. Timotheus 4,9-11 (Gott ist der Retter aller Menschen, insbesondere der Gläubigen)
  • Philipper 2,9-11 (Alle werden aus ganzem Herzen Jesus als Herr bekennen)
  • Kolosser 1,20 (Gott versöhnt das All, Friede machend durch das Blut des Kreuzes)

Jede Aussage in dieser Liste lässt sich aus dem jeweiligen Kontext gut begründen. Auffällig ist, dass sämtliche Stellen aus den Briefen von Paulus stammen. Zwar gibt es auch an anderen Orten in der Schrift solche Aussagen, aber Paulus beschreibt es am deutlichsten. Er hat den weitesten Weitblick und spricht bewusst über letzte Dinge, während andere Schreiber weniger weit vorausschauen und über Zwischenziele berichten.

Liebhaber der Hölle beziehen sich in der Regel auf die Evangelien, weil es vor den Evangelien keine Hölle gab und die Apostel nachher nicht mehr darüber schreiben (mit Ausnahme einer Bildsprache der Gehenna im Jakobusbrief). Paulus, der als wichtigster Theologe des ersten Jahrhunderts gesehen wird, erwähnt die vermeintliche Hölle mit keinem Wort. Auch in den Evangelien wird nicht über die Hölle gesprochen, sondern es wird auf die Gehenna Bezug genommen, was etwas ganz anderes ist. Jesus hat nicht von einer Hölle gesprochen.

Einmal befreit von theologischen Altlasten, kann man anschliessend staunend aufatmen. Gottes Wesen ist Liebe und sie wird sich in jedem Menschen ergiessen. Sein Ziel ist es nicht, etwas in nur wenigen Menschen zu werden, sondern alles in allen zu sein. Das ist keine Wunschvorstellung Gottes, sondern Sein erklärtes Ziel. Wie erreicht er das? Indem Er Friede macht durch das Blut des Kreuzes, wird Gott alles gegenseitig mit Sich aussöhnen (Kol 1,20).

Nichts wird ausgelassen

Gnade ist umwerfend. Paulus hat das auf dem Weg nach Damaskus am Leib erfahren. Er hat verstanden und verkündigt, dass Gnade nicht verdient werden kann. Gnade Gottes ist ein Geschenk. Es kann nicht verdient werden (Eph 2,8). Das ist für mich nicht anders als für jeden anderen Menschen auf dieser Welt. Keiner ist gerecht (Röm 3,10), aber alle werden gerechtfertigt (Röm 5,18). Das ist die Grundlage des Heils. Sie ruht im Wirken Gottes in Christus und stellt keine weiteren Bedingungen auf, denn das würde das Wesen Seiner Gerechtigkeit schmälern.

Die Allaussöhnung wird nicht nur direkt in der Schrift erwähnt, sondern es gibt nur Einer, der tatsächlich das All aussöhnen kann – Gott selbst. Das ist, was Paulus in Kolosser 1,20 schreibt. Wenn es Rettung gibt, kann kein Mensch das erreichen. Was jedoch bei Menschen unmöglich ist, ist möglich bei Gott (Mk 10,27). Wer darauf vertraut, dass Gott mit allen Menschen zurechtkommt, steht fest in der Realität verankert. Menschen können dies nicht bewirken, aber Er kann das.

Wenn Paulus schreibt, dass Gott ein Retter aller Menschen ist, so fügt er hinzu «insbesondere der Gläubigen» (1Tim 4,9-11). Damit soll deutlich gemacht sein, dass es sehr wohl Unterschiede gibt. Nicht, als beeinträchtige heutiger Glaube oder Unglaube Gottes Wirken, aber so, dass wir, die wir glauben, bereits jetzt einen Ausblick haben. Wir sind bevorzugt, dass wir das Geschenk heute schon auspacken dürfen.

Eine Theologie des Kreuzes muss bei der Allaussöhnung landen, weil – wie es Paulus in Kolosser 1,20 erwähnt – Gott das All mit Sich selbst aussöhnt, indem Er Friede macht durch das Blut des Kreuzes. Allaussöhnung ist viel mehr christozentrisch als die Hölle-Lehre, die Gott nichts zutraut.

Was für einen Gott hast Du, habe ich? Was bedeutet das für unser Leben und den Menschen, die wir lieben? Und was heisst das für den Lauf dieser Welt, für alle Menschen, die keinen Frieden erlebt haben, keine Gerechtigkeit erfuhren, oder sich viel zu früh aus dem Leben verabschieden mussten? Wie geht es um die Ungeborenen, die Kranken, die Menschen, die von Jesus und dem Evangelium der Gnade nichts gehört haben? Wie geht es um die Anhänger einer Hölle, die Gott nichts zutrauen, aber dafür menschliche Leistung als ausschlaggebend betrachten?

Ich habe Vertrauen, dass Gott es wohl macht – mit Dir, mit mir und mit jedem auf dieser Welt. Dieses Vertrauen stütze ich auf Aussagen der Bibel. Es hat mein Herz weit gemacht, meine Zuversicht beflügelt, mein Verständnis erweitert. Alles ist aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin. Es ist die beste Nachricht aller Zeiten. Ihm sei deshalb die Herrlichkeit für die Äonen (Röm 11,36).

Zur Praxis

  • Liebe die Menschen, vorbehaltlos
  • Lebe dankbar im Vertrauen auf Ihn, der alles in Händen hält
  • Rede mit Menschen im Vertrauen auf Gott, der alles zurechtbringt
  • Lasse die Bibel für sich selbst reden, weil es nicht leer zurückkehrt (Jes 55,11)
  • Gottes Gnade gilt Dir. Sei gnädig mit Dir und Anderen.
  • Lehre, dass Gott alle Menschen rettet, am meisten die Gläubigen (Auftrag: 1Tim 4,9-11)