Neulich habe ich das Kernbeisser-Konto bei Twitter deaktiviert und bei YouTube habe ich die Kommentare deaktiviert. Hier, auf dieser Website, waren die Kommentare noch nie eingeschaltet. Warum ist das so? Verschiedene Menschen haben danach gefragt, weshalb ich das angepasst habe. In diesem kurzen Beitrag einen Einblick in die Notwendigkeit von Moderation und die Begrenzung auf das Wesentliche.

Wie das Pseudonym «Kernbeisser» entstand

Wie hat alles angefangen? Das war bereits vor Social Media. Das Pseudonym «Kernbeisser» stammt aus 2003, als es Social Media noch nicht gab und der Sommer einen Hitzerekord nach dem anderen jagte. Wochenlang lagen die Temperaturen über 30 °C. Es war zu heiss, draussen etwas zu unternehmen und Abkühlung war kaum zu finden. In jenem Sommer habe ich mich auf ein christliches Forum angemeldet, um mich dort mit anderen Menschen auszutauschen. Als Pseudonym wählte ich den «Kernbeisser», einen schönen Vogel, dessen Name auf den Punkt bringt, was mir wichtig ist.

Auf diesem Forum schrieb ich über die Jahre mehr als 3000 Fragen, Antworte und ausführliche Beiträge. Seit Langem bin ich dort nicht mehr aktiv. Spannend war jedoch der Austausch, ob mit ähnlich Denkenden oder mit Andersdenkenden. Da entdeckte ich beim Schreiben: Ein gutes Gespräch zu führen, benötigt Übung. Ebenfalls habe ich rasch gemerkt: Eine eigene Meinung zu haben, kann starke Reaktionen auslösen. Die jahrelangen Erfahrungen auf diesem Forum haben mir einiges gelehrt, was mir später für Social Media nützlich war. Insbesondere habe ich gelernt, mich abzugrenzen, wenn dies nötig ist.

Plötzlich gingen mehr als die Hälfte aller Beiträge «verloren». Darauf habe ich den Entschluss gefasst, eine eigene Website zu beginnen, um dort Themen aufzuarbeiten. Dies wurde die Kernbeisser Website, wo später der Kernbeisser YouTube-Kanal hinzukam. Es ist demnach eine Privatinitiative und weder einer Kirche noch einer bestimmten Ansicht verpflichtet. Ich werde für diese Arbeit nicht bezahlt, aber eine kleine und feine Community unterstützt das Projekt, wodurch vieles erleichtert wird (vielen Dank!). Es ist ein kostenintensives und vor allem zeitintensives Projekt und einiges kann nur durch Unterstützung umgesetzt werden. Die Unterstützung hilft mir auch vereinzelt reguläre Arbeitszeit für das Projekt freizusetzen. Konkret geht es darum, mit vorhandenen Ressourcen möglichst viel zu tun. Die Moderation von Kommentaren hat sich etwa als besonders tückisch und zeitraubend erwiesen. Das wirkt sich auf die Präsenz auf Social-Media-Plattformen aus.

Begrenzung auf das Wesentliche

Wie lässt sich der Einsatz gestalten, dass möglichst viele Menschen davon profitieren? Die kurze Antwort lautet: «Reduce to the max!» («Auf das Maximum reduzieren!»). Wie erreicht man die grösstmögliche Wirkung? Es benötigt einerseits eine klare Vision und Vorstellung von dem, was man machen und aufbauen will, andererseits den Mut, auf weniger wichtige Dinge zu verzichten. Dabei werden auch Formate und Ideen getestet und später wieder losgelassen, wenn der Aufwand nicht in Relation zum Ergebnis steht.

Es gab vor Jahren einmal eine Facebook Seite für Kernbeisser. Facebook drosselte die Reichweite und nur durch grossen finanziellen Aufwand hätte dort etwas bewirkt werden können. Das ist das Business-Modell von Facebook. Sobald das klar wurde, habe ich die Seite geschlossen.

Die Geschichte mit Twitter ist eine andere. Es gab seit vielen Jahren ein Kernbeisser-Konto auf Twitter. Darüber liess sich leicht austauschen. Seitdem die Plattform neulich gekauft wurde, herrschte da nicht nur das blanke Chaos, sondern Antisemitismus, rechtsextremes Gedankengut, Verschwörungstheorien und dergleichen grassierten. Die Plattform hat sich innert wenigen Wochen so radikal zum Negativen geändert, dass ich mich entschloss, sämtliche Twitter-Konten abzuziehen (Twittertakeover: How the Musk Acquisition Became a Launchpad for Gen-Z Neo-Nazis, Ye, and Widespread Antisemitism ).

Ein Konto auf einer Plattform zu haben, reicht nicht. Es muss auch betreut werden. Ein Gespräch will geführt sein, Kommentare wollen und müssen moderiert werden, sollte der Austausch allen Lesern zum Aufbau dienen. Das ist keine einfache Aufgabe. Sie übersteigt zeitlich wie finanziell die Möglichkeiten, die ich zur Verfügung habe. Es braucht den Mut, auf das Wesentliche zu reduzieren.

Die Tücken von Social Media

Auf Social-Media-Plattformen gilt wohl auch der Spruch, dass «Wer für alles offen ist, der ist nicht ganz dicht». Es benötigt ein gesundes Mass an Offenheit, aber schnell kann man sich in endlosen Diskussionen verfangen. Das ist meist nicht förderlich für einen guten Austausch. Nur weil ich etwas schreibe, heisst das noch lange nicht, dass ich auf alles eine Antwort habe, oder alles beantworten muss. Solche Nüchternheit geht im Social-Media-Alltag manchmal unter. Nicht alles ist machbar und nicht alles sollte man machen. Deshalb waren auf dieser Website (kernbeisser.ch) die Kommentare immer abgeschaltet. Dasselbe gilt auch für den Kernbeisser YouTube-Kanal. Ich bin mit dieser Entscheidung nicht allein – viele handhaben es ebenso.

Mit einer begrenzten Offenheit geht es primär um eine Abgrenzung gegenüber selbstgerechte Darstellungen, Überheblichkeit und Diffamierung. Die Auseinandersetzung ist zwar erwünscht, aber nicht unter ungesunden Voraussetzungen. Auf Social Media bewegen sich viele anonym. Das verführt einige dazu, ohne Anstand, herablassend und überheblich über andere herzuziehen. Man kennt sich ja nicht, also, wen kümmert’s? Da sich meine Website und YouTube-Kanal mit religiösen Themen auseinandersetzt, wird dadurch – ganz logisch – die dunkle Seite so mancher religiösen Vorstellungen sichtbar. Will ich das in den Kommentarspalten? Natürlich nicht.

Eine gesunde Gesprächskultur

Die Abgrenzung ist nötig und muss heute Teil einer gesunden Gesprächskultur sein, insbesondere im Internet. Wer sich mittels Text oder Video im Internet äussert, kann den Wind von vorn bekommen. Es ist bekanntlich viel einfacher, gegen etwas zu sein, als selbstständig etwas Positives auf die Beine zu stellen. Zu diesem Phänomen habe ich im letzten Jahr einige Beiträge geschrieben:

Vieles auf Social Media ist bereichernd. Einiges gilt es auszuhalten. Man muss nicht mit allem einverstanden sein. Es hat jedoch auch Grenzen, was ich mir und anderen Lesern zumute. Es geht um eine gesunde Abgrenzung und darum, dass ich meine Energie bevorzugt auf positive Dinge, zur Aufbau, einsetze. Das ist eine bewusste Wahl, zugunsten besserer Beiträge, Videos und letztlich zu einem besseren Austausch.