Christen sind nicht perfekt. Das überrascht nicht. Sie können nicht alles. Auch das überrascht nicht. Wer zum Glauben kommt, ist dadurch nicht besser als andere Menschen. Wer glaubt, der begegnet, schrieb Martin Buber. Beziehung steht zentral, nicht irgendwelche Vorstellungen. Vorstellungen aber können uns beflügeln. Vielleicht geht es vor allem darum, wie wir unser Leben ausrichten.

Wer glaubt, der vertraut. Das Gottvertrauen ändert alles. Es kann unsere Sicht auf diese Welt ändern, so wie eine Beziehung mit einem Menschen die Sicht auf die Welt ändert. Es muss keine Verliebtheit sein, wenn uns die Begegnung mit einem anderen Menschen wie Flügel verleiht. Woran können wir denken? Sinngebung etwa, oder Ausblick, Verbundenheit und Dankbarkeit. Beziehungen können unseren Horizont erweitern, eine Grundlage für unser Leben schaffen. Es kann jedoch auch eine Herausforderung sein. Wie im richtigen Leben bleibt es jedem überlassen, eine Beziehung zu gestalten. Achten wir darauf. Genauso gilt das auch für Gottvertrauen und Glaube.

Glaube ist fragil

Die Rede von einer Gottesbeziehung steht in vielen Glaubensvorstellungen zentral. Diese Vorstellung ist nicht exklusiv für Evangelikale. Es ist nicht einmal exklusiv für Christen. Wir können nicht behaupten, dass andere Menschen einer Projektion erliegen sind, während wir selbst die «wahre» Beziehung leben. Es gibt nicht viele Anhaltspunkte, eine solche Überlegenheit zu «beweisen». Man kann sich auch selbst fragen, ob das Christsein eine «Projektion» ist. Viele Menschen sehen das so und verlassen die christliche Welt, weil sie meinen, Christentum ist bloss eine Projektion.

In diesem Beitrag reden wir etwas über Projektionen und was wir dem – bei aller Unsicherheit über letzte Dinge – gegenüberstellen können. Denn eines ist klar: Vieles wissen wir nicht, sondern wir vertrauen lediglich darauf. Ich «habe» nichts, aber bin trotzdem reich. Wir sind laut Paulus «gesegnet mit jedem geistlichen Segen». Das ist geistlich, also nicht greifbar. Der Apostel schreibt ausserdem dazu, dass dieser Segen «inmitten der Überhimmlischen in Christus» ist (Eph 1,3). Geistlicher Segen ist demnach nicht nur «nicht tastbar oder sichtbar», sondern sie ist nicht einmal in uns. Dieser Segen ist «in Christus», den wir nicht sehen können und der nicht hier ist. Es ist erstaunlich, dass dies nicht viel öfter betont wird. Glaube wird von nicht wenigen mit Gefühl verwirrt, oder es lebt die Erwartung, dass sich hier auf dieser Welt sofort alles zum Besten kehrt. All das stimmt jedoch nicht. Wir haben geistlichen Segen und warten noch auf eine Erfüllung (Eph 1,13-14; Röm 8,22-26).

Der Punkt, worauf ich hinaus will, ist einfach: Es gibt nichts, was in uns ist. Das deckt sich sowohl mit der eigenen Erfahrung als auch mit der Bibel. Die Bibel ist nüchtern. Dagegen wirkt so manche religiöse Vorstellung als völlig abgehoben. Ich würde sogar behaupten, dass die Bibel nicht religiös ist, auch wenn Religiosität darin beschrieben wird. Zwischen beiden lässt sich gut unterscheiden. Der Wert von Religiosität ist begrenzt, wenn wir nach Gott fragen («Gott ist nicht religiös»).

Wenn Paulus also schreibt, dass wir gesegnet sind «mit jedem geistlichen Segen inmitten der Überhimmlischen in Christus» (Eph 1,3), dann sagt er zweierlei:

  1. Ja, wir sind gesegnet – geistlich (nicht greifbar)
  2. Nein, es ist nicht in uns – sondern in Christus (wieder nicht greifbar).

Einen solchen geistlichen Segen ist dadurch, dass sie nicht sichtbar oder tastbar ist, nicht weniger real. Das ist eine erstaunliche Sache mit uns Menschen – wir stellen uns viele Dinge vor. So funktionieren wir. Deswegen können wir auch mit solchen Aussagen von Paulus umgehen. Auch wenn «nichts in uns», sondern alles «in Christus» ist, sind wir dadurch nicht arm dran. Es ist Reichtum darin enthalten, auch wenn es nicht tastbar ist. Das ist die Kraft der Verkündigung. Das ist die Kraft des Geistes. So funktioniert Glaube in dieser Welt – durch Geist. Und das ist kein Hokuspokus, sondern menschliche Erfahrung. Es ist das, was in Begegnung geschieht, oder das, was in Begegnung sich ausdrückt.

Ist dies nun Projektion? Vielleicht, aber das tun wir in vielen anderen Dingen ebenso. Projektion ist nicht per definitionem falsch. Deswegen ist es nicht richtig zu sagen, dass «Projektions-frei» näher bei der Wahrheit wäre. Denken wir etwa an die Aussagen von Paulus in Römer 6, worin er davon spricht, dass wir mit so manchen Dingen «rechnen» müssen (Röm 6,11). Projektion – richtig verstanden – kann unser Denken eine Richtung geben. Dieser Aspekt ist positiv, auch wenn es falsche Projektionen zuhauf gibt.

In einem anderen Vergleich könnte man unterscheiden:

  • Glaube ist nicht, was ich «habe», sondern
  • Glaube ist das, was ich «werde», weil es in jedem Moment lebendig und gelebt sein will.
  • Glaube spricht nicht von mir, sondern von dem, dem ich vertraue.

«Glaube» ist geistlich und hat mit geistlichem Segen zu tun. So schrieb es Paulus in Epheser 1,3. Wir können uns bewusst sein, was dies für unser Glaubensleben bedeutet. Vor allem ist es begrenzt: Wir können eine Gottesbeziehung kaum erklären, sondern nur ausleben. Wir können nichts «vorzeigen», ausser uns selbst und was wir machen. Das ist übrigens genau gleich wie in menschlichen Beziehungen. Wir können Freundschaften, Partnerschaften, Ehen nur ausleben, nur Tag für Tag gestalten, damit die Beziehung «Hand und Fuss» bekommt. Es ist alles fragil, unsichtbar, kann aber durchaus einen Ausdruck in dieser Welt gewinnen.

Herausforderung im Alltag

Wie lebt es sich im Alltag? Wie glaubt es sich im Alltag? Das ist von unseren Annahmen über diesen Glauben geprägt. Wenn sich Menschen «nicht mehr glauben», dann haben sie sich häufig nur aus einem bestimmten Verständnis des Glaubens verabschiedet. Man ist aus einer Subkultur ausgestiegen. Denn: Wer kann schon behaupten, alles zu verstehen? Das gilt für Unglaube nicht weniger als für Glaube. Das, was sie verstanden, war nicht mehr glaubwürdig. Das Verständnis war nicht mit dem Alltag und dem eigenen Erleben kompatibel. Ich denke, dass das häufig keine bewussten Entscheide, sondern vielmehr unbewusste Reaktionen sind. Das ist die Herausforderung im Alltag.

Wie wir unser Glaube verstehen, ist nicht «gegeben» oder «immer gleich». Es ist eine Prägung. Wir können damit etwas tun. Wer vertraut, der glaubt. Glaube und Vertrauen sind in den Sprachen der Bibel identisch. Ich vertraue jemand. Das will jedoch ausgelebt werden, sonst ist es nicht lebendig. Unser eigenes Glaubensverständnis kann einem gesunden Glauben im Wege stehen. Deswegen ist es wichtig, sich über die eigenen Glaubensannahmen im Klaren zu sein. Was prägt mich und weshalb?

Beziehung oder Geist sind nicht in mir oder im Gegenüber, schreibt Martin Buber, sondern es ist Geist, der zwischen zwei Personen ist («Geist ist nicht im Ich, sondern zwischen Ich und Du.», Martin Buber, aus: Ich und Du). Mit anderen Worten: Es ist nicht tastbar, und lebt nur aus der Interaktion. Vergleichbar damit, dass Strom durch die Glühbirne fliessen muss, damit Licht entsteht. Licht gibt es nicht ohne die beiden anderen.

Viele Menschen, ob sie jetzt in meinem Sinne und Verständnis glauben oder nicht, berichten von einem Urvertrauen, womit sie im Leben stehen. Das ist schön. Ich habe jedoch auch viele Christen kennengelernt, die aus schwierigsten Situationen heraus nie ein solches Urvertrauen aufbauen konnten. Das überträgt sich nicht selten auf die Gottesbeziehung. Auch in der Gottesbeziehung erleben sie häufig Unsicherheiten. Ein evangelikales Umfeld kann dann wie Gift auf die Wunde sein. Eine Hölle-Lehre fördert diese Unsicherheiten. Manchmal sind Gemeinden die Orte, worin Unsicherheit sich breit macht, worin «Heilsungewissheit» ein regelmässiges Thema ist.

Das muss aber nicht so sein. Der Alltag kann weitaus besser geprägt sein.

Die Erneuerung unseres Denkens

In dieser Reihe zum Römerbrief sind wir in Kapitel 12 angekommen. Der lehrmässige Teil ist abgeschlossen und Paulus spricht über die Auswirkung dieses Evangeliums. In den Kapiteln 12-16 geht es nicht um Lehre, sondern um Lebenswandel. Es geht um die tägliche Praxis.

«Ich spreche euch nun zu, Brüder (…), eure Körper als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer bereitzustellen (…) und euch nicht auf diesen Äon einzustellen, sondern euch umgestalten zu lassen, durch die Erneuerung eures Denksinns, damit ihr zu prüfen vermöget, was der Wille Gottes sei – der gute, wohlgefällige und vollkommene.»
Röm 12,1-2

Der Zuspruch von Paulus war aufgrund des Vorhergesagten. Was er hier erklärt, baut auf das Evangelium auf. Es soll die Auswirkung der Verkündigung sein. Bereits sprachen wir über den ersten Vers, worin er betont, dass wir unsere Körper (!) bereitstellen sollten. Das ist die Verbindung zu dieser Welt. Da wird es konkret, was wir glauben. Die Aktivität ist «bereitstellen», was die Haltung «Bereitwilligkeit» voraussetzt. Was wir tun, das sollte aus dem Denken kommen, von der die Haltung einen Ausdruck ist.

Der zweite Punkt, den er erwähnt, ist der Gegenpol. Wir sollten uns «nicht auf diesen Äon einstellen». Das Wort Äon bedeutet Zeitalter. In manchen Übersetzungen wird es regelmässig mit «Ewigkeit» übersetzt – jedoch hier meist nicht. Halten wir fest, dass es nie um Ewigkeit geht, sondern um eine lange Zeit, mit einer bestimmten Prägung (vgl. Eph 2,2 «Äon dieser Welt»). Wenn Paulus die Römer ermahnt, sich «nicht auf diesen Äon einzustellen», dann bedeutet das, dass die Prägung dieses Äons nichts für uns ist. Was sollten wir tun? Wir sollten uns nicht auf «dieses», sondern auf «jenes» einstellen. Wir sollten wählen, was uns wichtig ist, was Bedeutung hat.

Was in der Welt ist, wird häufig als Kontrast zum Erleben der Gläubigen dargestellt. So spricht Johannes beispielsweise:

«Liebt nicht die Welt, noch was in der Welt ist.
Wenn jemand die Welt liebt, ist nicht die Liebe des Vaters in ihm,
da alles in der Welt, 

1. die Begierde des Fleisches, 

2. die Begierde der Augen und 

3. die Hoffart der Lebensweise,
nicht vom Vater ist, sondern von der Welt ist.
Und die Welt samt ihrer Begierde geht vorüber.
Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt für den Äon»

1Joh 1,15-17

Johannes stellt hier die Welt als Sammelbegriff für ein Weltbild und für ein Wertesystem dar. Salopp formuliert könnte man diese Dinge auch als «Sex & Drugs & Rock ’n’ Roll» erkennen. Er spricht von einer Lebenshaltung, die von Begierde und Hoffart geprägt ist. Das sei typisch für die Welt, worin wir leben. Diese Dinge aber, so Johannes, gehen vorüber. Er empfiehlt deswegen, sich auf das Dauerhafte und Bleibende auszurichten. Das nämlich wird in den künftigen Äon hinübergerettet («Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt für den Äon», vgl. Mk 10:30 u.a.). Ähnliches findet sich also sowohl bei Jesus und den Zwölf (die Gemeinde aus Israel) als auch bei Paulus (die Gemeinde aus den Nationen).

Die Aufforderung von Paulus im Römerbrief ist deshalb bemerkenswert. Er sagt nicht, dass wir etwa aus der Welt hinausgehen sollten. Wir sollten uns aber nicht auf diese Welt einstellen. Die revidierte Elberfelder-Übersetzung schreibt hier: «Und seid nicht gleichförmig dieser Welt». Das griechische suschematizo in dieser Stelle hat mit «Schema» zu tun, was so viel heisst, dass wir nicht zusammen ein Schema mit der Welt bilden sollten. Denn das Gepräge dieser Welt sollte nicht unser Gepräge sein müssen.

Paulus meint nicht, dass wir gegen die Welt kämpfen sollten, sondern wir sollten das Schema einfach links liegen lassen, uns nicht darauf einlassen. Wir sollten ein anderes Schema wählen. Dazu soll uns das Evangelium befähigen. Anstelle einer Abhängigkeit kommt jetzt die Freiheit der eigenen Entscheidung. Damit das aber gelingt, ist eine Erneuerung unseres Denkens nötig. Denn im Denken fängt das Handeln an.

Nicht auf diesen Äon einstellen

Den Zusammenhang skizzierte der Apostel wie folgt:

«Und euch nicht auf diesen Äon einzustellen, sondern euch umgestalten zu lassen, durch die Erneuerung eures Denksinns».

Logischerweise leben wir alle «jetzt». Wir leben in «diesem Äon». Dort unseren Fokus zu haben ist zwar nötig aus praktischen Überlegungen, aber es ist auch ein Fokus, der nicht weiter führt. Das Evangelium spricht von einem weiteren Horizont. Eine solche Aussage war Teil der Erwartung.

In den Evangelien sprach Jesus bereits von dem bevorstehenden Königreich der Himmel, von dem längst der Prophet Daniel gesprochen hat. Es war das messianische Reich. Es war der «kommende» oder «künftige» Äon, die zukünftige Zeit. Sie sollte von Gerechtigkeit, Leben und dieser Dinge mehr geprägt sein. Zwar spricht Paulus nicht mehr von dem messianischen Reich, aber auch er sieht einen Unterschied zwischen dieser Zeit und der kommenden Zeit.

«Die Reichen in dem jetzigen Äon weise an, nicht auf Hohes zu sinnen, noch sich auf die Ungewissheit des Reichtums zu verlassen, sondern auf Gott.»
1Tim 6,17

«Demas verliess mich aus Liebe zum jetzigen Äon.»
2Tim 4,10

«Gnade sei euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus, der Sich Selbst für unsere Sünden hingegeben hat, damit Er uns aus dem gegenwärtigen bösen Äon herausnehme, nach dem Willen unseres Gottes und Vaters.»
Gal 1,4

«Wo ist der Weise? Wo der Gebildete? Wo ist der Fragensteller dieses Äons? Macht nicht Gott die Weisheit dieser Welt zur Torheit?»
1Kor 1,20

«Weisheit aber sprechen wir unter den Gereiften, jedoch nicht Weisheit dieses Äons noch der Oberen dieses Äons, die abgetan werden. Sondern wir reden von Gottes Weisheit in einem Geheimnis, von der verborgen gewesenen, die Gott vor den Äonen zu unserer Herrlichkeit vorherbestimmt hatte. Diese Weisheit hat keiner der Oberen dieses Äons erkannt. Denn hätten sie erkannt, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.»
1Kor 2,6-8

«Niemand täusche sich selbst! Wenn jemand unter euch in diesem Äon weise zu sein meint, der werde töricht (in seinen eigenen Augen), um weise zu werden.»
1Kor 3,18

«Seine Stärke, die in Christus gewirkt hat, als Er Ihn aus den Toten auferweckte und Ihn zu Seiner Rechten inmitten der Überhimmlischen setzte, hoch erhaben über jede Fürstlichkeit und Obrigkeit, Macht und Herrschaft, auch über jeden Namen, der nicht allein in diesem Äon, sondern auch in dem zukünftigen genannt wird.»
Eph 1,20-21

«Er erweckt uns zusammen und setzt uns zusammen nieder inmitten der Überhimmlischen in Christus Jesus, um in den kommenden Äonen den alles übersteigenden Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns in Christus Jesus zur Schau zu stellen.»
Eph 2,6-7

Dies sind einige Zitate aus den Briefen des Apostels Paulus. Klar erkennen wir hier, dass es für ihn einen Unterschied zwischen der heutigen Zeit und einer zukünftigen Zeit gibt. Für die Gläubige ist es so, als gelte bereits etwas der künftigen Zeit in der heutigen Zeit. Das ist zwar «nur» geistlich, aber es ist ein realer Ausblick. Es ist die logische Konsequenz der Verkündigung. Es ist das, was uns hier und heute Ausblick schenken kann. Diese kommende Zeit ist bislang nicht eingetroffen, aber bereits kennen wir etwas seiner Prägung. Das ist wie ein neues Verständnis, das wir hier und heute Raum geben dürfen.

Deshalb sagt Paulus im Römerbrief, dass wir uns «nicht auf diesen Äon einstellen, sondern uns umgestalten lassen sollten durch die Erneuerung unseres Denkens» (Röm 12,2). Dieser Äon ist das Vorübergehende. Wertvolleres kommt. Geistlich haben wir daran bereits einen Anteil. Von dieser Realisierung können wir uns umgestalten lassen. Das geschieht durch eine Erneuerung unseres Denkens.

Die Renovation des Denkens

Man könnte an der Renovation einer Wohnung denken. Man stellt sich etwas Besseres vor und nimmt dann die Arbeit in Angriff. Wer das Leben umgestalten will, wer eine Renovation vorantreiben will, der muss irgendwo ansetzen. Wo beginnt man? Im Denken. Es ist mit der Erneuerung des Denkens, dass man das Leben umgestaltet. Die Renovation des Denkens ist der erste Schritt hin zu einer Renovation der Wohnung und des Lebens.

Die Umgestaltung soll von innen her stattfinden. Weshalb ist das so? Das Ende einer Umgestaltung ist keine Gleichschaltung mit irgendwelchen Gesetzen, Subkulturen oder Gewohnheiten, sondern es ist eine Fähigkeit, die es zu erwerben gilt: «damit ihr zu prüfen vermöget …».

Wer prüfen will, muss denken lernen. Die Erneuerung des Denksinns ist deshalb die Grundlage für alles. Damit wird nicht nur ein logisches Überlegen gemeint, sondern es geht um die Richtung und Ausrichtung unseres Denkens. Womit füllen wir unsere Gedanken? Wohin lenken wir unsere Gefühle? Der Denksinn ist das, womit wir uns den Tag hindurch beschäftigen, was unser Denken ausfüllt. Es kann einen «unbewährten Denksinn» geben (Röm 1,28), einen «verderbten Denksinn» (1Tim 6,5) und einen «verkommenen Denksinn» (2Tim 3,8), sogar eine «Eitelkeit des Denksinns» (Eph 4,17) und eine «Denksinn des Fleisches» (Kol 2,18). Wir sollten, schreibt der Apostel an anderer Stelle, «verjüngt werden in unserem Denksinn» (Eph 4,23). Aus diesen Stellen lässt sich leicht ableiten, dass wir gemeint sind, und es um unser Denken in dieser Welt geht. Denn daraus leiten sich unsere Taten ab, wie auch unser Erwarten und unsere Haltung im Leben.

Den Korinthern schreibt Paulus «Darum sind wir nicht entmutigt, sondern wenn auch unser äusserer Mensch verdirbt, so wird doch unser innerer Mensch Tag für Tag erneuert» (2Kor 4,16). Die Erneuerung ist der Gegensatz zum Verderben. Der innere Mensch ist das, worauf es ankommt. Die Erneuerung des inneren Menschen sichert die Lebendigkeit. Den Kolossern schreibt der Apostel:

«Nun aber legt auch ihr das alles ab: Zorn, Grimm, übles Wesen, Lästerung, Schimpfworte aus eurem Mund. Belügt einander nicht, habt ihr doch den alten Menschen samt seinen Handlungen abgestreift und den jungen angezogen, der zur Erkenntnis nach dem Bilde dessen erneuert wird, der ihn erschaffen hat.»

Kol 3,8-10

Die Erneuerung des Denkens geht einher mit einer aktiven Änderung des Lebens. Das ist die Umgestaltung, die stattfinden darf. Die Umgestaltung ist «zur Erkenntnis nach dem Bilde dessen … der ihn erschaffen hat». Wir dürfen also Seinem Bild gleichgestaltet werden – wir dürfen Christus ähnlicher werden.

«Denn die Er zuvor erkannte, die hat Er auch vorherbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichgestaltet zu werden, damit Er der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei.»
Röm 8,29

«Wir alle aber, mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn widerspiegelnd, werden in dasselbe Bild umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie von des Herrn [lebendig machendem] Geist.»
2Kor 3,18

Dazulernen und neue Fähigkeiten erwerben

Es sind erworbene Fähigkeiten, die nützlich für den Alltag sind. Durch die Erneuerung unseres Denkens sollten wir neue Fähigkeiten erwerben. Wir lernen, Dinge auf Wert zu prüfen.

Die Umgestaltung des Denkens soll uns befähigen, zu differenzieren. Wir bekommen keinen goldigen Käfig, noch einen goldenen Überzug, wenn wir zum Glauben kommen. In dieser realen Welt geht es viel pragmatischer zu und her. Es soll konkret werden. Es geht nicht um Gefühl, noch um Religiosität. Wir sollten befähigt werden, zu prüfen, was der Wille Gottes sei. Diese Fähigkeiten beginnen jedoch im Denken. Die Erneuerung unseres Denkens soll uns befähigen, Gottes Wille besser einzuschätzen. Dabei sollten wir lernen drei Dinge zu unterscheiden: der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes.

Warum drei Dinge? Gibt es hier drei Stufen? Nein. Es wird hier lediglich eine Entwicklung skizziert. Es scheint so, als hat Paulus ein Prozess vor Augen, welches wir durchmachen können. Wir können Gottes Wille erkennen lernen, und zwar über die Stufen gut, wohlgefällig und vollkommen. Er beschreibt ein Resultat und eine Entwicklung. Wir werden zunehmend besser beurteilen können, was wirklich weiterhilft.

Der Prozess der Differenzierung und des Lernens führt weiter. Das Evangelium befähigt dazu. Dem Apostel geht es um eine Progression und Transformation. Gottes Wille ist keine Liste mit Anforderungen, sondern es sind Fähigkeiten, die wir erwerben dürfen. Dort liegt das Wachstum. Es ist die Ausrichtung des Herzens, fest gegründet in einem Verstehen von Gottes Wesen und Wirken, gepaart mit einem Verständnis von dem Ziel Gottes. Glaube schaut darauf und eignet sich dieses Wesen und Wirken und dieses Ziel Gottes an. Damit bewegen wir uns in dieselbe Richtung, wie uns Gott bekannt macht. So eignen wir uns den Willen Gottes an. Der Glaubende darf immer klarer erkennen, welche Dinge von bleibendem Wert sind. Glaube ist fragil, aber so machen wir etwas daraus.

In den nächsten Versen macht Paulus diese Aussage konkreter.