In seinem Brief an die Gemeinde in Rom hat der Apostel Paulus 11 Kapitel lang das Evangelium erklärt. Das ist der lehrmässige Teil des Römerbriefes. Diesen Teil haben wir in dieser Serie gerade abgeschlossen. Jetzt aber, in Kapitel 12, widmet er sich praktischen Dingen.

Es geht in den letzten Kapiteln um unseren Lebenswandel, um Gemeinschaft und Gemeinde. Das ist natürlich nichts Neues. Es geht hier um die Auswirkung und Anwendung der Lehre. Denn Lehre und Wandel bedingen einander. Mann könnte auch sagen, dass man bislang die Karte studiert hat und jetzt die geplante Wanderung beginnt.

Schauen wir noch einmal die Struktur des Briefes an:

Das Arbeitsblatt zur Struktur des Römerbriefes lässt sich als PDF hier herunterladen:

Struktur des Römerbriefes

Die Themen im Römerbrief kommen alle noch einmal zurück. Der Wandel der Heiligen steht in direktem Kontrast zum Abschnitt über den Wandel der Menschheit. Die Ausgangslage für beide Abschnitte ist jedoch eine völlig andere.

Die Menschheit als Ganzes wirkt aus eigener Kraft und Überlegungen und verfehlt das Ziel:

«Denn wir haben sowohl Juden als auch Griechen vorher beschuldigt, dass sie alle unter der Sünde seien»
Röm 3,9.

Dann aber kommt das Evangelium:

«Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.»
Röm 5,8

Dies ist die Grundlage einer radikalen Änderung. Rechtfertigung und Versöhnung werden jetzt durch Gottes Handeln vermittelt. Wir, die wir darauf unser Vertrauen setzen, können unser Leben anders ausrichten. Dazu werden wir frei gemacht. Das ist die Folge der Lehre. Sie befähigt uns, die nächsten Schritte aus einer neuen Freiheit heraus zu tun. Von der Lehre geht es jetzt zur Praxis und beide sind aus einem Guss.

Die Lehre ist wie eine Landkarte

Bereits in einem früheren Beitrag («Landkarten») wurden Lehren mit Landkarten verglichen. Die Landkarte ist nicht das Land, und die verinnerlichte Lehre ist weiterhin nicht der praktisch gelebte Glaube. Lehre ist aber wie eine Karte für Wanderer: Eine Karte ist hilfreich, damit wir uns in der Landschaft zurechtfinden. Ebenso ist eine Lehre hilfreich, unser Denken und Handeln für den Alltag auszurichten.

Wer über eine gute Landkarte verfügt, findet den Weg schneller und einfacher. Selbstverständlich muss man lernen, mit der Landkarte umzugehen. Das trifft auch für die Bibel zu. Wer die Reise daheim mit der Karte geplant hat, dann aber hinausgeht, muss sich mit der Karte in der Hand orientieren und den Weg Schritt für Schritt entdecken und gehen.

Was benötigen wir? Es kann hilfreich sein, für sich selbst ein paar Dinge zu klären:

  • Verwende die richtige Karte und den richtigen Kartenausschnitt
    (Heute sind wir in der Gemeinde aus allen Nationen, und über die lesen wir nicht überall in der Bibel)
  • Auch mit einer guten Karte in der Hand kann man stolpern
    (Wir lernen gemeinsam und leben aus Gnade)
  • Es gibt verschiedene Kartendarstellungen. Wählen wir die richtige für die heutige Situation.
    (Sind wir zu Fuss unterwegs, per Fahrrad, mit dem Auto? Wollen wir nur das nächste Restaurant ansteuern oder eher aktiv sein, selbst ein Floss bauen, um den nächsten Fluss zu überqueren? Ebenso kann man Bibelübersetzungen für die jeweilige Aktivität auswählen.)

Wir stehen an der Schwelle

Wir haben die Lehre gerade gehört. Paulus hat ausführlich auf die Grundlagen verwiesen. Jetzt stehen wir mit dieser Karte sozusagen am Waldrand und schauen in den Wald hinein. Jetzt geht es darum, das Gelernte anzuwenden. Die Wanderung liegt vor uns. Wir stehen an der Schwelle vom Wald. Etwas Entdeckungsfreude darf uns vorausgehen. Ab hier geht es um die Landschaft, nicht mehr nur um die Karte. Wie im richtigen Leben kann eine Landkarte nur einen Eindruck vermitteln. Gehen wir in den Alltag hinein, müssen wir uns bewähren lernen. Eine Landkarte ist eine vereinfachte Darstellung der Landschaft. Wir stehen an der Schwelle zur Praxis, die immer etwas anders sein wird.

Wir stehen auch an der Schwelle neuer Erfahrungen. Jede Wanderung ist etwas anders, erschliesst uns neue Horizonte und schenkt vielleicht unerwartete Begegnungen unterwegs. Entdeckungsfreude ist nicht nur wegen der Landschaft da, sondern auch wegen allen Erfahrungen, die wir unterwegs machen.