Die Bibel spricht davon, dass Gott für diese Welt zuständig ist, dass Er sich zu erkennen gibt und unser Leben und das gesamte Universum in Seinen Händen geborgen ist. Sichtbar ist das nicht. Wer jedoch von Gottes Wort und Geist berührt, die Bibel vertraut, der hat einen grösseren Zusammenhang erkannt und eine Relevanz für das eigene Leben entdeckt.

Alles hat einen Grund

Sofern wir der biblischen Narrative folgen, hat alles einen Grund. Gott ist zuständig. Er macht Sich den Menschen bekannt und teilt sich mit. Er wirkt in der Welt und Er wirkt auf ein Ziel zu.

Diesem Ziel Gottes, einmal «alles in allen» zu sein (1Kor 15,28), ist Grund für Sein Wirken in dieser Welt. Es ist auch der Grund für das, was wir «Heil» nennen. Gott will mit allen zum Ziel kommen. Er will mit dieser Welt zum Ziel kommen. Daraufhin ist alles ausgelegt. Alles ist aus Ihm, durch Ihn, und zu Ihm hin (Röm 11,36).

Es ist «durch Ihn»

Das Evangelium, wie Paulus davon spricht im Römerbrief, ist nicht eine Mitteilung «dass Gott uns liebt», als sei das lediglich einen Zustand. Es ist vielmehr die Verkündigung, dass Gott wirkt, und wir in diesem Wirken inbegriffen sind. Gott wirkt auf Sein Ziel zu. Sein Sohn, Jesus Christus, ist Mittel zu diesem Zweck. Es geschieht «durch Ihn». So wird das beschrieben. Das Wort «Sohn» im Hebräischen ist verwandt mit dem Wort für «bauen». Es ist durch den Sohn, dass der Vater sein Haus baut und die Zukunft realisiert.

Lesen wir im Römerbrief, wie es Paulus beschreibt:

«Gerechtfertigt nun aus Glauben, dürfen wir mit Gott Frieden haben durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir auch im Glauben den Zugang in diese Gnade erhalten haben, in der wir stehen, sodass wir uns in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen mögen.»
Röm 5,1-2

Der Frieden, den wir mit Gott haben dürfen, ist «durch unseren Herrn Jesus Christus». Ebenso ist es auch «durch den wir auch im Glauben den Zugang in diese Gnade erhalten haben, in der wir stehen». Zwei Dinge also: Erstens haben wir Friede, weil es durch Ihn bewirkt wurde. Zweitens stehen wir nun bleibend in dieser Gnade, weil wir durch Ihn bleibend diese Gnade erhalten.

Dies sind befreiende Worte, weil es nicht nur ein einmaliges Erlebnis ist, sondern auch fortwährende Konsequenzen hat. Es wurde geschenkt und ist jetzt bleibend unsere Realität. Weil das so ist, dürfen wir auch den Blick nach vorn richten. Wir müssen uns nicht mehr um die Grundlagen kümmern, um die grundlegende Dinge, sondern dürfen voller Zuversicht davon ausgehen und unsere Erwartung pflegen. So wie Paulus fortfährt: «sodass wir uns in Erwartung der Herrlichkeit Gottes rühmen mögen».

Es geht weiter. Das ist grandios.

Von der Zukunft zur Gegenwart

In den nächsten Versen schwenkt der Apostel von der Erwartung der Zukunft zur Erfahrung der Gegenwart. Er schreibt:

«Nicht allein aber das, sondern wir mögen uns auch in den Drangsalen rühmen, wissend, dass die Drangsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Erwartung.»
Röm 5,3-4

Bestimmt verweist Paulus hier an Drangsal, die der Gemeinde in Rom bekannt war. Vielleicht auch schliesst er seine eigene Drangsal mit ein. Welche Drangsal genau gemeint ist, wird nicht erwähnt. Es gibt jedoch verschiedene Verweise auf Drangsal. Es war für die Gemeinden keine einfache Zeit (Apg 8,1-3, Apg 9,1-2, 1Tim 1,12-13). Paulus spricht von den eigenen Herausforderungen und Entbehrungen (2Kor 11,23-28). Wir können Drangsal natürlich als allgemeine Aussage werten und das so interpretieren, dass wir auch heute Nöte beliebiger Art so positiv begegnen, wie es Paulus tut. Das wäre dann eine übertragene Anwendung des Wortes, die nicht unbedingt mehr etwas mit dem Kontext zu tun hat.

Was der Apostel hier tut: Er gibt dem aktuellen Erleben einen Sinn. Er bettet die Erfahrung in etwas Grösserem ein. Die Drangsal ist nicht nur Drangsal, sondern bewirkt etwas:

  • Drangsal bewirkt Ausharren
  • Ausharren bewirkt Bewährung
  • Bewährung bewirkt Erwartung.

Paulus sagt nicht etwa, dass wir uns in masochistischer Frömmigkeit Drangsal aussuchen sollten. Es ist nicht so, dass jeder Christ ständig Drangsal zu erleiden hat. Es kann es jedoch geben. Wenn das der Fall ist, dann gewinnt er dem äusserlichen Druck etwas Gutes ab. Wir lernen dadurch Ausharren. Wer gelernt hat, Auszuharren, der bewährt sich in der Realität des Lebens. Wer Bewährung gelernt hat, gewinnt dadurch Zuversicht und Erwartung.

«Die Erwartung aber lässt nicht zuschanden werden, weil die Liebe Gottes in unseren Herzen ausgegossen ist durch den uns gegebenen heiligen Geist.»
Röm 5,5

Erwartung und die Liebe Gottes

Die Erwartung, sagt Paulus, lässt nicht zuschanden werden. Aus den vorherigen Versen wird deutlich, dass Erwartung durch einen Prozess hindurch als Frucht wächst. Erwartung ist nicht einfach da. Erwartung entsteht. Wer Zuversicht gewinnen will, soll den ersten Schritt machen, dann den nächsten.

Alle Erlebnisse, alles Ausharren, alle Bewährung münden in eine Zuversicht, die von Gottes Zusagen getragen werden kann. Dann entsteht Erwartung. Erwartung basiert immer auf Zusagen.

«Die Erwartung lässt nicht zuschanden werden.»

Zuschanden werden, oder «sich schämen». Wer Erwartung hat, wird sich nicht schämen müssen. An einer anderen Stelle nutzt Paulus dasselbe Wort und erklärt, dass er nicht zuschanden geworden ist, weil die beschriebene Situation sich als Wahrheit gezeigt hat (2Kor 7,14). Wohl geht es hier um praktische Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, im genannten Kontext. So auch hier im Römerbrief, wo Paulus vom täglichen Leben spricht. Warum wird man sich nicht schämen müssen?

«Weil die Liebe Gottes in unseren Herzen ausgegossen ist.»

Die Liebe Gottes ist nun keine Folge der Bewährung, sondern die war bereits «in unseren Herzen ausgegossen». Es geht um zwei Dinge: Die Erwartung einerseits, die Liebe Gottes andererseits. Die gehören zusammen. Beide sind geschenkt. Beide verändern unsere Wahrnehmung im Hier und Jetzt. Es sind transformative Erfahrungen, die unser Leben erfüllen und eine oft neue Richtung geben. Wie aber erhielten wir diese Liebe Gottes?

«Durch den uns gegebenen heiligen Geist.»

Wie bereits in den Versen zuvor gibt es einen Grund, dass wir das erleben. Es ist «durch» den uns gegebenen heiligen Geist». Nicht etwa «durch den durch uns verdienten heiligen Geist», sondern durch den «uns gegebenen» heiligen Geist. Es sind Geschenke. Erwartung ist die Frucht des Vertrauens, des Ausharrens, der Bewährung. Alle diese Dinge werden geschenkt. Das ist eine Sicht, ein Verständnis dieser Welt aus dem Blickwinkel des Glaubens. Es ist aber auch eine Erfahrung, die sich nur im Alltag so ergeben kann.

Wenn Paulus sagt «Die Erwartung lässt nicht zuschanden werden», dann spricht er aus seiner Erfahrung heraus, die er auch so der Gemeinde in Rom schreibt. Ist es gerade eine schwierige Zeit? Dann erkenne dies, dass Drangsal Ausharren bewirkt und Ausharren Bewährung. Bewährung bewirkt Erwartung und die lässt nicht zuschanden werden, weil wir bereits Gottes Liebe erfahren dürfen.

Das ist wie ein Vorgeschmack auf Sein Endziel.