Das Reden über «Heilsgewissheit» ist ein Phänomen in bestimmten christlichen Kreisen. Du darfst Dich glücklich schätzen, wenn Du voller Vertrauen sagen kannst, dass Du Dir Gottes Zuwendung und Gnade sicher bist und Dein Heil unverrückbar bei Ihm verbürgt ist. Nicht alle empfinden das so.

Wer keine «Heilsgewissheit» hat, der leidet oft. Statt Heilsgewissheit herrscht dann Unsicherheit oder gar die blanke Angst: Unsicherheit bezüglich der eigenen Rettung und Angst vor einem unbekannten Gott, der nicht nur rachsüchtig erscheint, sondern auch launisch handelt. Heils-Ungewissheit ist ein ernsthaftes Problem, das vielen Leuten verfolgt. In diesem Beitrag gehen wir dem nach und versuchen die Gründe sowie der Lösung etwas auf die Spur zu kommen.

Wer spricht von Heilsgewissheit?

Heilsgewissheit ist kein Wort der Bibel. Wer nutzt dieses Wort? So positiv wie das Wort tönt, so negativ ist der Hintergrund. Heilsgewissheit ist nur dann ein Thema, wenn Menschen ungewiss sind. Wir sollten uns von der positiven Formulierung also nicht ablenken lassen, sondern den christlichen Kontext hinterfragen, in dem dieses Wort gedeiht. Gehört habe ich dieses Wort immer wieder, und zwar in Freikirchen sowie in eher strenggläubigen reformierten Kirchen calvinistischer Prägung. Dort geht es nicht so sehr um die Kirchen selbst oder um die Leute, die dort ein und ausgehen, sondern um die verinnerlichten Gedanken über wer Gott ist und wie Er zu uns steht.

Es geht um Fragen wie diese: Ist Gott für uns oder eher gegen uns? Und wenn Er für uns wäre, widerruft Er dann vielleicht einmal Seine Liebe und Gnade, um uns anschliessend zu strafen? Gibt es ein Verfalldatum auf Seine Gnade? Und wenn ich «es» nicht schaffe, bin ich dann für immer verloren? Ein solches Gottesverständnis ist nicht befreit durch Gnade, sondern abhängig von «Zufall» (der unberechenbare Gott), «mein Ausharren» (der eiskalte, fordernde Gott, dem ich gerecht werden muss) oder anderen solcher Sachen.

Das Wort «Heilsgewissheit» gedeiht ausschliesslich im Umfeld einer Himmel- und Hölle-Lehre. Darin nämlich ist Gott gut zu den einen, straft jedoch ungnädig alle anderen. Verknüpft mit einem «ewigen», also einem «endlosen» Ausgang, hängt da so etwas wie ein Damoklesschwert über dem Leben der «Unsicheren». Es wurde hier schon öfter gesagt: Die Himmel- und Hölle-Lehre ist nicht nur eine Irrlehre, sondern die Folgen für viele Gläubigen (!) sind katastrophal. Sie werden in Angst und Schrecken versetzt und schleppen dieses Erbe nicht selten ein Leben lang mit sich. Für diese Menschen ist das Evangelium keine Frohbotschaft, sondern es bleibt eine Drohbotschaft. Sie sind im Leben bedroht.

Lebensmut

Wir sind als Menschen nicht alle gleich. Wir empfinden unterschiedlich. Unsere Herkunft unterscheidet sich. Die Kirchen und Glaubensgemeinschaften, worin wir uns bewegen, sind unterschiedlich. Sie haben alle ihre eigene Prägung. Vielseitigkeit ist die Regel. Darauf reagiert jeder auf seine eigene Art und stets nur mit den eigenen Möglichkeiten. Die einen nehmen schwierige Lehren ganz locker und finden einen Weg um diese Gedanken herum. Andere jedoch können die Last kaum stemmen.

Vermutlich hängt das zu einem grossen Teil mit unserem Gottvertrauen zusammen. Oder ganz allgemein könnte man hier auch sagen «Lebensmut» oder «Lebensvertrauen», wenn wir den Bezug zu Gott vorerst einmal ausblenden. Lebensmut und Gottvertrauen sind zwar nicht zu verwechseln, aber wie man im Leben steht, das hat nicht nur mit verinnerlichten religiösen Ansichten zu tun. Stark wird unser Leben von frühen Kindheitserfahrungen geprägt. Haben wir Liebe und Zuneigung erfahren? Wurde uns etwas zugetraut? Wurden wir ermutigt, auch eigene Wege zu gehen? Waren unsere Eltern erreichbar und gut zu uns? Hatten wir freundliche Menschen um uns herum, die uns gefördert haben, die uns gerne hatten? Wurden wir gestärkt in der Bewältigung dieses Lebens? Wer das alles bejaht, der hat es gut gehabt. Das war ein fulminanter Start ins Leben. Man könnte das einen «Vorschuss der Gnade Gottes» nennen. Jedoch: Nicht allen ging es so gut.

Andere haben anderes erlebt. Manche wurden verstrickt in einem negativ geprägten Menschenbild, Weltbild und Gottesbild. Die Eltern konnten vielleicht ihre Liebe nie ausdrücken oder waren gar nicht da. Möglicherweise hatten sie rigide Lebensanschauungen. Wer selbst nicht frei ist, kann Freiheit schwerlich weitergeben. Unsere frühen Erfahrungen mit der Familie oder direkten Bekannten, Lehrern und anderen prägen uns vielleicht negativ. Eine solche Ausgangslage führt zu einem anderen Start ins Leben.

Hat man nun einen solchen «Vorschuss der Gnade Gottes» erhalten (oder: eben nicht erhalten), und gelangt man dann zu einem lebendigen Glauben, dann macht das einen Unterschied. Der eine erfährt Gott als gut und gnädig, während ein anderer mit der erlebten Realität ringt und sich über Gottes Zuneigung nicht sicher ist. Es reicht auch gar nicht, zu sagen, dass Gott gnädig ist, wenn für diese Aussage (Stecker) keine emotionale Anschlussmöglichkeit (Steckdose) vorhanden ist. In einer solchen Situation müsste man zuerst die Steckdose installieren – was bestimmt einiges an Kreativität und Ausharren voraussetzt.

Wenn man dies zusammenfasst, dann müsste klar werden, dass wir mit unterschiedlichen Ausgangslagen zu einem lebendigen Glauben finden können.

Die Grundlage für Gottvertrauen

Wer bereits mit einer gesunden Portion Lebensmut zu Gottes Gnade findet, der kann gleich durchstarten. Das Vertrauen auf Gottes Gnade bestätigt und vertieft, was bereits im eigenen Leben erfahren wurde. Es wird «einfach» auf eine ganz neue Ebene gestellt. Aber auch wenn unser Lebensstart ganz anders verlief, gibt es da genügend andere Möglichkeiten. Wie dieser Spruch so schön sagt: «Wer am Morgen zerknittert aufsteht, hat am Tag die meisten Entfaltungsmöglichkeiten». Wir sind nicht auf unsere Herkunft festgenagelt. Wir dürfen und können uns entfalten, entwickeln. Es braucht vielleicht nur eine helfende Hand, das zerknitterte Blatt zu glätten.

Wir sind das Produkt unserer gesammelten Erfahrungen. Das bedeutet auch, dass wir stets Teil der Entwicklung sind. Wir können uns täglich entscheiden, welche Erfahrungen wir heute sammeln möchten. Teilst Du diese positive Sichtweise? Vielleicht haben wir entdeckt, dass Gott für uns ist, weil wir das Evangelium geglaubt haben. Dann ist darin auch der Samen für eine neue Entwicklung enthalten. Er darf in unser Leben hineinsprechen.

Wer also kein Gottvertrauen erfahren hat, darf es entdecken. Das wäre ein belebender Neustart. Man darf sich auf Gottes Zusagen verlassen sowie lernen und entdecken, wie Friede einkehrt, wie Zuversicht entsteht, wie neues Leben geweckt wird. Vermutlich ist das ein Prozess. Man lernt etwas, erfährt etwas. Vertrauen ist etwas, das langsam, nämlich Schritt für Schritt entsteht.

Nun kommt aber noch etwas hinzu, das unsere Beachtung verdient: Wir werden auch geprägt vom christlichen Umfeld, von dem wir einen Teil sind. Wir werden geprägt von den dort verkündeten Lehren und nehmen unweigerlich etwas von den Ansichten der Gemeinschaft auf. Die Aussage ist neutral. Diese Erfahrung kann aber sowohl positiv wie negativ geprägt werden. Schauen wir uns die verschiedenen Möglichkeiten an.

Die Prägung der Gemeinschaft

Es gibt verschiedene Arten der Gemeinschaft:

1. Christozentrische Lehre

Man kann in einer Gemeinschaft daheim sein, die auf Gottes Gnade aufgebaut wird, worin man Gedanken über Himmel und Hölle korrigiert und Menschen in die Freiheit von Christus hinausführt. Das ist eine Möglichkeit. Es handelt sich um eine wahrhaft christozentrische Lehre.

2. Anthropozentrische Lehre

Eine andere Möglichkeit besteht, dass in der besuchten Gemeinschaft gar nichts los ist. Es gibt Kirchen, Versammlungen und Gemeinschaften, die primär sozial sind und mit lebendigem Glauben nicht viel am Hut haben. Dort bleibt man mit seinen Gedanken vielleicht im Regen stehen. Eine diffuse, allgemeine Religiosität hat kaum die Kraft, lebensverändernd einzugreifen. Das Leben ist konkret, also will auch das Gottvertrauen konkrete Grundlagen erhalten. Eine Spiritualität allein schafft das nicht. Es handelt sich um eine anthropozentrische Lehre – der Mensch und sein Erleben stehen zentral.

3. Ein Misch-Evangelium

Eine dritte Möglichkeit wäre, dass man in einer Gemeinschaft steht, in der ein richtiges Durcheinander an Gnade und Gesetz gepredigt wird. Das ist ein Misch-Evangelium. Typische Aussagen hier sind:

  • Gott ist zwar für Dich, aber …
  • Du musst glauben, sonst kann Gott nichts für dich tun und du bist für ewig verloren
  • Du musst ausharren bis zum Ende
  • Du musst den guten Lauf vollenden
  • Du musst …

Unschwer erkennt man hier, dass der Mensch zentral gestellt wird. Das ist ein anthropozentrischer Ansatz. Die eigene Leistung ist entscheidend. Selten sehen die Vertreter dieser Gemeinschaften das ähnlich, aber in der Praxis ist das das Resultat der Lehre: Wenn ich nichts tue, kann Gott nichts machen. Es hängt von mir ab. Wenn ich versage, wird Gott mir gegenüber auch versagen. Dies ist eine direkte Folge dieser Lehre.

Nicht immer tönt dies so radikal, wie ich es hier skizziere. In vielen Gemeinden geht es gemässigter zu und her. Das verbessert jedoch nicht die Grundlage. Wenn die Basis marode ist, kann darauf kein stabiles Haus gebaut werden. Es ist nicht möglich, ein gesundes Lebens- und Glaubensverständnis auf einer zweifelhaften Grundlage zu erstellen. Die Voraussetzungen fehlen. Wer einfach gemässigter ist, ist dadurch nicht besser, sondern einfach weniger ausgeprägt. Das heisst in der Regel auch, dass man weniger Profil hat, weniger Lehre hat und hin-und-her-driftet zwischen verschiedensten Auslegungen und Lehren. Auch dort fehlt die Kraft des Evangeliums.

In diesem Misch-Evangelium wird etwas vom Menschen gefordert und etwas von Gott geschenkt. Ein wenig «ich» und ein wenig «Er». Das ist religiöses Verhalten, aber dadurch nicht ein lebendiger und befreiender Glaube. Ich habe es oft so erlebt, dass Christus zwar verkündigt wird (worüber man sich freuen darf: Phil 1,18), jedoch gleichzeitig viele (ungeschriebene) Erwartungen, Vorgaben und Fehlinterpretationen die Gläubigen unter Druck setzen. Wer selbstständig denkt und eine solche Gemeinschaft zum ersten Mal betritt, wird sofort hinaus gescheucht – ein Hauptproblem vieler Freikirchen.

Es ist in diesem Umfeld eines Misch-Evangeliums, dass Unsicherheiten wie eine «Heilsgewissheit» auftauchen. Sie tauchen bei den Leuten auf, die länger in solchen Gemeinschaften daheim sind oder dort aufgewachsen sind.

Die Befreiung zu Christus hin

Eine gesunde Lehre wäre die Alternative. Diese sollte zu Christus hinführen, denn das ist der Kern des Evangeliums. Wir sollten zu Ihm heranwachsen, gerade damit wir nicht mehr hin- und hergeworfen werden von jedem Wind der Lehre, schreibt Paulus in Epheser 4,11-16. Es ist der Weg hin zur Verbundenheit mit Christus und zum Vertrauen auf Gottes Wirken. Es ist auch der Weg hinweg von Eigenleistungen. Wir müssen lernen, wie Gott uns sieht. Er sieht uns in Christus an. Wir wurden in Christus gesegnet (Eph 1,3-7). Was nun in Christus ist, das ist nicht mehr in mir. Wenn das, was in Christus ist vor Gott genügend ist, dann darf das mein Glauben und Vertrauen ändern – von Krampf zu Kraft. Ich darf auf Gott und Seinen Christus vertrauen.

Die Befreiung zu Christus hin kann in einem Misch-Evangelium nicht gedeihen. Es hat die falschen Voraussetzungen. Es werden Dinge in der Bibel vermischt, die nichts miteinander zu tun haben. Es werden Texte losgelöst vom eigenen Kontext fehlinterpretiert. Daraus resultieren handfeste Probleme. Dort entstehen die Unsicherheiten. Daraus entsteht die Ich-Bezogenheit, die auf Kosten einer Christus-Bezogenheit geht. Das ist das Evangelium, welches kein echtes Evangelium ist, welches Paulus unter den Bann stellt.

Genügen diese Worte? Für die Betroffenen leider nicht immer. Ansichten und Bibelstellen wurden verinnerlicht, die nicht durch ein paar andere Bibeltexte verschwinden. Man muss die verinnerlichten Bibelstellen neu lesen lernen. Vielleicht müssen auch bestimmte Ansichten neu überdacht werden. Es braucht Alternative im Denken. Das bedarf Zeit. Im Austausch mit anderen Menschen, die sich aus diesen Gedanken befreit haben, höre ich immer wieder, dass diese Prozesse sehr lange dauern können. Das ist aber nicht die einzige Herausforderung. Oft löst eine Änderung bei sich selbst heftigen Widerstand in der eigenen Glaubensgemeinschaft aus. Wer sich aus Ängsten befreit, löst bei Anderen (!) Ängsten vor Veränderung aus. Wer sich also auf den Weg macht für sich selbst, muss sich häufig noch rechtfertigen in der Glaubensgemeinschaft. Das ist eine doppelte Anstrengung. Statt Begleitung und Ermutigung zu erfahren, berichten viele von Unverständnis, Abweisung und Ausschluss.

Nehmen wir einfachheitshalber an, dass man sich all diesen Herausforderungen mutig stellen will. Wo fängt man dann an?

Hindernisse zur Heilsgewissheit

Wer die Gründe für eine Heilsgewissheit erfahren will, sollte sich auch mit den Gründen zur Ungewissheit auseinandersetzen. Erst wenn wir das Evangelium der Gnade verstehen und nicht mit anderem Gedankengut vermischen, können wir klarer sehen. Dies nun sind theologische Hindernisse, die es zu bewältigen gibt:

  1. Die Evangelien sind nicht für uns geschrieben
  2. Das Gesetz ist nicht für uns
  3. Wir sollten das Evangelium kennen, welches uns gilt.

1. Die Evangelien sind nicht für uns geschrieben

Die meisten Problemtexte, welche eine Heilsgewissheit infrage stellen, werden den Evangelien entnommen. Dies entspringt der Annahme, dass die Evangelien von der heutigen Gemeinde reden, was sie jedoch nicht tun. Jesus richtete sich ausschliesslich an die verlorenen Schafe des Hauses Israels (Mt 15,24) und kam, um die Verheissungen an Israel zu bestätigen (Röm 15,8). Jesus richtet sich an Israel, nicht an die Nationen. Er spricht über Israels Erwartung, nicht über die heutige Gemeinde. Er spricht von Israels Glaubenden als die unverheiratete Braut, nicht von der heutigen Gemeinde als dem Körper Christi – was nur Paulus tat. Das Thema in den Evangelien ist die Aufrichtung des messianischen Reiches im «kommenden Zeitalter». Es geht um das künftige Leben in diesem kommenden Zeitalter («das äonische Leben», oft übersetzt mit «das ewige Leben»). Der Übergang in das neue Königreich und die dort geltenden Situationen werden in den Evangelien ausführlich beschrieben (Bergpredigt Mt 5-7). Der bevorstehende Umbruch (die Gleichnisse vom Königreich der Himmel, Mt 13) und die direkte Beschreibung dieses Umbruchs (Endzeitrede, Mt 24 und Mt25) sprechen alle von einer unmittelbar bevorstehenden Umwälzung, die nur von kurzer Dauer sein sollte. In diesem Kontext werden folgende Aussagen gemacht, wodurch manche ihre Heilsgewissheit bedroht sehen:

  • «Wer aber bis zur Vollendung ausharrt, der wird gerettet werden» (Mt 24,13, beim Abschluss dieses Zeitalters, Mt 24,3, kurz vor der Vollendung, Mt 24,14, der Drangsal, Mt 24,21)
  • «Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist gezeigt wird, kann er nicht in das Königreich Gottes eingehen» (Joh 3,5, Jesus an Nikodemus, dem «Lehrer Israels» Joh 3,10 über eine Verheissung von Hesekiel an Israel Hes 36,24-28)
  • «Damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht umkomme, sondern äonisches Leben habe» (Joh 3,16, Jesus in Gespräch mit dem Rabbiner Nikodemus über das kommende messianische Zeitalter. Siehe auch hier, hier und hier.)
  • «Fürchtet aber vielmehr den, der die Seele wie auch den Körper in der Gehenna umbringen kann» (Mt 10,28 Jesus über das Gericht im messianischen Reich. Siehe «Ist die Gehenna die Hölle?»)

Diese und weitere Stellen lassen sich schlüssig aus dem Kontext und Grundtext heraus deuten und haben nichts mit unserer Zeit zu tun.

2. Das Gesetz ist nicht für uns

Eine hartnäckige Fehleinschätzung ist die Bedeutung des Gesetzes für die Gemeinde. Aufforderungen des Gesetzes sind nicht falsch, aber wir sollten stets bedenken, dass das Gesetz
a) an Israel gegeben wurde, das Volk, welches aus Ägypten herausgeführt wurde (2Mo 20,2) – dies also nicht uns gilt, und
b) das Gesetz von Gott nur hinzugefügt wurde, damit es klar wurde, dass es niemand halten kann (Röm 3,20 und Röm 7,7; Gal 3,19).
Wir sollten nicht mit der Gnade anfangen und versuchen im Gesetz weiterzumachen (Gal 3,1-14; Gal 4,21; Gal 5,1-6 u.a.). Wir sollten die Stellen zum Gesetz im eigenen Kontext stehen lassen und nicht mit unserer heutigen Situation verwechseln. Jesus spricht nur zu Israel über das Gesetz, nicht zu uns:

  • «Wer daher auch nur eins dieser geringsten Gebote auflöst und so die Menschen belehrt, wird die Geringste im Königreich der Himmel genannt werden» (Mt 5,19).

3. Wir sollten das Evangelium kennen, welches uns gilt

Zusammen mit einer falschen Betonung der Evangelien werden die Briefe von Paulus als «zu schwierig» oder «zu problematisch» eingestuft und kommen nur selten zum Zug. Bedenken wir jedoch, dass nur Paulus ein Apostel der Nationen war und seine Botschaft für uns einen ganz anderen Fokus hat als die von Jesus und den Zwölf Aposteln zu Israel. Es gibt so etwas wie eine Entwicklung im Neue Testament. Wir sollten uns bewusst werden, dass nicht alles gleichzeitig «irgendwie» für uns ist. Einiges spricht direkt zu uns, anderes nicht. Das hat weitreichende Konsequenzen für Leben und Glauben. Was ist nun speziell an unserer Berufung?

  • Wir sind Teil der Gemeinde aus allen Nationen. Paulus ruft diese Gemeinde aus, als Apostel der Nationen (Röm 11,13Eph 3,1-13)
  • Wir sind Gottes Werk, berufen aus Gnade, ganz ohne Werke (Eph 2,8-10)
  • Gott sieht uns «in Christus» an (Eph 1,3-7). Wenn Gott uns betrachtet, gilt, was Christus gemacht hat
  • usw.

Heilsgewissheit entdecken

Eine richtige Heilsgewissheit gibt es nur, wenn wir lernen, dass uns alles aus Gnade geschenkt wurde.

Die theologische Grundlage dafür liefert Paulus. Die Gemeinde, welche diese Botschaft erhält, ist die Gemeinde aus allen Nationen. Davon machen wir Teil aus. Lernen wir auf Gottes Zusagen zu vertrauen. Das ist nicht schwierig. Wenn es ungewohnt ist, können wir bei Paulus über diese überfliessende Gnade vieles lernen. Bei Martin Luther hat das Lesen des Römerbriefes (eines der wichtigen Briefe von Paulus) die Reformation ausgelöst.

Wenn wir uns zurückbesinnen auf die befreiende Botschaft der Gnade in den Paulusbriefen, werden wir ein besseres Verständnis für die heutige Zeit gewinnen und damit Freiheit, Zuversicht und Weitblick erhalten. Glaube ist keine Leistung, sondern das Heil wird uns aus Gnade geschenkt.

Hier ist Gottes Zusage:

«Wenn Gott für uns ist, wer kann gegen uns sein?
Er, der doch Seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat,
wie sollte Er uns nicht auch mit Ihm dies alles in Gnaden gewähren?»
Röm 8,31-32

Kehren wir noch einmal zum Anfang dieses Beitrages zurück. Dort wurde skizziert, dass unsere Einstellung im Leben bereits früh geprägt wurde. Es ist vermutlich realistisch zu sagen, dass wir alle auf irgendeine Weise geschädigt wurden. Das gehört wohl zum Leben. Die Frage ist aber, wie wir damit umgehen. Lernen wir Gott nun als gnädiger Gott kennen, der uns in Christus mit jedem geistlichen Segen beschenkt (Eph 1,3), dann haben wir eine perfekte Ausgangslage für eine neue Ausrichtung.

Wenn wir von Gott geliebt sind, dann kann sie überfliessen, dann können wir diese Liebe auch weiterschenken. Wir lernen selbst zu lieben. Wenn Gott unser Vater ist und Er gut zu uns ist, können auch wir Väter und Mütter werden in Dankbarkeit. Wir lernen auch einander und den Nachbarn mit Gottes Augen zu sehen. Paulus schreibt, dass die Liebe des Christus ihn drängt, von dieser Liebe und Gnade zu sprechen (2Kor 5,14-21). Er hat Gnade erfahren und Zuversicht gewonnen. Deshalb kann er voller Zuversicht auf Seinen Gott und Vater blicken und von sich selbst wegschauen.

Sein Leben wurde diese Gnade allein fruchtbar.