Die Idee «Du musst glauben, sonst kann Gott Dich nicht retten» ist nicht nur weit verbreiter Unglaube an Gottes Wirken, sondern auch eine masslose Überschätzung menschlichen Wirkens.

Bedingungen erfinden

Viele Christen, berührt von Gottes Gnade und Liebe, betonen gerne die «bedingungslose Liebe Gottes» zu jedem Menschen. Nicht wenige jedoch finden, dass «bedingungslos» ein relativer Begriff ist. Tatsächlich ist es so, dass manche Lehren viele Bedingungen aufstellen, die Menschen befolgen müssen, damit Gott sie wohlgesinnt ist. Man hat verschiedene Bedingungen erfunden, die Menschen vollbringen müssen, damit ihrem Verständnis nach Gott wirken kann.

Woran sollte man denken? Die weit herum beliebte Ansicht, dass man «glauben muss, damit man gerettet wird» ist eine solche Bedingung, die Menschen aufgestellt haben. Eine solche Ansicht sieht Glaube als ein Werk. Der Mensch muss diesen Glauben «leisten», sonst kann Gott nicht «wirken». Wer gerettet werden will, muss deshalb glauben. Wer nicht glaubt, der landet in der Hölle. So in etwa die Narrativen dieser Ansichten.

Erstaunlich ist das alleweil, zumal die Befürworter nicht selten von der erfahrenen Gnade Gottes sprechen. Diese Gnade Gottes ist real. Man spricht also von der Liebe, die man selbst erfahren hat. Darin ist auch die zuversichtliche Erkenntnis enthalten, wie es Paulus im Kern des Römerbriefes beschreibt:

«Wenn Gott für uns ist, wer wird gegen uns sein? Er, der doch Seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte Er uns nicht auch mit Ihm dies alles in Gnaden gewähren?»
Röm 8,31-32

Das Evangelium spricht von Gottes eigene Gerechtigkeit (Röm 1,16-17). Das hat nicht mit meiner Leistung zu tun, sondern mit Seiner Leistung. Gnade wirkt so.

Doch gibt es gerade hier ein paar Vorbehalte. Manche Lehren äussern sich dazu mit «Ja, aber …». Das Aber folgt dann meist mit einer Vorbedingung, die jemand zu erfüllen hat, damit Gott wirken kann. Man hat etwas zwischen unserem Leben und Gottes Realität geschoben. Das ist eine Hürde, die man nehmen muss. Mit anderen Worten: Gott möchte Dich zwar lieben, retten, rechtfertigen und vieles mehr, aber kann das nicht, wenn Du nicht «Ja» sagst. Ein solcher «Glaube» ist demnach ein «Werk», das der Mensch leisten muss, damit Gott Kreuz und Auferstehung auch für Dich und mich aktiviert. Es ist der Schalter, womit Gottes Wirken aktiviert wird.

Diese Bedingung wird jedoch von Menschen aufgestellt. Sie ist in der Schrift nicht enthalten, auch wenn man dazu verschiedenste Bibelstellen zitiert. Das dualistische Verständnis, was dazu führt, ist meistens die Lehre von «Himmel und Hölle» oder allenfalls «Himmel und Vernichtung». Der Mensch muss Werke leisten, damit Gott gnädig sein kann.

Der Mensch muss Werke leisten, damit Gott gnädig sein kann.

Zu dieser Thematik wurden hier auf der Website bereits verschiedene Beiträge erfasst, die am Schluss aufgeführt sind. Neulich entstanden dazu auch zwei Videos:

Was ist Glaube?

Ist Glaube zu einem Werk verkommen? Ja, in manchen Lehren schon. Glaube wurde zu einer Leistung umgedeutet, die man erbringen sollte. Es sollte die Leistung sein, die Menschen erbringen müssen, damit Gott gnädig wird. Ohne diese Leistung ist Er leider an unserem Wort gebunden und machtlos, wenn wir Ihn nicht «wollen».

Ein machtloser Gott? Tatsächlich? Alle frommen Sprüche über einen «freien Willen» sollen darüber hinwegtäuschen, dass man Gott mit dieser Ansicht Seiner Allmacht beraubt hat. Es widerspricht der Schrift. Gott ist zuständig für alles. Immer. Deshalb ist Er Gott, deshalb steht Er über allen. Dadurch werden wir noch lange nicht zu Marionetten. Das dunkle Erbe der Hölle-Lehre verzerrt die frohe Botschaft bis zur Unkenntlichkeit.

Was ist nun Glaube? Glaube ist keine Leistung, die man erbringen muss. Glaube ist die Folge der Verkündigung, nicht die Vorbedingung zur Rettung. Es gibt zwar eine Korrelation zwischen Glaube und Rettung, aber keine Kausalität, als ist der Glaube des Menschen für die Rettung vonnöten. Rettung ist keinen Zweikomponenten-Leim, worin mein Glaube so wichtig wäre wie Gottes Wirken, und die Rettung nur in Kombination funktioniert. Das ist, was man einem weismachen will, was landauf und landab gelehrt wird, aber in der Schrift nicht bestätigt wird. Glaube ist in der Bibel der Gegensatz von Werken, aber das macht mich nicht gesetzlos. Rettung wird nicht verdient. Glaube ist keine «Ingredienz» der Rettung. Der Aufruf, dass man glauben muss, weil nur dadurch Gott wirken könnte, ist absurd. Das ist wesentlich nichts anderes als magisches Denken.

Die letzte Idee entstammt einer ganz bestimmten Interpretation der Himmel und Hölle-Lehre. Die Umformulierung zu einer Bedingung wird in die Schrift hineingelesen. Exegesen zu einigen der dazu missbrauchten Bibelstellen finden sich bereits auf dieser Website. Glaube ist vielmehr ein schlichtes Vertrauen. Es ist die Reaktion auf die Frohbotschaft. Das Evangelium bewirkt Vertrauen. Wer von der Botschaft der Gnade berührt ist, antwortet darauf mit seinem Leben. Glaube wird erkennen, dass alles Gottes Werk ist, wie es Paulus im Philipperbrief formuliert:

«Denn Gott ist es, der beides in Euch bewirkt: das Wollen wie auch das Wirken nach Seinem Wohlgefallen.»
Phil 2,13

Paulus schreibt diese Worte der Gemeinde in Philippi. Es ist keine Aussage über Ungläubige, die «zur Faulheit angeregt werden, damit Gott Sein Ding tun kann». Es ist die Erfahrung eines Menschen, der Gottes Gnade in Wahrheit erkannt hat und deshalb auch für die Gemeinde diese Gnade hervorhebt (vgl. Kol 1,6). Gnade ist real. Gnade bewirkt etwas in Dir und mir. Es braucht mein Dazutun als Antwort, nicht aber als Bedingung zum Heil.

Ein anschauliches Beispiel dazu ist die Geschichte von Paulus selbst. Er hiess noch Saulus und war ein Verfolger der Jünger Jesu:

Saulus nun, der noch immer Drohen und Mord gegen die Jünger des Herrn schnaubte, ging zum Hohepriester und erbat von ihm Briefe an die Synagogen in Damaskus, damit er, wenn er einige Männer wie auch Frauen fände, die sich an den Weg der neuen Lehre hielten, diese gebunden nach Jerusalem abführen möge.

Als er sich auf seiner Reise Damaskus näherte, geschah es, dass ihn unversehens ein Licht aus dem Himmel umstrahlte. Auf die Erde fallend, hörte er eine Stimme, die zu ihm sagte: «Saul, Saul, was verfolgst du Mich?» Da antwortete er: «Wer bist Du, Herr?» Er aber sagte «Ich bin Jesus, den du verfolgst! Doch steh auf und geh in die Stadt hinein! Dort wird man dir sagen, was du tun sollst».
Apg 9,1-6

Paulus als Beispiel

Saulus, der ab seinem späteren Dienstbeginn Paulus genannt wurde (Apg 13,9), hat die Jünger verfolgt. Er betrachtet sich selbst als «Erster der Sünder», nämlich der Erste in Rangordnung. Auf einer fiktiven Liste aller Sünder sah Paulus sich selbst an erster Stelle.

Wie fand nun die Rettung von Paulus statt? Wie kam er zum Glauben an Gottes Werk durch Jesus? Nirgendwo lesen wir, dass er zuerst tiefe Reue aussprach oder etwa ein Übergabegebet sprach. Es ging alles rasant. Paulus selbst wollte nicht. Sein Bekehrungserlebnis war kein eigener «Entscheid für Jesus». Im Gegenteil – er wollte nichts mit diesem Jesus zu tun haben. Im Rückblick beschreibt er die Bedeutung wie folgt:

«Glaubwürdig ist das Wort und jeden Willkommens wert, dass Christus Jesus in die Welt kam, um Sünder zu retten, von denen ich der Erste bin. Jedoch, ebendeshalb erlangte ich Erbarmen, auf dass Jesus Christus an mir, als Erstem, sämtliche Geduld zur Schau stelle, denen als Muster, die künftig an Ihn glauben, zu äonischem Leben.»
1Tim 1,15-16

Die Gnade, welche Paulus erfuhr, sollte beispielhaft werden. Es sollte ein Muster werden, für alle, die künftig an Ihn glauben. Betrachten wir die Geschichte der «Bekehrung» von Paulus, dann war das nichts, was er selbst auslöste. Gott hat es ausgelöst in ihm. Paulus war überwältigt. Heute würde man sagen «Es hat ihn aus den Socken gehauen».

An Paulus sehen wir, dass die Begegnung mit dem Auferstandenen alles in Sekunden auf den Kopf stellt, was er bis dahin angenommen hatte. Nicht Paulus ergreift die Initiative, sondern Jesus, den er verfolgte. Und dieses Erlebnis wurde ein Beispiel für alle, die später an Ihn glauben sollten. An Paulus sehen wir, dass Gott wirkt, nicht, dass der Menschen wirken muss. Es ist dieser Paulus, der später auch schreibt:

«Denn in der Gnade seid ihr Gerettete, durch Glauben, und dies ist nicht aus euch, sondern Gottes Nahegabe, nicht aus Werken, damit sich niemand rühme. Denn wir sind Sein Tatwerk.»
Aus: Eph 2,8-10

Unglaube an Gottes Wirken

An Paulus können wir erkennen, dass nicht unser Wirken, sondern Gottes Wirken entscheidend ist. Wer demnach die menschliche «Glaubensleistung» zentral stellt, verkennt die Wirklichkeit der Gnade Gottes. Es ist Unglaube an Gottes Wirken, und eine masslose Überschätzung der menschlichen Entscheidungskraft.

Wer sagt, der Mensch müsse glauben, damit Gott wirken kann, legt den Fokus falsch und hat vermutlich die Kraft der Gnade Gottes noch nie erlebt. Es liegt eine Tragik darin. Gläubige werden dadurch zur Religiosität angeregt, nicht zum Glauben. Wer auf die eigene Leistung vertrauen muss, statt auf Gottes Gnade, der wird nicht frei. Der Kern der frohen Botschaft bleibt dann verborgen. Dagegen spricht Gnade immer von Gottes Wirken, nie von meinem Wirken.