Die Kirche der Zukunft, wie sieht sie aus? Darüber denken heute viele Menschen nach. Es gehört aber eine zweite Frage dazu: Der Pastor der Zukunft, wie sieht der aus?

Reflexion

Ich wage eine Behauptung: Der Beruf des Pastors wird sich ebenso ändern wie der Anblick der heutigen Kirchen und Freikirchen. Das wird nicht über Nacht geschehen. Es wird auch nicht jeder noch erleben. Viele Pfarrer stehen heute vor der Pensionierung.

  • Das Modell der traditionellen Kirchen steht vor dem aus (nicht aber die christliche Gemeinschaft)
  • Das Modell der Freikirchen steht unter Druck (nicht aber der persönliche Glaubensbezug)

Wer heute glauben will, benötigt dafür keine Kirchen. Das ist die Realität, die Kirchenaussteiger, Postevangelikale und andere täglich unter Beweis stellen. Mann könnte es auch so formulieren:

  • Christen benötigen keine Kirchen («Institutionen»)
  • Pastoren und Pfarrer benötigen eine Kirche («Institution»), um ihren heutigen Beruf auszuüben.

Es fällt nicht schwer einzuschätzen, was diese Entwicklung für den heutigen Beruf des Pfarrers oder Predigers bedeutet. Die Frage ist aber nicht nur relevant für (angehende) Theologen, sondern auch für Gemeinden. Auch Gemeinden tun gut daran, sich auf grössere Änderungen einzustellen. Das setzt Mündigkeit voraus.

Kurz: Wer nicht von den Änderungen überrumpelt werden will, tut gut daran, sich Gedanken zu machen.

Der Pastor als Unternehmer

Vorbei sind die Zeiten, worin man einen Beruf fürs Leben hat. Weiterentwicklung ist das Stichwort. Vorbei ist auch die Zeit, dass es genügend war, nur Angestellte zu sein. Ich selbst habe zwar eine theologische Ausbildung, aber nicht nur die. Mittlerweile habe ich zwei Ausbildungen abgeschlossen und in etwa drei bis vier weitere Berufszweige so viel Erfahrung aufgebaut, dass ich überall professionelle Resultate bringen kann. Ich bin kein Spezialist, sondern ein erfahrener Generalist. Dabei habe ich gelernt, dass ich selbst für mein Leben und meine Ziele verantwortlich bin.

Diese Erfahrung hat meine Sicht auf «Jobs» grundlegend verändert. Ich bin überzeugt, dass jeder Angestellte heute sein eigener Unternehmer sein muss. Das zu denken, ist heute weitverbreitet. Die Umsetzung ist jedoch nicht trivial. Es fällt auch nicht jedem leicht. In Bezug auf die Umwälzungen in der Kirche denke ich, dass dies ein normaler Wandel ist. In meiner Firma musste ich etwa alle vier Jahren eine Neuausrichtung denken und umsetzen. Realisiere ich heute eine solche Notwendigkeit, dann denke ich nur noch: Los geht’s! Ich habe gelernt, die Veränderung zu umarmen.

Die wichtigste Frage lautet: Wovon lebe ich in einem Monat, in einem Jahr, in fünf Jahren? Ich bin oft erstaunt über die Selbstverständlichkeit, womit Pastoren und Pfarrer teils sehr luxuriöse und oft indexierte Löhne und Leistungen entgegennehmen. Als Selbstständig-Erwerbender kann ich mir das bis heute kaum vorstellen. Die Realität in Kirchen und Freikirchen ist diese: Viele zahlen für Wenige. Das wird sich in absehbarer Zeit ändern (Skizzen der Entwicklung in Deutschland | Schweiz).

Die Selbstverständlichkeit eines Berufsstandes steht unter Druck. In der Kirche der Zukunft dürfte es mehr um Berufung als um Beruf gehen. Einige stellen sich mutig vor, dass die heutige Kirche vielleicht Geburtshelfer für eine künftige Gemeinschaftsform werden kann. Dazu kann jeder heute mithelfen.

Ich stelle mir vor, Du bist ein Vollblut-Pfarrer oder -Pastor. Dann kannst Du zur Ausübung Deines Berufs Folgendes erwarten:

  • Die Tragfläche Deiner Firma wird kleiner. Dein Beruf steht unter Druck.
  • Deine Zielgruppe ist vermehrt ausserhalb dieser Firma zu finden.

Es ist höchste Zeit, sich Neues vorzustellen. Die Auswahl aktiver Pfarrer wird sich vielleicht ähnlich der Berufung von Gideons Männer gestalten, womit Gideon über die Midianiter siegte (Ri 7). Mutig kann man für das Wesentliche einstehen. Es hat wieder Platz für Pioniergeist. Das ist etwas Gutes.

Es hat wieder Platz für Pioniergeist.

Vertiefung

Diskutiere:

«Und der HERR sprach zu Gideon: Jeden, der mit seiner Zunge vom Wasser leckt, wie ein Hund leckt, den stelle gesondert für sich; und auch jeden, der sich auf seine Knie niederlässt, um zu trinken! Und die Zahl derer, die leckten⟨, indem sie das Wasser⟩ mit ihrer Hand an ihren Mund ⟨brachten⟩, betrug dreihundert Mann; und der ganze Rest des Volkes hatte sich auf seine Knie niedergelassen, um Wasser zu trinken. Da sprach der HERR zu Gideon: Mit den dreihundert Mann, die geleckt haben, will ich euch retten und Midian in deine Hand geben. Das ganze ⟨übrige⟩ Volk aber soll gehen, jeder an seinen Ort.»
Richter 7,5-7

Den Beruf des Pastors neu denken (2)