Weihnachten ohne Bethlehem? Das geht nicht. Weshalb aber Bethlehem? Bethlehem («Haus des Brotes») war der Ort, wo Rahel, die Frau von Jakob, bei der Geburt ihres Sohnes starb (1Mo 35,16-19; 1Mo 48,7). Bethlehem lag «auf dem Weg nach Ephrat». Es war ein Durchgangsort im Gebiet Juda. Die Ortschaft wurde deshalb häufig auch Bethlehem-Juda genannt, weil es in Juda lag (Richter 17,7 u.a.).

Bethlehem und Ephrat

Bethlehem wird auch Ephrat genannt:

«Ephrath, das ist Bethlehem.»
1Mo 48,7, vergleiche Ruth 4,11

Ephrat soll auch der Vater von Bethlehem gewesen sein:

«Pnuel, der Vater Gedors; und Eser, der Vater Huschas. Das sind die Söhne Hurs, des Erstgeborenen der Ephratha, des Vaters von Bethlehem.»
1Chron 4,4

Bethlehem ist Ephrath, aber auch auf dem Weg nach Ephrat (1Mo 35,16). Bethlehem liegt zwischen Jerusalem und Ephrath. Aus der Geschichte kann man vermuten, dass zumindest einige Nachkommen von Ephrat in Bethlehem wohnten. Die zwei Namen konnten in einem Atemzug genannt werden:

«Und du, Bethlehem-Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ausgänge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her.»
Mi 5,1

Der Zusatzbuchstabe «a» bei Ephrata soll nach einigen «zu/nach» heissen. Im Zusammenhang also «nach Ephrat». Bethlehem-Ephrata ist dann «Bethlehem, das auf dem Weg nach Ephrat liegt». Es gibt etwa auch den Ort Kaleb-Ephrata (1Chron 2,24). Da es nur eine einzige Erwähnung in der Bibel gibt, und weitere Angaben fehlen, bleibt es ein Ort untergeordneter Bedeutung. Mit Bethlehem-Ephratha hat dies vermutlich nichts zu tun.

König David und Bethlehem

Bethlehem war unscheinbar in Grösse. Gerade hier aber wurde David geboren, der später König über Israel sein sollte:

«David nun war der Sohn jenes Ephratiters von Bethlehem-Juda, dessen Name Isai war und der acht Söhne hatte.»
1Sam 17,12

Bei David hört es nicht auf, denn es gibt eine messianische Verheissung:

«Und du, Bethlehem-Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ausgänge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her.»
Micha 5,1

Dies wurde laut dem Neuen Testament bei der Geburt von Jesus erfüllt:

«Als aber Jesus zu Bethlehem in Judäa geboren war, in den Tagen Herodes’, des Königs, siehe, da kamen Magier vom Morgenland nach Jerusalem, welche sprachen: Wo ist der König der Juden, der geboren worden ist? Denn wir haben seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, ihm zu huldigen. Als aber der König Herodes es hörte, wurde er bestürzt, und ganz Jerusalem mit ihm; Und er versammelte alle Hohepriester und Schriftgelehrten des Volkes und erkundigte sich bei ihnen, wo der Christus geboren werden solle. Sie aber sagten ihm: Zu Bethlehem in Judäa; denn also steht durch den Propheten geschrieben:
“Und du, Bethlehem, Land Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird ein Führer hervorkommen, der mein Volk Israel weiden wird”.»
Mt 2,1-6

Der Messias sollte in der Abstammungslinie von David sein (Jer 23,5). Er sollte sogar wie König David sein (Jer 30,9).

Alte Karawanenstrassen

Bethlehem, obwohl unscheinbar, lag an einem wichtigen Ort, zwischen Jerusalem und Ägypten. Wer von Jerusalem reiste, oder von Ägypten kam, zog an Bethlehem vorbei. Reisende kamen über verschiedene Wege. Ein Weg folgte die Küste. Eine weitere Verbindung war etwas weiter im Landesinneren, aber parallel zur Küste. Diese Strasse verlief von Hebron nach Jerusalem und kam dann an Bethlehem vorbei.

Im Buch Jeremia wird eine Herberge in Bethlehem genannt:

«Und sie zogen hin und machten halt in der Herberge Kimhams, welche bei Bethlehem ist, um fortzuziehen, damit sie nach Ägypten kämen.»
Jer 41,17

Kimham hat David gedient und erhielt eventuell (es lässt sich aus dem Text allein nicht sicher ableiten) Bethlehem oder zumindest einen Bleibe dort (2Sam 19,37-40). Später könnte das zu einer Herberge oder Karawanserei ausgebaut sein. Das wäre dann die «Herberge Kimhams».

Das Wort für Herberge wird in der Regel als Reiseherberge, sogar als Karawanserei, beschrieben. Man stelle sich vor, dass Karawanen oft tausende Kilometer an alten Routen unterwegs waren. In Distanzen von jeweils etwa einem Tagesmarsch (20-25 km) gab es Karawansereien, wo man Schutz, Wasser und Ruhe fand. Quer durch Israel und dem ganzen Mitten-Osten findet man solche Routen. Selbstverständlich gab es auch weitere Unterkünfte. Wer jedoch von Ägypten kam und in Bethlehem übernachtete, konnte am nächsten Tag die letzten 5-6 km bis nach Jerusalem laufen und dort frisch ankommen.

Bilder alter Handelsrouten

Wurde Jesus in einem Stall geboren?

In den Evangelien lesen wir, wie Jesus in Bethlehem geboren wurde (Luk 2,4ff). Dort heisst es auch:

«Und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Raum für sie war.»
Luk 2,7

Kein Platz in der Herberge, dafür in der Krippe. So kommt es, dass Jesus nach der Tradition im Stall geboren wurde. Das Wort für Herberge kann auch auf ein Gastzimmer hinweisen. Von einem Stall ist keine Rede. Man bedenke, dass einfache Häuser und Karawansereien sowohl für Mensch als auch für Tier Unterkunft boten. Das hat den Vorteil, dass in kalten Tagen die Tiere das Haus erwärmten. Der Teil für die Menschen lag meist etwas höher. Zwischen dem Teil für Menschen und Tiere war die Krippe. Es ist ein Leichtes, vom Haus aus Jesus in die Krippe zu legen, die gleich bei den Tieren war. Dafür musste niemand zu einem externen Stall gehen. Es fand alles unter einem Dach statt.

Unscheinbar

Die Geschichten rund um Bethlehem sind erstaunlich. Ein kleines Dorf wird Geburtsstätte eines legendären Königs von Israel. Es soll auch Geburtsort des Messias sein. Das ist besonders. Wenn spezielle Dinge passieren, benötigt das in der biblischen Narrative keine besonderen Umstände. Gerade das Unscheinbare hat Platz. Der Grund dafür ist offensichtlich: Aus eigener Anstrengung könnte hier nichts passieren. Gottes Handeln jedoch lässt aus unscheinbaren Plätzen Geburtsstätten von Königen und Rettern werden. Der entscheidende Punkt ist dabei, dass Gott selbst handelt.

Viel später schreibt Paulus über die heutige Gemeinde:

«Seht doch nur eure Berufung an, Brüder; da sind nicht viele Weise dem Fleische nach, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme; sondern das Törichte der Welt erwählt Gott, damit Er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt erwählt Gott, damit Er das Starke zuschanden mache. Das Niedriggeborene der Welt und das von ihr Verschmähte erwählt Gott, ja das, was bei ihr nichts gilt, um das abzutun, was bei ihr etwas gilt, damit sich überhaupt kein Fleisch vor den Augen Gottes rühmen könne.»
1Kor 1,26-29

Es bedarf keine fromme Scheinheiligkeit, keine herausragende Merkmale, damit etwas von Gott gewählt wird. Das Unscheinbare wird von Gott ausgewählt, damit Er aus dem Unscheinbaren etwas machen kann. Das ist die Grundlage.